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Eine Armenierin im Herzen Europas

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Brüssel

Von Laurianne Systermans Übersetzt von Maike Wohlfarth Viktorya Abrahamyan, 27 Jahre alt, kommt aus Armenien und lebt seit 3 Jahren in Belgien. Jetzt arbeitet sie als Praktikantin in der Europäischen Kommission für die Generaldirektion Entwicklung und Zusammenarbeit. Insgesamt kommen 5% der Praktikanten bei der Kommission aus Nichtmitgliedsländern der EU.

Bei Viktorya waren es vor allem ihre Neugierde und ein humanitäres Projekt, die sie dazu gebracht haben, sich 3300 km von ihrer Heimat entfernt niederzulassen.

Viktorya interessiert sich nun so sehr wie noch nie für die europäischen Institutionen. Früher sah das anders aus. 2008 verließ sie Armenien, da sie beschlossen hatte ins Königin-Fabiola-Haus und damit in ein „soziales Europa“ zu kommen. Dieses Zentrum in Eupen unterstützt Menschen mit geistiger Behinderung. Viktorya arbeitete bereits früher für eine NGO, die ein Waisenhaus in Jerewan, der Hauptstadt Armeniens, leitete. Danach engagierte sie sich 3 Monate lang für ein Projekt des Roten Kreuzes, das Frauen-Erzähl-Café. „Das hauptsächliche Ziel der Organisation war es, Immigrantinnen in die Gesellschaft zu integrieren.“

Perfekt integriert

Trotz der etwas instabilen politischen Lage, hat Belgien sie sofort überzeugt. „Das Land liegt mitten im Herzen Europas. Außerdem habt eine einzigartige Kultur. Ich war begeistert.“ Vielleicht auch, weil sie sich teilweise besser integriert als einige Einheimische selbst. „Ich habe in den drei Sprachgemeinschaften gelebt - in Brügge, in Eupen und in Brüssel. Durch meine verschieden Erfahrungen habe ich Deutsch und Französisch gelernt.“ Außerdem hat Viktorya so ihr soziales Netzwerk ausgebaut. „Es ist leicht Kontakte zu knüpfen. In meinen Augen ist die soziale Seite sehr wichtig. Dank meiner verschiedenen Jobs kenne ich hier mittlerweile mehr Menschen, denen ich mich nahe fühle, als in Armenien.“

Manchmal leitet der Zufall den Weg

Am Ende ihres sozialen Projekts interessiert sich Viktorya immer mehr für die Europäische Union und beschließt sich am College of Europe einzuschreiben um für ein Jahr die Angelegenheiten und Probleme rund um die EU zu studieren, was ihr ermöglichte die Funktionsweise der europäischen Institutionen zu verstehen. Als sie ihr Diplom in der Tasche hat, geht sie aufs Ganze und bewirbt sich bei der Generaldirektion im Energiesektor. Sie sagt sich, dass sie als Praktikantin während eines halben Jahres mehr über die EU lernen kann als durch irgendeine andere Erfahrung. Die Generaldirektion Entwicklung und Zusammenarbeit war eigentlich nur ihre zweite Wahl. „Aber jetzt bereue ich es überhaupt nicht. Ich glaube sogar, dass ich hier eher in meinem Element bin. Es gefällt mir im Bereich internationale Beziehungen zu arbeiten. Schließlich passt das ziemlich gut zu mir.“ Viktorya bearbeitet Themen, die in Verbindung mit den Beziehungen zwischen Europa und Asien stehen. Sie macht deutlich, dass das „Leben als Praktikant nicht so ruhig“ ist, wie man sich es vielleicht vorstellt. „In den letzten beiden Wochen habe ich jeden Tag 12 Stunden am Stück gearbeitet.“

Ein offener Geist und Freiheit

Selbst wenn es am Anfang nicht ganz einfach war, fühlt sie sich heute hier wirklich zu Hause. Sie kennt sich aus und hat gute Freundschaften geschlossen. „Natürlich besteht die Entfernung weiterhin, aber ich besuche meine Eltern zwei Mal pro Jahr und außerdem ist die Mentalität hier der unseren nicht so fremd.“ Armenien beruht ebenfalls auf christlichen Werten. Obwohl es in Asien liegt wurde seine reiche Kultur im Laufe der Geschichte sowohl von europäischen als auch von asiatischen Einflüssen geprägt. „Der große Unterschied ist, dass wir viel konservativer sind. Die Offenheit des Geistes und die Freiheit sind zwei große Pluspunkte eurer Kultur in Europa.“

Auf internationale Beziehungen setzen

In den nächsten Jahren will sich Viktorya innerhalb der europäischen Institutionen weiterentwickeln. Sie würde gern Beamtin werden, auch wenn sie noch nicht genau weiß, bei welcher Organisation und für wie lange. „Die Kommission birgt für mich keine wirklichen Geheimnisse mehr. Aber ich würde gerne noch richtig verstehen, wie das Parlament und der Ministerrat funktionieren.“ Obwohl sie sicher ist, eines Tages nach Jerewan zurückkehren, meint sie, dass Europa auf außereuropäische Beamte setzen sollte, um seine internationalen Beziehungen zu verbessern. „Ich liebe Europa. Aber mein Ziel war es, meine Kenntnisse zu erweitern und neue Erfahrungen zu machen. Ich will verstehen, wie Europa funktioniert um mein Wissen dann anzuwenden, wenn ich nach Hause zurückkehre. Wir müssen uns weiterentwickeln indem wir voneinander lernen.“

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