Participate Translate Blank profile picture

Europa und das kleine Dachfenster

Published on

Pariser Stadtgeflüster

Europa ist nicht ein Thema, was man als besonders telegen bezeichnen könnte. Auf jeden Fall spricht man so darüber. Aber warum dieses Zögern? Vielleicht weil man die politischen Akteure nicht gut genug kennt. Warum sollte man sich für Sequenzen mit Unbekannten in dunklen Anzügen interessieren, die einen Gemeindesaal mit um ihre Ordner geschlungenen Armen verlassen?

Und wenn um 20 Uhr die Nachrichten über Europa reden, dann doch, um eine neue Richtlinie bekannt zu geben, Absichten, die durch einen festgelegten Plan von der Europäischen Kommission oder vom Europäischen Parlament illustriert werden. Das heißt, diese Themen werden gelegentlich fortgesetzt mit klärenden Sendungen. Und das wiederum ist interessant und sogar telegen!

Es scheint, dass sich die Sendungen über Europa im französischen Fernsehen einer Losung verschrieben haben: der Klarheit! Blicken wir also auf einige französische Sendungen für eine europäische Annäherung zurück.

Franzosen und Deutsche für eine Sendung über Europa: ein Rezept, das funktioniert?

Wenn man an Europa innerhalb des Fernsehens denkt, stößt man gedanklich schnell auf Arte, den französisch-deutschen Kanal. Neben zwei Nachrichtensendungen, die sich um Aktuelles in Europa drehen, bietet der Kanal eine Sendung mit dem Namen Zoom Europa an. Um dieser Sendung einen stärkeren Impuls zu geben, hat sich Arte entschieden, sie mit einer bekannten Farbe von France Inter auszustatten, da Bruno Duvic dort die Nachrichten am Vormittag präsentiert. Der Moderator gibt dieser Farbe auf der Internetseite der Sendung eine Stimme: „Wir werden Phrasendrescherei und Fachsimpelei genauso wie unverständliche technische Begriffe vermeiden.“ Die Sendung schneidet also jede Woche im Plauderton unterschiedliche Themen an wie z.B. den „Freefight“, den Markt der Haustiere, oder den Schutz vor dem HI-Virus in Estland im Rahmen des Wochenendes von Sidaction. Zoom Europa oder wann sich Europa mit allem vermischt!

Hier würzen die Aussagen der Gäste die Reportagen

Gehen wir nun über zu LCP (der parlamentarische Kanal), ein Kanal, der regelmäßig die institutionellen Entscheidungen bekannt gibt. Zuerst stellen wir fest, dass sich die Redakteure dieser Sendung nach einer Ideenabfolge richten: die Chroniken heißen „Meldungen“, „wichtige Meldungen“ und „äußerst wesentlich“! Am 10. März beschäftigte sich eine Reportage mit der Unterzeichnung des Vertrages von Lissabon durch das Europäische Parlament auf eine Weise, die an eine amerikanische Serie erinnerte, mit einer beunruhigenden Banderole und einer Tageszeitanzeige bei „24h chrono“. Da also gibt es zweifelsohne etwas, um eine nächtliche Sitzung in der Nationalversammlung lebhaft zu gestalten. Zögert man, dies als „ein bißchen zuviel“ zu bezeichnen? Man sollte wissen, was man will! Schließlich hat die Moderatorin eine junge Radio- und Fernsehgestalterin porträtiert, die „sich darauf versteht, Europa Esprit und Glanz zu geben“. Nun ein Zoom auf einen leidenschaftlichen Flamenco-Tanz, um zu zeigen, was in Europa „als besonders erotisch gilt“: so also geht man vor, um die Zahl der Zuschauer zu erhöhen! Aus einem ernsthafteren Blickwinkel ist der zusätzliche Trumpf dieser Sendung ohne Zweifel die Anwesenheit der Gäste, welche die Reportagen kommentieren und die Debatten erweitern.

Und über das öffentliche Fernsehen?

All das ist sehr gut, aber was davon findet man im öffentlichen Fernsehen? Auf France 2 kannte man die Sendung „Union libre“, präsentiert von Christine Bravo, die Europa mit einer Leichtigkeit behandelte, ohne den politischen Aspekt zu überdehnen. Das Konzept war einfach: Repräsentanten aus unterschiedlichen Mitgliedsstaaten diskutierten an einem Tisch über kulinarische Traditionen oder ungewöhnliche Initiativen ihres jeweiligen Landes. Man stieß gleichermaßen auf Befragungen, um zu wissen, welches Land die größte Zahl am Haustieren bei sich beherbergt oder welche Europäer am meisten Pizza essen. Kurz gesagt, eine Sendung zum Vergnügen wie die anderen, aber als Eigenart mit einer vorgeschlagenen Tour durch Europa, oder vielmehr von Europäer zu Europäer. Währenddessen ist diese Sendung seit Sommer vom Programm verschwunden. Eingeladen von der Sendung „Plus clair“ auf Canal +, meinte Anfang März Jean-François Copé (der eine Kommission zur Zukunft des öffentlichen Fernsehens leitet), dass es keine Sendung, die sich mit Europa auseinandersetzt, im öffentlichen Fernsehen Frankreichs mehr geben wird. Aber dabei war «Avenue de l’Europe » nicht mitgerechnet. Diese wöchentlich ausgestrahlte Sendung von zehn Minuten spricht jede Woche ein allgemeines Thema wie das nachhaltige Wachstum oder die Abtreibung an. Das Vorhaben liegt darin, die verschiedenen Beispiele der Mitgliedsstaaten miteinander zu konfrontieren, um zu zeigen, welche Lösungen bei einer generellen Problematik bereit gestellt werden können. So hat bei einer Sendung, die sich mit Fettsucht befasste, Véronique Auger bekannt gegeben, dass mit dem Warten auf ein europäisches Projekt zu diesem Thema (in Bezug auf die Kontrolle von Nahrungsmitteletiketten) uns mehrere Reportagen die unterschiedlich durchgeführten Operationen in den Mitgliedsstaaten präsentieren. Eine kurze sowie dynamische Sendung, ausgestrahlt an jedem Samstag kurz vor 20 Uhr.

Und falls es eine Diskussionssendung ist, die uns fehlt?

Wir empfangen also Reportagen, die es sich zum Ziel setzten, die europäischen Herausforderungen zu entschlüsseln und eine Vielzahl an Meinungen zu zeigen. Dennoch, wenn er etwas zum Ausdruck brachte, zitierte Jean-François Copé die France Europe Express, eine Sendung, die heute von den Bildschirmen verschwunden ist. Über anderthalb Stunden empfing Christine Ockrent einen Gast und dessen Widersacher. Vielleicht ist es das, was heutzutage fehlt: eine Sendung, die gegensätzliche Meinungen und die Einnahme von engagierten Positionen zulässt, um europäische Debatten in Frankreich möglich zu machen. Erinnern wir uns an das Chaos an Ideen rund um das Projekt eines Vertrages für eine Verfassung!

Haude-Marie Thomas

Trad.: Matthias Jakob Becker