EU-Sondergipfel: "Griechenland muss seine Denkweise ändern"
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Selina GlaapDie „kreative Buchführung“ Griechenlands wird gravierende Schäden hinterlassen. Während sich die EU anlässlich des Europa-Sondergipfels vom 25. und 26. März mit den Modalitäten finanzieller Hilfen auseinandersetzt, hadern die Griechen noch mit einem Mentalitätswechsel.
Leere Boutiquen, verbarrikadierte Vitrinen und unzählige Schrotthändler sind Aspekte, die Athens Innenstadt am besten charakterisieren. Der unaufhörliche Touristenstrom am Fuße der Akropolis, einige hundert Meter weiter ist nur ein Tropfen in dem Meer der griechischen Finanzen. Die Wirtschaftskrise hat in aller Öffentlichkeit aufgedeckt, wie verhängnisvoll die „kreative Buchführung“ und weiterhin florierende Korruption für den griechischen Staat sind. Folglich hat der griechische Premierminister Georges Papandreou nicht nur beschränkende Maßnahmen, sondern auch eine radikale Reform des Steuerwesens angekündigt. Die Ziele sind hochgesteckt: Papandreou will nicht nur Bankerboni stärker besteuern, sondern auch den grauen Kapitalmarkt unterbinden, und das griechische Defizit 2010 zunächst um 8 Milliarden Euro reduzieren.
Mentalität in Griechenland muss sich grundlegend wandeln
Griechenland hofft außerdem, dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 19 auf 21 Prozent ihre Früchte tragen wird. Doch die Maßnahmen allein werden das Land nicht vor dem Staatsbankrott retten. Wie der Ökonom Georges Pagoulatas vor einigen Wochen in den Kolumnen der Tageszeitung Kathimerini schrieb, müssen die Griechen ihre Denkweise gründlich ändern, um der Krise zu entkommen.
Athens konservativer Bürgermeister Nikitas Kaklamanis (Nea Dimokratia) teilt diese Ansicht: „Alles, was für unsere Gesellschaft schlecht ist, steht in Bezug zu der Denkweise, die individuellen Interessen zum Nachteil der Allgemeinheit zu privilegieren. Jemand, der seine Abfälle neben einen Mülleimer wirft, ist nur ein kleines Beispiel, veranschaulicht aber diese Art des Denkens sehr gut. Es ist nötig, dass wir es schaffen eine andere Denkweise zu berücksichtigen, um eine Sache zu verstehen: Dinge, die uns scheinbar kurzfristig etwas bringen, können uns langfristig große Schäden zufügen.“
Kaklamanis befürchtet, dass dies zurzeit hieße, Eulen nach Athen zu tragen: „Eine festgefahrene Denkweise kann sich als mächtiger herausstellen als jegliches Gesetz. Wir haben in Griechenland eine endlose Anzahl an Gesetzen. Aber ich weiß nicht, wie viele von ihnen wirklich respektiert werden.“ Unterdessen versucht er seinen Mitbürgern mit gutem Beispiel voran zu gehen. Seit seinem Amtsantritt im Januar 2007 hat er eine Aufräumaktion für die Stadtfinanzen lanciert und 50 Millionen Euro Schulden zurückgezahlt. Die Griechen müssten, so Kaklamanis, eine „neue Mentalität“ entwickeln. Sie sollten ihre Steuergelder bezahlen „nicht nur, weil das Gesetz es ihnen vorschreibt, sondern weil sie es tatsächlich wollen. Man muss begreifen, dass man über einen gesunden Steuerhaushalt auch mehr Anforderungen an den Staat stellen und mehr Gleichheit anstreben kann“, so der Bürgermeister von Athen. Ein eigentlich logischer Gedankengang, der in Griechenland jedoch auf taube Ohren stößt.
Ein verbündetes Europa ist nötig
Und welche Rolle spielt Europa bei der Sache? Trotz des Bewusstseins, dass Griechenland zum Großteil selbst für die Krise, in der das Land momentan steckt, verantwortlich ist, besteht eine Tendenz dazu mit dem Finger auf die EU zu zeigen. „Gewiss haben wir eine gemeinsame Währung, jedoch haben wir keinen gemeinsamen politischen Willen“, meint der Wirtschaftsjournalist Athanase Papandropoulos. Viele Griechen ließen, in der Hoffnung auf Solidarität pochen zu können, keine Gelegenheit aus, die Bedeutung der Unterstützung seitens der EU-Mitgliedsländer zu betonen. Der Präsident der griechischen Nationalbank Vassilis Repanos gibt sich aber zuversichtlich, dass die EU seinem Land unter die Arme greifen wird „Trotz aller Probleme ist ein Austritt aus der EU für Griechenland keine Option. Dank der europäischen Zusammenarbeit, werden wir das Ende des Tunnels erreichen“, oder wie es Kaklamanis ausdrückte: „Man soll nicht mit dem Finger aufeinander zeigen, sondern sich gegenseitig verstehen.Ein wahrer Freund ist jemand, der auch in schweren Zeiten zu dir steht.“
Fotos: ©tom.tziros/flickr; ©Design Insane/flickr
Translated from « La Grèce a besoin d’un changement de mentalité »