Participate Translate Blank profile picture
Image for Europa: Kann denn Schokolade Sünde sein?

Europa: Kann denn Schokolade Sünde sein?

Published on

Translation by:

Sophie Beese

Lifestyle

Während im 15. Jahrhundert südamerikanische Herrscher heiße Schokolade zunächst als Aphrodisiakum tranken, ist Schokolade in Europa heute zu einem alltäglichen Massenprodukt geworden.

« Heureux chocolat qui, après avoir couru le monde, à travers le sourire des femmes, trouve la mort dans un baiser savoureux et fondant de leur bouche. » (Anthèlme Brilliat-Savarin, Physiologie du goût ("Physiologie des Geschmacks")

Seit Bernal Díaz del Castillo, ein Konquistador im Dienste Hernan Cortes’, das Geheimnis lüftete, wie der aztekische Herrscher Moctezuma um die Gunst der Frauen warb, hat die wertvolle Kakaobohne auch in so manchem europäischen Gemüt für das ein oder andere Glücksgefühl gesorgt: Der aztekische Herrscher trank nämlich schlicht und einfach heiße Schokolade!

Kinder hatten allerdings bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts das Nachsehen, war Schokolade - die bis dahin allgemein als Aphrodisiakum galt - doch allein den Erwachsenen vorbehalten. Was für ein Glück jedoch für die kleinen Schleckermäuler, dass europäische Industrielle sich des bis dahin als Luxusprodukt geltenden Kakaos annahmen und daraus ein für jedermann zugängliches Massenprodukt machten. So war es 1830 weder ein Schweizer noch ein Belgier, sondern der Franzose Antoine Brutus Meunier, der im französischen Noisiel nach dem Vorbild der utopischen Lebens- und Produktionsgemeinschaft Phalanstère von Charles Fourier als erster Schokolade in Massen produzierte. Muniers Konzept einer Schokoladen-Fabrik folgten daraufhin auch der Engländer George Cadbury in Birmingham und der Franzose Victor-Auguste Poulain in Blois. 

So war die Schokolade bald in aller Munde - und das nicht nur wegen der Stimulierung von Glücksgefühlen, sondern auch, weil ihr heilwirkende Kräfte zugesprochen wurden. Pharmazeuten wie Meunier oder die Gebrüder Robert und Max Frey in der Schweiz machten die Schokolade zu ihrer Zeit für ihre wundersame Wirkung bekannt. So sollte sie dank des Theobromins, einem Verwandten des Coffeins, gegen Blutarmut helfen, aufputschen und zudem magnesiumhaltig sein. Es ist auch bekannt, dass die Kirche ihre Gläubigen während der Fastenzeit heiße Schokolade trinken ließ. 

Die ersten Schokoladentafeln wurden dann aber erst 1847 produziert. Seitdem hat sich die Schokoladenindustrie stetig weiterentwickelt. Bis heute gibt es bekanntlich Schokolade in allen Geschmacksrichtungen - von Chilischokolade über rosarote Erdbeerschokolade ist im Supermarkt alles zu finden. Aber die uns gängige Industrie-Schokolade mit künstlichen Aromen hat nicht mehr die gleiche Wirkung einer echten heißen Schokolade, wie sie einst aztekische Herrscher getrunken haben.

Twix und Mars gegen echte Schokolade

Und schlimmer noch! Künstliche Aromen in unserer Lieblingsschoki können sogar abhängig machen. Davon berichtete auch der englische Journalist Jay Rayner vom Guardian, der kurz nach der Übernahme der englischen Marke Cadbury durch den amerikanischen Konzernriesen Kraft im Jahr 2009 vor dem Supermarktregal feststellt: „Da sind sie alle, wie Etappen meines kindlichen Lebensweges: Topic und Bounty, Dairy Milk und Galaxy, Wispa und Twix, Kit Kat, Toffee Crisp, Flake, Star Bar, Maltesers etc.“ Es überrascht wohl niemanden, dass diese Kreationen nicht mehr sehr viel mit der ursprünglichen Kakaobohne zutun haben, sondern eher aus Kakaobutter bestehen, die sehr viel kalorienhaltiger ist als der ursprüngliche Schokoladen-Rohstoff. 

Manchmal fällt es mir schwer, Tim Richardson, den Autor von Sweets: A History of Temptation (in etwa: "Süßigkeiten: Eine Geschichte der Versuchung") zu verstehen. Richards ist der Meinung, dass „die Menschen Süßigkeiten mit ihrer Kindheit assoziieren, denn es ist das Erste, was uns gehört, was wir konsumieren und mit Anderen tauschen.“ Mir erscheint die Theorie von David Kessler, dem ehemaligen Chef der amerikanischen Arzneimittelbehörde, jedoch logischer. Er meint, dass es die Mischung mit anderen künstlichen Zutaten ist, die industriell hergestellte Produkte auf Kakaobasis unwiderstehlich macht. Ich persönlich ziehe dunkle Schokolade mit mindestens 70% Kakaogehalt vor. Halten Sie mich meinetwegen für einen Spielverderber, aber inzwischen werde ich eher bei einem fondant au chocolat, einem warmen Schokoladenkuchen mit dunkler flüssiger Schokoladenfüllung schwach, als bei einem Bounty! Und glaubt mir, ich habe als Kind so einige davon gegessen! Darum für alle, die auch dem Geschmack von Bitterschokolade verfallen sind, ein passendes Rezept:

Moelleux au chocolat, ein cremiger Schokokuchen: Zubereitungszeit 10 Minuten, Backzeit 30 - 40 Minuten

Presqu'aussi facile à préparer qu'à dégusterZutaten für 6 Personen

- 125g Mehl

- 125g Butter

- 250g Zucker

- 1 Tafel Schokolade (ca. 200g)

- 4 Eier

- ½ Päckchen Backpulver

Zubereitung

Ofen auf 180°C vorheizen.

Schokolade in einer Schüssel auf kochendem Wasser zum Schmelzen bringen. Von der Flamme nehmen; Butter, Mehl und Backpulver hinzufügen.

Eigelb, Zucker und ein wenig Wasser verrühren, bis die Masse cremig ist, anschließend unter Schokomischung rühren.

Eiweiß steif schlagen und vorsichtig unter die Masse ziehen. Das Ganze in eine gefettete Backform mit hohem Rand geben und ca. 35min backen.

Je nach Belieben kann zur Verzierung Puderzucker verwendet werden.

Translated from Fève de cacao: fantasme, vices et vertus