Der Papst "wirft das Handtuch"
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Spätestens Tocotronic hat die Kapitulation salonfähig gemacht. Der Heilige Vater hat die Band beim Wort genommen und wird sich nicht länger mit Homo-Ehe, Empfängnisverhütung oder Abtreibung herumschlagen. Kapitulation! Welche Ausdrücke die Europäer dafür in petto haben, lest ihr diese Woche im Turm zu Babel.
Papst Benedikt XVI hat sein Amt niedergelegt, er hat den Stab abgegeben (passing on the baton auf Englisch). „Wymiękać, uginać się“ würden die Polen sagen, um zu beschreiben, dass jemand aufgibt, weil er keine Kraft mehr findet, weiterzumachen. Ein französischer Papst hätte die Daumen locker gelassen (mettre les pouces), um das Fallenlassen seiner Waffe (oder eben seines Stabes) zu beschreiben und zu signalisieren: ich gebe auf.
In vielen europäischen Sprachen wird zu einem solchen Anlass munter das Handtuch in den Ring geworfen, und das nicht nur von den Finnen (heittää pyyhe kehään), die als Sauna-Experten sicherlich eine ganz besondere Beziehung zu ihren Frotteetüchern haben. Auch in Schweden (kasta in handduken), in Polen (rzucać ręcznik), in Spanien (tirar la toalla, oder tirar la tovallola auf Katalan) fliegen regelmäßig schwungvoll geworfene Handtücher durch die Luft. „Das Handtuch werfen“ - diese Redewendung meint „nicht bis zum Umfallen kämpfen, sondern freiwillig aufgeben“ und kommt aus dem Boxsport. Erkennt der Trainer, dass sein Schützling nicht mehr in der Lage ist, den Kampf weiter zu führen oder von selbst aufzugeben, wirft er ein Handtuch in den Ring. Der Schiedsrichter bricht den Kampf sogleich ab.
Die Italiener werfen allerdings kein Handtuch, sondern den Schwamm (gettare la spugna). Klingt logisch, denn auch der Schwamm ist ein wichtiges Utensil in jedem Boxring und dient dazu, die schweißtriefenden Gesichter der Boxer nach dem Kampf zu erfrischen. Auch im Englischen (throwing in the sponge) und im Französischen (jeter l’éponge) kann je nach Lust in Laune entweder der Schwamm oder das Handtuch geschmissen werden. Schade eigentlich, dass die Deutschen nicht in den Genuss kommen, einen nass triefenden alten Schwamm mit Genugtuung in den Ring zu werfen.
Naja, Schwamm drüber. Fest steht also, dass der Papst das Handtuch geworfen hat und aus dem Ring gestiegen ist, um seine Rente zu genießen, bis er nach seinem Stab auch den Löffel abgibt. Auch wenn sie zugegebenermaßen etwas unpäpstlich daherkommt, also eine klassische Kapitulation. Um es mit Tocotronic auf den Punkt zu bringen: „Und wenn du kurz davor bist, kurz vor dem Fall, und wenn du denkst: „Fuck it all“, und wenn du nicht weißt, wie soll es weitergehen: Kapitulation!“
Illustrationen: Teaser (cc)flickr/Catholic Church England and Wales; Karikatur ©Henning Studte; Video: YouTube ©themikeaquatic