Einen Kasper in der Schublade
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Katha KlossZum Glück hat der Storch auch 2008 in Europa noch genügend zugebissen: Laut Eurostat kamen im letzten Jahr 5,4 Millionen europäische Babies zur Welt. Litauen führt die Babyboomer an, während Deutschland das Schlusslicht bildet. Hapert es an der Verständigung? Wir schaffen Abhilfe!
Winzige Finger, Pfirsichhaut und nur drei goldene Haare: Wenn frischgebackene Eltern ihren Dreikäsehoch - bout de chou ('ein kleines Stück Kohl') wie der Franzose sagt - in die Arme schließen können, wird dieser zum Mittelpunkt des Lebens.
Die gläubigen Italiener nehmen ihre Babmbinis frischgebacken aus einem Kopf Blumenkohl entgegen: I bambini nascono sotto i cavoli ('Die Kinder werden aus dem Blumenkohl geboren'). Danke Mutter Natur! Diese Gemüsevariante ist bis nach Frankreich durchgedrungen, wo man noch heute sagt, dass 'die Mädchen aus Rosen geboren werden' (les filles naissent dans les roses). Auch der Storchenmythos ist auf Europatour gegangen. In Deutschland sagt man beispielsweise, dass die werdene Mutter vom Storch gebissen wurde.
Die bodenständigen Spanier haben scheinbar alles verstanden. Sie bezeichnen die Schwangerschaft samt wachsendem Kugelbauch als Trommel (tener un bombo), die Frau auf dem Bauch mit sich herumschleppen muss, wie in einem Fanfarenzug! Die Engländerin hat ihrerseits ein Brötchen im Ofen (to have a bun in the oven), das 9 lange Monate goldbraun gebacken wird. Der deutsche 'Karnivore' spricht dem Engländer ähnlich liebevoll von einem Braten in der Röhre, auch dieser will perfekt bis zum großen Datum geschmort werden. Bei den Franzosen kommt die Schwangerschaft manchmal etwas überraschend: immerhin hat man nicht allzu oft 'einen Kasper in der Schublade', wie man auf der anderen Rheinseite gern sagt (avoir un polichinelle dans le tiroir). Unverhofft kommt oft!
Die wortschwangere Europareise hat sich gelohnt: denn nach 9 Monaten erblickt das neue Leben endlich 'das Licht der Welt' (dare alla luce in Italien).
Translated from En cloque