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Europa 70 Jahre nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs

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Politik

Vor 70 Jahren, am 1. September 1939, begann der Zweite Weltkrieg mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Polen. Noch heute sind die Auswirkungen des Krieges in ganz Europa spürbar. Die europäische Presse kommentiert das Ereignis 70 Jahre danach.

„Einige Folgen sind bis heute zu verspüren“: Eesti Päevaleht; Estland

Die Tageszeitung Eesti Päevaleht schreibt, dass der Zweite Weltkrieg in verschiedenen Ländern und Erdteilen unterschiedlich lang gedauert habe und sich zum Teil weit über das Kriegsende hinaus ausgewirkt habe: "Der Fall der Berliner Mauer 1989 und der damit verbundene politische Wandel in Osteuropa bedeutete für diese Länder das Ende von Kriegsfolgen. Der Kalte Krieg wiederum endete erst 1991 mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion endgültig, und für Estland und Lettland ging der Zweite Weltkrieg sogar erst im August 1994 definitiv zu Ende, als die letzten russischen Soldaten abgezogen wurden. […] Einige Folgen sind bei uns sogar bis heute zu verspüren. Man denke nur an die Unruhen wegen des sowjetischen Kriegerdenkmals in Tallinn, und immer noch werden Bomben und Minen aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. Aber auch anderswo gibt es Probleme: So wirft beispielsweise Warschau Moskau vor, dass Russland bis heute noch nicht alle Dokumente über das Massaker von Katýn [bei dem sowjetische Truppen tausende Polen ermordeten], veröffentlicht hat."

(Artikel vom 01.09.2009)

„70 Jahre und vielerorts Schweigen“: Die Presse; Österreich

Zum 70. Jahrestag des Kriegsbeginns herrsche vielerorts Schweigen, kritisieren österreichische Historiker und Intellektuelle. Das habe zahlreiche Gründe, schreibt die Presse: "Im Fall Österreichs und des Zweiten Weltkriegs kommt allerdings ein anderes Motiv der dezenten Verdrängung hinzu: Mit dem Zweiten Weltkrieg haben wir als erstes politisches Opfer - an ein militärisches glaubt kaum einer mehr - nichts zu tun, so die jahrelang aufrechterhaltene Linie. Dass zahlreiche Österreicher den Angriffskrieg, teils begeistert, teils unfreiwillig, mittragen mussten, wurde dabei gern vergessen. Dieses Nichtbekennen führt etwa dazu, dass es in Deutschland natürlich militärische Einrichtungen gibt, die die Namen von Hitler-Attentäter [Claus Schenk Graf] von Stauffenberg und seiner Mitstreiter tragen. In Österreich erinnert jedoch keine einzige Kaserne an die österreichischen Helden des 20. Juli 1944."

(Artikel vom 01.09.2009)

„Polen - alter Freund Großbritanniens in einem neuen Europa“: The Times; Großbritannien

Zum 70. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs kommentiert die konservative Tageszeitung The Times die britisch-polnische Freundschaft: "Großbritannien [...] bot einer aufkeimenden Exilgemeinde von 70.000 Polen eine Heimat, die nach dem Zweiten Weltkrieg dageblieben waren. Außerdem unterstützte es die entstehende Solidaritätsbewegung. Als [die damalige britische Premierministerin] Margaret Thatcher 1988 Warschau besuchte, wurden sie und [der damalige Vorsitzende der Solidarność-Gewerkschaft] Lech Wałęsa von der Kirchengemeinde St. Brygida begeistert gefeiert. In seiner Wegbewegung vom Kommunismus hat Polen eine weitschweifige ideologische Reise unternommen, die auch den rechtsradikalen Populismus der Zwillinge Lech und Jaroslaw Kaczyński umfasste. Aber sein Status als integraler Teil eines toleranten, liberalen Kontinents steht außer Frage. Wie [der ehemalige britische Premier] Tony Blair anlässlich des [polnischen] EU-Beitritts im Jahr 2003 sagte, ist Polen für Großbritannien ein alter Freund in einem neuen Europa."

(Artikel vom 01.09.2009)

„Nicht Opfer, Angreifer, Alliierte oder Komplizen - sondern Sieger“: Diário de Notícias; Portugal

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs habe die ganze Welt gewonnen, schreibt die Tageszeitung Diário de Notícias am 70. Jahrestag des Kriegsausbruchs: "Bei Kriegsende 1945 war die Bilanz die tödlichste aller Kriege: 70 Millionen Tote, 50 Millionen mehr als im Ersten Weltkrieg. Und was noch schlimmer ist: 60 Prozent davon waren Zivilisten. [...] Dass der Zweite Weltkrieg mit der Atombombe geendet hat, einer neuen Waffe, die so schrecklich war, dass sie nie wieder benutzt wurde, hebt diesen Krieg auf eine Stufe des Absurden, die definitiv nur ihm zu eigen ist. [...] Heute wird in Danzig eine Zeremonie stattfinden, bei der der polnische Präsident Lech Kaczyński, [die deutsche Bundeskanzlerin] Angela Merkel, [Italiens Regierungschef Silvio] Berlusconi und [Russlands Ministerpräsident Wladimir] Putin anwesend sein werden. Dem Anschein nach repräsentieren sie das Opfer, den Angreifer, den Alliierten und den Komplizen. Aber in Wirklichkeit repräsentieren sie die Sieger. Denn angesichts der Art und Weise, wie der Zweite Weltkrieg endete, haben wir alle gewonnen."

(Artikel vom 01.09.2009)

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