Eröffnungsabend des Brussels Film Festival
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Anne-Sophie De MacqLetzten Freitag startete der Brussels Film Festival auf dem Platz Flagey. Mehrere duzend Filmliebhaber haben dort ihr Filmbedürfnis gestillt, statt die Spiele der EM zu verfolgen. CaféBabel war bei der Eröffnung vor Ort.
Das erste Halbjahr 2016 war für Belgien heikel: Streiks und Terroranschläge waren nur einige Beispiele der Schwierigkeiten, die sich dieses Land stellen musste. Mit dieser Feststellung hat der Festivalleiter Ivan Corbisier die Festlichkeiten eröffnet. Um die derzeitigen Herausforderungen annehmen zu können, habe die Kultur eine große Bedeutung, sagte Corbisier wenige Stunden nach dem Mord von Jo Cox in England.
Diese Sichtweise schien durch die Identität der beiden Gäste, die während des Abends das Wort ergriffen haben. Der erste Gast war Regisseur Volker Schlöndorff, eine Figur des Neuen Deutschen Films der 1990er Jahre. Seine Filme waren schon immer ein Engagement im Kampf gegen den Terrorismus. Während seines Vortrags bekräftigte er, dass Festivals für die Beibehaltung des Films von großer Bedeutung sind.
Der zweite Gast war der Schauspieler und Humorist Guy Bedos. Er fiel gleich auf, indem er fragte, was er denn hier zu suchen habe, worauf das Publikum mit Lachen antwortete. Daraufhin griff er den französischen Premier Manuel Valls an: "Ich möchte ihm die Fresse polieren!" Der Schauspieler wird morgen während eines Balls am Théâtre 140 gefeiert.
La Pazza Gioia
Der Film La Pazza Gioia des italienischen Regisseurs Paolo Virzì hat den Ball eröffnet, die Gemüter bewegt und für Heiterkeit gesorgt. Es gab zwei Frauen in den Hauptrollen: Die Aufsehen erregende Valeria Bruni Tedeschi, die bereits im Film Les opportunistes (vom selben Regisseur) mitgespielt hatte, und die überzeugende Micaela Ramazzotti, die Muse ihres Mannes, Paolo Virzì. Sie spielt regelmäßig die vulgäre Frau in Filmen, und dies mit Erfolg.
Zwei besondere Freundinnen, zwei Ergänzungen des Wahnsinns, wo manchmal das Lächeln des Zuschauers verschwindet und er wieder ernst wird, um darüber nachzudenken, wie geistig Behinderte von der Gesellschaft wahrgenommen werden. Dieser Film taucht in die Gefühle der Protagonisten ein, vor allem in die Liebe. “Ich dachte, ich schlafe ein”, sagte mir mein Sitznachbar am Ende des Films, während er seine Tränen wegwischte.
“Es gibt zwei Arten von Menschen auf der Welt: Die Bösen, dazu gehören die meisten Menschen, und die Guten, wie ich”, schnaubt die Schauspielerin Valeria Bruni Tedeschi im Film. Auf ihre Frage “Wo gehen wir hin?”, antwortet Micaela Ramazzotti répond “Wir suchen ein bisschen Glück”. Jeder sucht das Glück in seinem Leben, und jeder denkt, dass es weit weg ist und dass man es nicht erreichen kann.
Valeria Bruni Tedeschi ist in einer wohlhabenden Familie aufgewachsen, hat aber trotz ihres Wohlstands das Glück nicht finden können. Sie ist einem Verbrecher gefolgt, der ihr ganzes Vermögen sowie das ihrer Familie geraubt hat. Micaela Ramazzotti ist von ihrem Vater zurückgelassen worden, der immer abwesend war. Sie wurde von ihrer Mutter vernachlässigt, welche sich nicht einmal um sich selbst kümmern konnte. Diese zwei Protagonistinnen erzählen in einer der rührendsten Szenen des Films von ihrem jeweiligem Leben. Als Micaela Ramazzotti behauptet “Ich bin traurig geboren”, antwortet ihr ihre Gesprächspartnerin “Ich auch”. Dadurch kommt zum Ausdruck, dass das soziale Umfeld nicht relevant ist, wenn jemand nicht genügend emotionale Unterstützung hat. Dies führt zur Traurigkeit.
Dieser Film ist eine Art Abbild Italiens. Der Film nimmt mit den Repliken “Erinnere dich, dass wir in Italien sind” oder “Alles, was im Leben zählt, sind Kontakte” Bezug auf Korruption und Geld und somit ist die Bezugnahme zum Stiefel groß. Es darf nicht vergessen werden, dass dieser Film von Psychiatrie handelt und deswegen einen besonderen Nachklang im Heimatland von Franco Basaglia hat. Er soll uns zum Nachdenken über die Medizin und die unterschiedlichen Therapien für psychisch Kranke anregen, die nicht immer geeignet sind.
Dieser Film ist aber vor allem der erste einer langen Filmreihe, die man sich im Platz Flagey anschauen kann.
Translated from Soirée d’ouverture du Brussels Film Festival