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Erweiterung: Europa und die 27 Zwerge

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Politik

1951 Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)

Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, Luxemburg, Niederlande Einwohner: 200 Millionen

Nach dem zweiten Weltkrieg wollte Frankreich um jeden Preis eine neue Bedrohung durch Deutschland verhindern. Nach einer Idee der französischen Politiker Robert Schuman und Jean Monnet kam eine Montanunion zustande, die einen erneuten Krieg nicht nur undenkbar, sondern materiell unmöglich machen sollte. Nach erstem Zögern schlossen sich auch die Benelux-Staaten und Italien der Union an und die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl erblickte am 18. April 1951 das Licht der Welt.

1957 Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)

In Frankreich ächteten Kommunisten und die Anhänger de Gaulles den Schuman-Plan und kippten 1954 im Parlament das Projekt einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. Europa befand sich zum ersten Mal in der Sackgasse. Auf der Konferenz von Messina sollten neue Wege aus der Krise gefunden werden. Nach einem Verhandlungsmarathon einigte man sich in der letzten Nacht auf die Grundsteine eines gemeinsamen Binnenmarktes. Der Belgier Paul-Henri Spaak schrieb im Nachhinein über die Konferenz: „Die Sonne ging über dem Ethna auf, als wir müde aber glücklich aus dem Verhandlungsraum traten. Große Entscheidungen waren getroffen“. Diese Entscheidungen führten zur Unterzeichnung der Römischen Verträge und zum Beginn der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft.

1973 Erste Erweiterung

plus Großbritannien, Irland, Dänemark – 9 Mitgliedsstaaten

Einwohner: 258 Millionen

Großbritannien unterstützte zwar den europäischen Integrationsprozess, war aber selbst kein Gründungsmitglied der Montanunion. Mitte der 50er Jahre hatte die Kooperation mit dem Commonwealth noch eindeutige Priorität. Als die Briten aber 1963 zum ersten Mal an die Pforten der EWG klopften, begründete Staatspräsident de Gaulle sein Veto mit der Befürchtung, das Vereinigte Königreich sei ein trojanisches Pferd der USA. Die erste EWG-Erweiterungsrunde verschob sich um ganze 10 Jahre.

Auch Irland, Dänemark und Norwegen entschlossen sich für Beitrittsverhandlungen. Vor der Erweiterung gab es in beiden skandinavischen Ländern ein Referendum. Die Dänen stimmten mehrheitlich für einen Beitritt, in Norwegen gewann das Lager der EWG-Gegner, was zu einer Regierungskrise führte.

1981 Süderweiterung

plus Griechenland – 1O Mitgliedsstaaten

Einwohner: 270 MillionenNach dem Ende der griechischen Militärdiktatur stellte Athen 1974 einen Antrag zum Beitritt in die EWG. Die Bewerbung wurde von den Mitgliedsstaaten stark unterstützt, denn es galt die junge Demokratie zu festigen.

Bis in die 80er Jahre machten die Atlantikstaaten und ein katholisch-protestantisches Erbe das Zentrum der Gemeinschaft aus. Mit der Süderweiterung änderte sich das Gesicht der EWG. Das Mittelmeer, der Balkan, eine orthodoxe Bevölkerung und die rückständige griechische Wirtschaft vergrößerten die Unterschiede zwischen den Staaten.

1986 Dritte Erweiterungsrunde

plus Spanien, Portugal – „Das Europa der 12“

Einwohner: 321 Millionen

Spanien und Portugal waren ebenfalls zwei Länder, die bis Mitte der 70er von Militärdiktaturen kontrolliert wurden. Durch ihre lange politische und wirtschaftliche Isolation vergrößerte sich mit der dritten Erweiterung das Nord-Süd Gefälle in der EWG. Allerdings entstand mit 321 Millionen Einwohnern der weltweit größte Binnenmarkt vor der Sowjetunion und den USA.

1995 Vierte Erweiterungsrunde

plus Schweden, Finnland, Österreich – „die EU der 15“

Einwohner: 370 Millionen

Die vierte Erweiterung war die schnellste, denn es galt vier Länder einzugliedern, die schon zum „Europäischen Wirtschaftsraum“ gehörten. Norwegen kehrte der EU aber per Volksabstimmung ein weiteres Mal den Rücken zu. In den anderen Ländern war die Europabegeisterung nicht viel eifriger. Die schwedischen EU Befürworter warben beispielsweise lieber mit praktischen Details als mit großen Visionen. So hieß es, nach dem Beitritt könne man bis zu 15 Liter Bier zollfrei aus Deutschland einführen.

2004 Die Osterweiterung

plus Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Ungarn, Tschechische Republik, Slowenien, Slowakei und Zypern – 25 Staaten.

Einwohner: 450 Millionen

Um die faktische Teilung des Kalten Krieges zu beenden und den Frieden in Europa zu sichern, sollten die Ost- und Zentraleuropäischen Staaten mit in die EU aufgenommen werden. Es stellte sich damit zum ersten Mal die Frage endgültiger Grenzen der Union und welche Werte die Gemeinschaft verbindet. Außerdem mussten die europäischen Institutionen – allen voran die Kommission – für eine Erweiterung um 12 neue Mitglieder reformiert werden. Europas neue Vielfalt zeigt sich konkret in den Brüsseler Übersetzungsbüros: Nach der fünften Erweiterungsrunde gab es 20 offizielle Sprachen der Gemeinschaft, in die alle Texte und Dokumente übersetzt werden.

2007 Sechste Erweiterung

plus Bulgarien und Rumänien – 27 Staaten.

Einwohner: 491 Millionen

Bulgarien und Rumänien hatten zeitgleich mit den anderen Osteuropäischen Staaten ihren Beitrittsantrag gestellt. Während der Verhandlungen bemängelte die EU aber mehrmals den fehlenden Fortschritt der Reformen. Die administrativen und juristischen Strukturen waren 2004 noch nicht im Stande, eine freie Marktwirtschaft zu garantieren und die Rechtsbeschlüsse der EU zu übernehmen.

Ende 2006 gab die EU Kommission grünes Licht. Es hieß allerdings, beide Länder müssten auch nach ihrem Beitritt Fortschritte machen im Kampf gegen Korruption und gegen organisierte Kriminalität.

Foto: (cc)boopsie.daisy/flickr