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Ein Tsunami verkauft sich besser

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Default profile picture Markus Heffner

Die europaweite Wanderausstellung der Ärzte der Welt (Médecins du Monde) "34 Bilder gegen das Vergessen" führt zu einer Debatte über humanitäre Krisen, vergessen von der Gesellschaft und verdrängt vom Alltag. Seit dem 12. Mai ist sie in Madrid zu sehen.

"Die Ärzte der Welt kommen hier auf ihre ursprüngliche Mission zurück: die Dokumentation vergessener humanitärer Krisen mithilfe von Fotos, die im aktuellen Nachrichtengeschehen keinen Platz finden", erklärt Noëlle Rodembourg, Kommunikationsbeauftragte der NGO in Belgien. Es sind dauerhafte Krisen, die dennoch von der Mehrheit der Menschen ignoriert werden: die Mongolei, Liberia, Uganda und selbst Frankreich, wo die Wohnsituation der Sinti und Roma angesprochen wird. Ja, selbst in Frankreich gibt es Elendsviertel. 

Im März zählte die Ausstellung 34 Bilder gegen das Vergessen in Belgien 3500 Besucher, bevor sie weiter nach Spanien zog, die zweite Etappe ihrer europaweiten Tournee. "Die Pressefotografen waren aktiv an dieser Ausstellung ihrer fotografischen Zeugnisse beteiligt", ergänzt Noëlle Rodembourg.

Ein Mensch hinter dem Objektiv

Im Kontrast zum Zeitalter der digitalen Fotografie wird der Besucher in eine große Dunkelkammer geführt. Hier kann sich jeder Zeit nehmen, der Fotograf, um seine Bilder zu entwickeln, und der Zuschauer, um die Bilder auf sich wirken zu lassen. Der Besucher erhält so die Möglichkeit, ein Gespür für die Dinge zu entwickeln und eine wirkliche Nähe zwischen Öffentlichkeit und Opfern entstehen zu lassen. Jedes Negativ wird durch einen persönlichen Kommentar des Fotografen ergänzt, dessen Inhalt seine individuelle Erfahrung im Spannungsfeld zwischen technischen Professionalismus und menschlicher Sensibilität widerspiegelt.

©Olivier LopezDie Kommentare sind notwendig zum Verständnis von Bildern, die auf den ersten Blick unpersönlich erscheinen können. Norbert Musset, ein Besucher der Ausstellung, unterstreicht dies nach Verlassen der Dunkelkammer: "Man ist ständig Bildern ausgesetzt, welche zunächst sinnlos erscheinen. Die Kommentare ermöglichen es, sich in die Situation zu denken und sie besser zu verstehen. Sie sind daher essenziell."

Ein Tsunami "verkauft" sich besser

Bilder, Emotionen: Der Kontrast zwischen dem Gefühl des Entsetzens und der Machtlosigkeit angesichts des menschlichen Elends verunsichert den Besucher, berührt ihn. Ein Gefühl der Wut gegenüber der Untätigkeit der Politik und vor allem der einseitigen medialen Aufbereitung macht sich breit. Denn die Sensibilisierung der Öffentlichkeit ist unentbehrlich für den Erfolg einer humanitären Operation. Während das französische Spendenaufkommen für die Opfer des Tsunami vom Dezember 2004 allein 60 Millionen Euro betrug, wurden 10 Monate später nach dem verhängnisvollen Erdbeben in Pakistan weltweit lediglich 50 Millionen Euro zusammengetragen. In Pakistan waren weder Touristen vor Ort, noch wurde die Katastrophe auf Bildern dokumentiert.

In den Zeitungen

Das Verhältnis der Medien zur Öffentlichkeit steht auf dem Spiel: Die Zeitungen sind von ihren Lesern abhängig. Daher wird das Thema mit den besten Verkaufschancen bevorzugt. Paradox: Je höher die daraus resultierenden Einnahmen, desto eher verfügen die Zeitungen über die materiellen und personellen Mittel, um dem Leser einen umfassenderen Blick auf die Nachrichtenlage und damit auch die humanitären Krisen zu vermitteln.

Hunger, Not, Angst, Ohnmacht: diese Begriffe lassen sich auf alle humanitären Krisen anwenden. Es liegt am Journalisten, eine Banalisierung zu vermeiden. "Die Presse ist in diesem Widerspruch gefangen: Die Nachrichten drängen sich uns auf, bevor wir überhaupt vor Ort sind. Daher müssen wir ständig kämpfen und hinterher rennen. Gleichzeitig erwarten unsere Leser, die bereits über die Geschehnisse informiert sind, eine ausgiebige Berichterstattung in unserer Zeitung. Parallel dazu müssen wir uns der täglich härteren Diktatur der Information widersetzen.

Parallel dazu müssen wir uns der täglich härteren Diktatur der Information widersetzen

Wir sind Opfer der Schwäche unserer eigenen Mittel", sagt Pierre Laurent, Chefredakteur der französischen kommunistischen Tageszeitung Humanité.

Translated from Expo : les images de la colère