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EADS: Geschäfte in den USA als Eintrittskarte für China?

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Default profile picture Anke Lutz

Politik

Bertil Huger, technischer Leiter von Airbus Russland, beantwortet Fragen junger Europäer über die weltweite Strategie von EADS.

EADS hat im Zusammenschluss mit der amerikanischen Firma Northrop Grumman einen historischen Auftrag an Land gezogen: die Lieferung von Tankflugzeugen an das Pentagon im Umfang von 35 Milliarden Euro. Boeing hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt, zu einem Zeitpunkt, an dem sich zahlreiche Stimmen in Amerika zugunsten eines stärkeren Protektionismus erhoben.

Dieser Vertrag ist von strategischer Wichtigkeit für EADS und die europäische Verteidigungsindustrie. Eine Annullierung des Vertrages würde die Rückkehr zu einem verstärkten Protektionismus auf beiden Seiten des Atlantik bedeuten und Europa in Versuchung bringen, das Waffenembargo gegen China aufzuheben, um fehlende Absatzmärkte zu kompensieren. 

Das Interview stammt aus einem Chat mit Teilnehmern der Groupe des Belles feuilles (GBF). 1988 gegründet, vereint diese Denkfabrik rund um europäische Fragen Studenten und junge Arbeitnehmer französischer und anderer Nationalitäten, unabhängig von politischer Zugehörigkeit. 

GBF: Muss dieser Vertrag als rein amerikanischer Vertrag verstanden werden, weil das Pentagon dem Monopol von Boeing zu entkommen versuchte?

Bertil Huger: Ja, für das Pentagon ging es gewiss darum, sich bei diesem gewaltigen Tankflugzeug-Geschäft (545 Flugzeuge in drei Tranchen) nicht einem Monopol gegenüber zu sehen. Für einen Kunden bedeutet ein Monopol, dass er keine Wahl hat und allzu häufig völlig überhöhte Preise in Kauf nehmen muss. Ganz im Sinne der amerikanischen Wendung: „You can ask what you want, you only get what they have“ (Sie können verlangen, was Sie wollen, doch Sie bekommen nur das, was sie haben, A.d.R.). Dies ist eine klare Message seitens des Kongresses und der amerikanischen Regierung an alle ihre Lieferanten. Es wäre gut, wenn auch wir in Europa uns davon mehr inspirieren ließen, da unsere hiesigen Verteidigungsgeschäfte noch allzu oft zerstückelt und nationalen Großfirmen vorbehalten sind.

Die amerikanische Armee hat immer in jeder Hinsicht „Wirtschaftspatriotismus“ bewiesen. Vielleicht war das Angebot von EADS besser? Können andere Gründe eine Rolle gespielt haben?

©pianoman75/flickrDer Verteidigungsbereich ist kein Geschäftsbereich wie jeder andere. Es gibt bedeutende Anforderungen hinsichtlich der Sicherheit (stellen wir uns nur einmal die möglichen Konsequenzen eines Lieferstopps von Militärmaterial eines dritten Landes vor), technologischer Innovationen und des industriellen Know-Hows. In der Tat hat das Pentagon nicht als einziges keinen Zugang zu ausländischen Lieferanten. Europa ist in dieser Hinsicht nicht viel anders, wenn man mal vom britischen Verteidigungsministerium absieht.

Man muss wissen, dass EADS sein Angebot bis aufs Äußerste amerikanisiert hat, um diesen Mega-Vertrag zu bekommen: Triebwerke von General Electric, Errichtung einer Montagefabrik in Mobile/Alabama, nicht nur für alle weltweit verkauften Tankflugzeuge, sondern auch für alle Lastenflugzeuge A330. Nicht zuletzt fördert dies auch die Teileproduktion des A330 in Europa und hat einen positiven Effekt auf die Beschäftigungsquote und die Stückkosten. Nach Ansicht des Pentagon und zahlreicher Beobachter war das Angebot von EADS wirklich besser. Die Überlegenheit des Angebots wird noch untermauert durch die Wahl Großbritanniens und Australiens, die doch prinzipiell eher zur amerikanischen Verteidigungsindustrie tendieren und nun dem europäischen Flugzeug den Vorzug gaben, wie vor kurzem auch Saudi-Arabien. 

Wird EADS durch diesen Vertrag nicht dazu verleitet, seine Entwicklung in Europa zu vernachlässigen, um eine Wachstumsstrategie in den USA und anderen ihnen nahestehenden Staaten umzusetzen?

©pianoman75/flickrNein, es geht nicht darum, die Produktion in Europa zu reduzieren, sondern darum, die industriellen Möglichkeiten von EADS dort zu erweitern, wo sich die Märkte befinden. Es ist ganz einfach eine Tatsache, dass man im Bereich der Verteidigung, um einen bedeutenden Absatz zu erreichen, vor Ort sein muss, um Problemstellungen der Kunden hinsichtlich der Sicherheit, der Technologie und Industrie entsprechend begegnen zu können. Auch die Tatsache, dass der Euro im Moment sehr überbewertet ist, verstärkt die Notwendigkeit, in der Dollar-Zone zu produzieren. Bis 2020 strebt EADS an, 20 Prozent seines Umsatzes außerhalb von Europa zu machen (aktuell ist diese Zahl eher nahe Null).

Ist die Erschließung weiterer bedeutender Märkte für EADS außerhalb Europas (und den USA) in den kommenden Jahren geplant?

Das amerikanische Verteidigungsbudget beträgt 55 Prozent des Weltmarktes! Daneben durchlaufen die Länder Brasilien, Russland, Indien und China ein hohes Wirtschaftswachstum, was sich in einer bedeutenden Erhöhung des Verteidigungsbudgets niederschlägt. China und Russland haben vor allem ihre Militärausgaben auf besonders voluntaristische Weise angehoben. China unterliegt seit den Ereignissen auf dem Platz des Himmlischen Friedens einem Embargo und die Europäer beugen sich den Forderungen der Amerikaner. Diese sehen China als Rivalen und Bedrohung an und überlassen es Russland, den Chinesen das benötigte Material zu liefern. Damit stehen die Europäer vor einem richtigen Dilemma, denn es wird wohl nicht möglich sein, die Zukunft der europäischen Verteidigungsindustrie mit Hilfe eines abgeschotteten amerikanischen Marktes und eines unter Embargo stehenden chinesischen Marktes zu sichern…

Translated from EADS : vendre aux USA pour aller en Chine ?