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EU - ein anderes Kyoto ist möglich

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natalie lazar

Politik

Im letzten Januar hat die EU ihren Klimaplan auf den Weg gebracht. Unter den Verfechtern eines besseren Klimaschutzes auf europäischem Niveau ist auch der Europaabgeordnete Vittorio Prodi.

Am 23. Januar 2008 stellte die Europäische Union ihren neuen Klimaplan vor. Er sieht vor, Treibhausgase um mindestens 20 Prozent zu reduzieren und die Nutzung erneuerbarer Energien um die gleiche Prozentzahl zu erhöhen. Das Stichjahr lautet 2020: bis dahin soll der Transportsektor seinen Biokraftstoff-Verbrauch zudem um 10 Prozent erhöhen.

Der Klimaplan sieht ebenfalls 'Tauschbörsen für Umweltverschmutzung' vor, die ab 2013 den Emissionsrechtehandel des Kyoto-Protokolls ablösen sollen. Ende Januar kamen zusätzlich Themen wie die Recherche neuer Lösungsansätze für das Einfangen und Lagern von Kohlendioxid, beispielsweise in Gesteinen oder Meeren, hinzu.

Zellulosefabrik in Pontevedra, Gallizien (Foto: surfercosmovisión/flickr)

Der Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat jedoch Zweifel zum Text geäußert: der Klimaplan muss von Straßburg und jedem einzelnen Mitgliedsstaat ratifiziert werden. Denn bisher ist nur eine Maßnahme tatsächlich bindend: die Investitionen der Staaten, um die Umweltpolitik zu stimulieren und nach weiteren erneuerbaren Energien zu forschen. Alle anderen Maßnahmen benötigen entweder eine Gesetzgebungsprozedur oder die Einigung zwischen Parlament und Ministerrat. Und das kann mitunter Jahre dauern: die EU-Mühlen mahlen langsam.

Der 70-jährige Professor Vittorio Prodi ist Vizepräsident der parlamentarischen Kommission zum Klimawandel. Interview:

Was genau steht im Klimaplan, den die EU kürzlich beschlossen hat?

Dafür muss man sich nur drei Zahlen merken: '20, 20 und 20'. Wir müssen dafür sorgen, dass 20 Prozent unseres Energiekonsums bis 2020 aus erneuerbaren Energien hervorgehen (heute sind es 8,5 Prozent). Wir müssen die Energieeffizienz um 20 Prozent erhöhen, was mit einer Verringerung des Imports einhergeht. Und wir müssen schlussendlich den Kohlendioxid-Ausstoß um 20 Prozent verringern. Das ganze Paket bis 2020. Diese Ziele wurden im Rahmen des EU-Gipfels im letzten März beschlossen. Die Kommission hat aber die Modalitäten festgelegt, mit denen die Ziele erreicht werden sollen. Das Neue daran ist, dass die EU sowohl für die neuen Zielsetzungen gerade stehen muss als auch für die Richtlinien im Kyoto-Protokoll. Selbstverständlich berücksichtigt der Klimaplan das Wachstum der einzelnen Mitgliedstaaten und ist anpassungsfähig für Ausnahmefälle.

Einen Monat vor der Bali-Konferenz haben Sie dem Europaparlament einen Abänderungsantrag vorgelegt, der das Prinzip "reicher Staat kauft sich Emissionsechte bei armem Staat" in Frage stellt. Wie sieht ihr neuer Vorschlag aus?

Der Klimawandel ist ein dringend zu lösendes und beunruhigendes Problem, für das man die schnellstmögliche Lösung auf internationalem Niveau finden sollte. Deshalb müssen gerechtfertigte Vorschläge her, die das Kyoto-Protokoll teilweise ersetzen. Einige Entwicklungsländer konnten beispielsweise bereits einen gemeinsamen Konsens finden. Sie sollten ein gewisses Mitspracherecht bei globalen Diskussionspunkten erhalten.

Sie haben noch einen weiteren Änderungsvorschlag gemacht: "Ein Mensch - ein Emissionsrecht". Können sie das erläutern?

Jedes Land hat das gleiche Emissionsrecht: es wird höchste Zeit, dass die EU sich darüber bewusst wird. Es geht darum, den Völkern im Süden eine reelle Chance zu geben. Wir müssen zwar für die Emissionsrechte bezahlen, aber diese Länder produzieren ja ursprünglich eigentlich keine schädlichen Gase. In der aktuellen Version des Kyoto-Protokolls kostet eine Tonne Kohlendioxid ungefähr 20 Euro. Meiner Meinung nach sollten diese Gelder an die Länder gehen - das wäre mehr, als die heutzutage investierten Hilfen der internationalen Kooperative.

Zellulose-Fabrik in Pontevedra, Gallizien

Zuckerbrot und Peitsche im Kampf für den Umweltschutz

Unsere gewieften Politiker haben gemerkt, dass ökologische Themen eine wahre Fundgrube in Zeiten des Wahlkampfes darstellen. Maßnahmen für den Klimaschutz können zudem eine positive Wirkung auf die derzeitige ökonomische Krise haben.

Die zentralen Themen des EU-Klima-Gipfels, der am 13. und 14. März in Brüssel tagt, werden Energie-Fragen und die Wirtschaftskrise sein. Was hat da der Umweltschutz zu suchen?

Ganz einfach: Umweltfragen haben sich zum Schlüsselproblem entwickelt, um jegliche Ziele und Probleme Europas zu verstehen und zu lösen. Die Herausforderung an den Energiesektor wurzelt in der Notwendigkeit zum Umweltschutz; der Umweltschutz kann wiederum politische Reformen erzwingen. Im Folgenden eine Auswahl der Vorschläge unserer Politiker in Europa.

Sarkozys Peitsche: Der französische Präsident schlägt die Einführung einer Ökosteuer für die EU vor. Diese Steuer werde den Produkten auferlegt, die aus Ländern kommen, die das Kyoto-Protokoll zur Senkung der CO2-Emissionen nicht erfüllen.

Zapateros Peitsche: der spanische Präsident ist Oberhaupt einer Regierung, die kilometerlange Küstenstreifen enteignet hat, um die illegale, ausufernde Urbanisierung der letzten 40 Jahre zu stoppen, um stattdessen Grünflächen anzulegen.

Stavros Dimas Peitsche: der europäische Umweltkommissar schlägt vor, die Besteuerung von Wasser zu erhöhen, um damit den Oberflächenverbrauch zu senken. Konsumenten sollten ihren Gesamtwasserverbrauch selbst zahlen, so der Vorschlag von Stavros. Was er allerdings nicht genauer konkretisierte, war die Frage, ob diese Steuer auch für Unternehmen fällig werde, die generell einen höheren Konsum als der Normalverbraucher aufweisen.

Gordon Browns Zuckerbrot: der britische Premier - in Einklang mit Frankreichs Präsidenten Sarkozy - möchte eine Mehrwertsteuersenkung für so genannte 'grüne' Produkten, die weniger Energie verbrauchen und weniger kontaminieren.

Merkels Zuckerbrot: die Gesamtheit der Wohnungen in Europa ist zu alt. Eine Maßnahme der deutschen Kanzlerin Merkel sieht vor, jährlich 1,4 Milliarden Euro in Zuschüsse fließen zu lassen, um Privathäuser gegen Heiz-Energieverluste zu isolieren. Dieser Vorschlag lässt sich recht einfach in die übrigen Mitgliedsländer exportieren: Der Spanier Zapatero hat bereits zugesichert, in Spanien 1 Milliarde zur Verfügung zu stellen, um die Energiekosten alter Häuser zu senken.

Durão Barrosos Peitsche: der Präsident der Europäischen Kommission schlägt vor, ab 2012 alle Unternehmen zu sanktionieren, die den europäischen Forderungen zur Reduzierung klimaschädlicher Gase nicht Folge leisten.

(Autor Box: Fernando Navarro Sordo)

Fotos: Karotte (Yorgenmeister/flickr); Kaktus (mm/flickr); Homepage (danielajulia/flickr)

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