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EU bezieht Stellung im Darfur-Konflikt

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Der Konflikt in Darfur weitet sich aus: Nachdem die UN am 26. September eine Resolution verabschiedet hat, treffen sich die EU-Verteidigungsminister in 2 Tagen zwecks letzter Besprechungen zur Entsendung von EU-Truppen in den Tschad und die Zentralafrikanische Republik.

Montag, 17. September 2007. Auf dem Rollfeld des französischen Militärstützpunkts nahe der tschadischen Hauptstadt N’Djamena nimmt die Hitze zu. Wie jeden Tag wartet man auf die Rückkehr der Aufklärungsflugzeuge, die an der Grenze Tschads ihre Runden drehen - einer Grenze, die de facto schon lange nicht mehr besteht. Bewaffnete Kriminellengruppen, die ihre Mitglieder aus der Masse arbeitsloser Jugendlicher rekrutieren, haben die Grenzregion zwischen Sudan, Tschad und der Zentralafrikanischen Republik zu einer der gefährlichsten Regionen der Welt gemacht.

Seit sich 2003 bewaffnete Rebellen aus Darfur gegen die sudanesische Zentralregierung aufgelehnt hatten, worauf diese mit dem Einsatz arabischer Dschandschawid-Milizen reagierte, ist die Region von einem blutigen Bürgerkrieg erschüttert. Mindestens 200.000 Menschen kamen bereits ums Leben und fast 2 Millionen befinden sich auf der Flucht. Längst haben die Kämpfe auch die Nachbarstaaten erreicht, wo insgesamt 370.000 Menschen ihre Heimat verlassen mussten. Angesichts dieser Problematik haben beide Staaten bereits mehrfach um internationale Unterstützung gebeten. Diese kommt bisher nur von Frankreich, das in seinen ehemaligen Kolonien nach wie vor militärische Präsenz zeigt.

Mitgliedstaaten verständigen sich auf EU-Mission

Im Ratsgebäude in Brüssels Europaviertel herrscht an diesem Morgen geschäftiges Treiben: die Vertreter aller 27 Mitgliedstaaten beraten über einen der wohl schwersten Militäreinsätze in der Geschichte der Europäischen Union: die geplante EU-Mission in der Republik Tschad und der Zentralafrikanischen Republik. Die 3.000 Mann starke Truppe unter französischer Führung wird von einem britischen General angeführt und mit polnischen Kontingenten aufgestockt werden. Eine Reihe anderer Staaten wie Belgien, Schweden, Spanien und Italien werden sich an der Mission beteiligen.

Dass die Europäische Union, die aufgrund ihrer relativen Inaktivität im Sudankonflikt zum Teil heftige Kritik einstecken musste, sich nun doch nicht nur finanziell sondern auch militärisch engagiert, geht auf eine Initiative des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zurück. Dessen Außenminister Bernard Kouchner hatte die EU kürzlich zu Handlungen gedrängt. Nach Gesprächen mit Tschads Präsidenten Idriss Déby war es schließlich gelungen, dessen Zustimmung für die Entsendung europäischer Truppen zu erhalten. Die EU-Mission soll die im Juli beschlossene 26.000 Mann umfassende gemeinsame Einsatztruppe der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen in Darfur begleiten. Ob und in welcher Form man sich an dem Einsatz beteiligt, wird von den europäischen Regierungen derzeit beraten. Mit der Verabschiedung einer Gemeinsamen Aktion wird in den nächsten Wochen gerechnet. Ende Oktober sollen die ersten Soldaten in Afrika eintreffen. Als realistischeres Datum für den tatsächlichen Beginn der Mission wird in Brüsseler Kreisen jedoch Januar 2008 genannt.

Militärische und psychologische Herausforderung

Das französische Engagement in Afrika wird nicht immer positiv aufgenommen. Auch den westlichen Staaten wurde von der sudanesischen Regierung vorgeworfen, mit dem geplanten EU-Militäreinsatz eigene Interessen zu verfolgen. „Natürlich gibt es Diamanten und andere Rohstoffe in Afrika, aber das ist nicht der Grund, warum man uns hierher schickt“, weist ein französischer Soldat die Vorwürfe zurück. Dafür seien derartige Operationen viel zu kostspielig. „Wir sind hier einzig und allein, um einen Bürgerkrieg zu verhindern.“ Für ihn sei dies Grund genug, sich freiwillig für die Mission zu melden.

Doch noch steckt die Planung der EU-Mission in der Anfangsphase. Sicher ist lediglich, dass sie stattfindet – nicht zuletzt seit der UN-Sicherheitsrat der Europäischen Union am 27. August grünes Licht signalisierte. In der Ständigen Vertretung Polens ist man dennoch sehr zufrieden: „Alles lauft nach Plan, es gibt bei den Verhandlungen keine Verzögerung“. Polen war eines der ersten Länder, das sich auf die Seite Frankreichs stellte und Truppen für die Mission zusagte. In der Nähe von Gliwice werden in einem besonderen Trainingscamp bereits Soldaten für den internationalen Einsatz fit gemacht. Ihre Vorbereitung beinhaltet neben den militärischen Übungen auch Vorträge in afrikanischer Landeskunde. Nur die besten Soldaten werden geschickt, denn die militärische und psychologische Belastung ist nicht zu unterschätzen, weiß Leutnant Sztarleja. Der Anblick unterernährter Flüchtlinge oder Kinder, die sich gegenseitig bekriegen, sind dort trauriger Alltag. Zudem ist die Gefahr, bei Kämpfen in dem unbekannten Territorium zu Schaden zu kommen, allgegenwärtig.

Aus diesem Grund bestehen die EU-Außenminister auf einer Resolution mit klarer Exit-Strategie. Dies wirft die Frage auf, wie weit das Engagement der Europäer wirklich geht. Nach zwölf Monaten sollen UNO-Truppen übernehmen, wobei die Zustimmung Débys hierfür noch aussteht. Vor den Brüsseler Diplomaten liegen demnach noch eine Menge offener Detailfragen. Auf eine baldige Einigung hoffen vor allem die afrikanischen Zivilisten, denn unterdessen setzen sich Krieg und Verfolgung weiter fort.

Gemeinsame Aktion

Die sogenannte "Gemeinsame Aktion" ist ein Rechtsinstrument der Europäischen Union und bezieht sich auf koordinierte, operationelle Aktionen der Mitgliedstaaten. Die gemeinsame Aktion sieht den Einsatz finanzieller oder personeller Ressourcen, Expertise oder Ausrüstung zum Erreichen klar definierter Ziele vor. Die Art und Weise der Umsetzung sowie die Dauer einer solchen Aktion werden im entsprechenden Dokument explizit genannt. Die Entscheidung wird von den EU-Mitgliedstaaten einstimmig getroffen.