Der Papst kommt! Berlin geht auf die Straße
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Eine große deutsche Boulevardzeitung hat mit einem Riesenposter an der Fassade seines Verlagshauses in Berlin-Mitte/Kreuzberg dafür gesorgt, dass auch der letzte mitbekommen hat: Benedikt XVI. ist ab heute in Berlin. Und wird keineswegs mit offenen Armen empfangen. Jörg Steinert vom Lesben- und Schwulenverband in Deutschland erklärt warum.
Die Messe im Olympiastadion ist ausverkauft, wer will, kann sich mit Papst-Souvenirs wie einem Coffee-To-Go-Becher oder Einkaufsbeuteln in sakralem Design eindecken. Allerortens herrscht eine reine Papst-Euphorie? Mitnichten. 100 Abgeordnete boykottieren die Rede Benedikts im Bundestag und zahlreiche Gegendemonstrationen haben sich angekündigt. Das Bündnis „Der Papst kommt!“, das aus zahlreichen Organisationen und Privatpersonen besteht, richtet sich gegen die Geschlechter- und Sexualpolitik der katholischen Kirche. Jörg Steinert vom LSVD (Lesben- und Schwulenverband in Deutschland) wird heute auch auf die Straße gehen und erzählt uns, warum er das tut.
Herr Steinert, was haben Sie denn eigentlich gegen den Papst?
Wir haben nichts gegen den Papst persönlich und auch im Übrigen nichts gegen seinen Berlinbesuch. Wir kritisieren die Geschlechts- und Sozialpolitik der katholischen Kirchen und wollen seinen Besuch zum Anlass nehmen, gegen die Diskriminierung von Homosexuellen, das Verbot von Kondomen und die Ungleichstellung der Frau, vor allem im Bereich der reproduktiven Rechte – also Verhütung und Schwangerschaftsabbruch - zu demonstrieren.
Gibt es denn für diese Themen zu wenige Öffentlichkeit?
Der Vatikan steht, was die Menschenrechte angeht, auf einer Ebene mit Staaten wie etwa dem Iran.
Der Vatikan steht, was die Menschenrechte angeht, auf einer Ebene mit Staaten wie etwa dem Iran. Die katholische Kirche wirkt daran mit, dass Homosexuelle verfolgt werden. Das wissen viele nicht. Oder lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Wenn ein katholischer Kindergarten eine lesbische Putzfrau hat, und diese dann eine gleichgeschlechtliche Ehe eingehen will, kann sie gekündigt werden. Das darf sonst kein anderes Unternehmen, schließlich gibt es ein Diskriminierungsgebot von Seiten des Gesetzgebers.
Hat denn die Meinung der katholischen Kirche immer noch ein so großes Gewicht in Deutschland?
Man sieht es ja in der Politik – Homosexuelle sind eben nicht gleichgestellt in Deutschland. Als der Papst noch Kardinal war, nannte er die Zustimmung zu den Gleichstellungsgesetzen Mithilfe bei der „Legalisierung des Bösen.“
Was ist bei der heutigen Demonstration wichtig?
Wichtig ist, dass es kein Protest gegen Religion sein soll. Wir haben in unserem Bündnis auch gläubige Menschen und uns stört diese Diskrepanz zwischen Glaubenden und Amtsträgern. Darauf wollen wir heute hinweisen, und zwar friedlich und fröhlich. Dazu ist jeder herzlich eingeladen.
''Demonstration „Der Papst kommt!“ Start am 22. September 2011 um 16.00 Uhr am Potsdamer Platz.''
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Illustrationen: (cc)ekai/flickr; Video: (cc)Berliner Morgenpost/YouTube