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Die Semana Santa: Verrückt, überfüllt und doch wunderschön

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Sevilla

Eine Prozession aus der Sicht einer deutschen Erasmus Studentin Die Marienfigur einer Prozession, die ich am Nachmittag noch gesehen habe. „Die Semana Santa ist einfach nur verrückt!“, „Es ist etwas ganz Besonderes!“, „Während der Semana Santa steht die ganze Stadt Kopf!“, „Das musst du mit deinen eigenen Augen gesehen haben!

So beschreiben mir viele Sevillaner ihre Semana Santa und ich kann es kaum abwarten, mir selbst ein Bild darüber zu machen. Kurz vor meiner Rückkehr nach Deutschland habe ich die Gelegenheit diese locura (Verrücktheit) mitzuerleben, von der alle sprechen.

Meinen (vorerst) letzten Abend in Sevilla verbringe ich in der Wohnung einer Freundin, die ganz in der Nähe der Kathedrale wohnt. Damit haben wir zwar eine ausgezeichnete Sicht auf vorbeiziehende Prozessionen, doch der Weg dorthin gleicht einer Odyssee. Meine Freundin hatte mir am Nachmittag schon geschrieben, dass sie für die kurze Strecke vom Plaza la Alfalfa bis zu ihrer Wohnung, die sie eigentlich in knapp 7 Minuten zurücklegt, fast 40 Minuten gebraucht hatte. Durchkommen sei nahezu unmöglich gewesen.

So kämpfe auch ich mir meinen Weg vom Plaza del Duque bis ins Zentrum und lasse mich von den Menschenmassen durch die engen und überfüllten Gassen treiben. In jeder Straße reihen sich zudem noch Stühle an den Seiten, die für Zuschauer reserviert sind, die zuvor ein Ticket erworben haben. Polizisten und Freiwillige kontrollieren die Durchgänge, an denen ich mit bis zu 50 Personen warten muss, bis man uns in einem passenden Moment passieren lässt. Am Plaza Nueva kann ich endlich aufatmen und lege die letzten Meter einigermaßen entspannt zurück.

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In der Wohnung angekommen tauschen wir erst einmal unsere Eindrücke aus und auch hier fallen wieder Wörter wie „verrückt“ und „unglaublich“. Nach und nach sammeln sich Menschen in der Straße unter uns und gegen 21.00 Uhr hören wir die ersten Trommelschläge und Trompeten. Alles klingt sehr dramatisch, fast schon filmreif. Wir stellen uns auf den Balkon (während der Semana Santa ein wahrer Luxus) und schon bald sehen wir die ersten Nazarenos (siehe Foto). Bei der Prozession, die wir sehen, sind es an die 2000, die in ihren langen weißen Kutten und spitzen weißen Kappen mit Kerzen durch die Straßen ziehen. Schon in den letzten Wochen habe ich mich über die Figuren, die stark an den Ku Klux Klan erinnern, gewundert, doch jetzt so viele von ihnen zu sehen ist noch viel merkwürdiger (Ich muss unbedingt nachschlagen, wie die eigentlich in Verbindung zueinander stehen).

Fast 2000 Nazarenos sind Teil der Prozession

Über 45 Minuten später erklingt erneut Musik und ein Zischen geht durch die Menge, alles wird ruhig und dann schauen alle wie gebannt auf die erste Figur, die leicht schwankend vorbei getragen wird (Wer vorher die Proben in der Stadt gesehen hat, weiß, dass darunter bis zu 50 Männer (costaleros) stehen, die jeweils ca. 40 kg auf ihren Schultern tragen). Sobald die Figur vorbeigezogen ist, wird es wieder unruhig und viele strömen schon zur nächsten Station der Prozession.

Weitere 30 Minuten später hören wir dann erneut dramatische Klänge, die wohl eine weitere Figur ankündigen. Wir schauen erwartungsvoll auf die Prozession und sehen schon den vorderen Teil der Marienfigur, doch sie bleibt noch einmal stehen. Einige der Kerzen sind erloschen und müssen wieder angezündet werden. Dann kann es weitergehen und unter Trompeten und Trommelschlägen schreitet die mit vielen Blumen und Kerzen und einem Baldachin geschmückte Jungfrau an uns vorbei. Ich bin sprachlos und beeindruckt, doch nachdem sie außer Sichtweite ist, kommt wieder Unruhe auf und schnell sind die Straßen wieder leer.

Auf dem Rückweg in meine Wohnung lasse ich die Eindrücke noch ein bisschen auf mich wirken und bin froh, dass ich dieses Kulturereignis noch miterleben durfte. Auch wenn alles ziemlich chaotisch, überfüllt und leider auch sehr vermüllt ist, finde ich es dennoch beeindruckend, wie wichtig diese Tradition für die Spanier ist. Die vollen Bars zeigen mir außerdem, dass gerade in Zeiten wie diesen auch wirtschaftlich viel von solchen Ereignissen abhängt.

Elisabeth Lorenz

Fotos: Elisabeth Lorenz