Europa exportiert seine Richter und Polizisten
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martin mommersDie EU setzt sich für die Förderung der Justiz ein und beteiligt sich in einigen Ländern am Reformprozess der Gerichts- und Polizeisysteme.
Die Bemühungen der EU, die Justiz und die Stabilität in der Welt zu fördern, gehen über die bloße Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofes hinaus. Seit einigen Jahren ist die Union dank ihrer Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) fähig, sich zunehmend dem zivilen Krisenmanagement zu widmen. Richter und Polizisten werden in zerstörte oder sich im Wiederaufbau befindende Staaten geschickt, und sollen dort europäische Normen und Standards in der Justiz und der Sicherheit verbreiten.
Parallel hierzu finden auch herkömmliche europäische Militärmissionen statt, wie zum Beispiel EUFOR-Althea in Bosnien und Herzegowina. Sechs solcher Operationen sind aktuell im Gange. Sie decken drei Bereiche ab: Polizeimissionen wie in Mazedonien (EUPAT) und in der Demokratischen Republik Kongo (EUPOL Kinshasa), Rechtsstaatsmissionen wie im Irak mit EUJUST LEX und Hilfsmissionen für den Grenzschutz in Moldau/Ukraine (EU BAM) und in Palästina mit EU BAM Rafah.
Erfolg für den Rechtsstaat in Georgien
Einer der schönsten Erfolge der EU ist ohne Zweifel die Mission EUJUST THEMIS in Georgien, die von Sylvie Pantz geleitet wird. Ein Jahr lang hat ein Team von rund zehn europäischen Richtern und anderen hohen Beamten in Partnerschaft mit den Institutionen von Tiflis gearbeitet. Ziel war es, Reformen wie die Verkürzung der Dauer von Untersuchungshaft oder die Dezentralisierung des georgischen Gerichtssystems durchzuführen.
Diese Veränderungen sollen das Justizwesen der betroffenen Länder stärker den internationalen Demokratiekriterien angleichen, aber zudem auch die Kooperation mit EUROJUST in grenzüberschreitenden Angelegenheiten verbessern. Dazu zählen auch das organisierte Verbrechen und der Terrorismus.
Kampf gegen das organisierte Verbrechen
Ein weniger ruhmreiches Beispiel ist die laufende Polizeimission in Bosnien und Herzegowina (EUPM). Sie startete im Januar 2003 und ist die erste Polizeioperation der EU im Rahmen der ESVP. Eine Ehre, die offensichtlich zu schwer auf den Schultern lastet. Trotz eines Budgets von 38 Millionen Euro für zwei Jahre haben es die 500 europäischen Polizisten nicht geschafft, die Leistungen der örtlichen Polizei zu verbessern. Laut den offiziellen Statistiken hat die Kriminalität zwischen 2004 und 2005 um 20 bis 30 Prozent zugenommen.
Die Spezialisten für die Region stimmen in der Meinung überein, dass die EU in ihrer Überstürzung einen ersten Erfolg zu erringen, das Ausmaß der Aufgabe unterschätzt hat. Die Mission war wohl zu ambitioniert für ein Pilotunternehmen. Die europäischen Polizisten sollten den Aufbau einer gemeinsamen Polizei für Serbien und Montenegro gewährleisten und gegen das organisierte Verbrechen vorgehen. Hoffnung ist dennoch erlaubt: Am 5. Oktober 2005 wurde von beiden Seiten ein Abkommen über die Reform der Polizei verabschiedet, das mit den Prinzipien der EU konform geht.
Die Ausgliederung der Kampfmittel
Diese Operationen haben vielleicht der Union das Bild eines Global Players für Frieden und Gerechtigkeit eingebracht. Die Unbeschwertheit, mit der einige von ihnen jedoch vorbereitet und durchgeführt wurden, lässt die Frage nach den tatsächlichen Zielen der EU aufkommen. Handelt sie im Namen uneigennütziger humanitärer Prinzipien, denen zufolge die Reform des Sicherheitssektors eine conditio sine qua non des Übergangs zu einer befriedeten Gesellschaft ist? Oder verfolgt sie vielmehr das Ziel, ihr eigenes Gebiet gegen das zu schützen, was man heutzutage „neue Bedrohungen“ nennt: Terrorismus, organisiertes Verbrechen, illegale Einwanderung, Rauschgift- und Menschenhandel?
Laut Derek Lutterbeck, Forscher am Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik (GCSP), „wird das Polizeiaufgebot in Regionen wie dem Balkan oft als Mittel angesehen, um das Verbrechen vor Ort zu bekämpfen, aber auch das Verbrechen daran zu hindern, die Grenzen zu überschreiten“. In der Tat finden diese lukrativen Geschäfte in den Ruinen der ehemaligen Kriegsländer einen fruchtbaren Boden für ihr Wachstum. Diese Operationen zur Förderung von Polizei und Justiz scheinen daher ein wirksames Mittel zu sein, der Verbreitung dieser „neuen Bedrohungen“ auf europäischem Grund und Boden vorzubeugen: Indem das Handwerkszeug ausgegliedert wird um so die Wahrung der inneren Sicherheit der EU gewährleistet wird.
Translated from Quand l’Europe exporte ses juges et ses flics