Der Boom der Europa-Diplome
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sarah elsing0,8% des EU-Haushaltes und trotzdem bei allen Studenten bekannt: Erasmus. Jenseits seiner Vorreiterfunktion hat es sein Ziel schon fast erreicht: Die Bildungspolitik der EU nimmt Formen an.
Die Bildungspolitik der Europaeischen Union schreitet mit großen Schritten voran. Öffentliche wie private Initiativen schießen aus dem Boden, ziehen großes Interesse auf sich und erhalten Fördermittel aus allen Ecken des Kontinents. In den Universitäten werden Europa-Studiengänge eingerichtet, die sich am Modell des Collège d’Europe in Brügge orientieren, die Hochschulen der Mitgliedsländer kooperieren verstärkt miteinander oder gründen gar gemeinsame Studiengänge.
In Brügge Europa denken
Die Gründer des Collège d’Europe in Brügge wünschten sich 1949 eine rein europäische Hochschule, die eine neue Generation von jungen Europäern hervorbringen sollte, mit einer Vision, die den gesamten Kontinent umfasst. „Die Studenten des Collège d’Europe erdenken Europa“, bestätigt Robert Dresen, Proketmanager in der Entwicklungsabteilung des Instituts. „Ich glaube, dies ist die erste europäische Bildungseinrichtung und zusätzlich die erste rein europäische Hochschule, die eine Zweigstelle in Osteuropa (1994 im Warschauer Vorort Natolin [Anm. d. Red.]) aufgebaut hat.“ Mit der regelmäßigen, festen Unterstützung der Europäischen Union, der flämischen Gemeinde Belgiens, aber auch der nationalen Regierungen, die jedes Jahr Stipendien für ihre Studenten in Brügge oder Natolin ausschreiben, konnte das Collège d’Europe sehr schnell einen exzellenten Ruf im Bereich sozialwissenschaftlicher Europastudien (Politikwissenschaften, Wirtschaft, Recht) erwerben. Neben dem Erwerb eines Masters in Europastudien wird eine Vorbereitung auf das Auswahlverfahren für die EU-Institutionen angeboten. 26% der Absolventen bestanden 2004 den Eingangstest, der ihnen die Arbeit in der EU-Verwaltung ermöglicht. Zahlreiche Ehemalige der Einrichtung sind für verschiedene europäische Lobbies in Brüssel oder anderswo tätig. Kurz, das Collège d’Europe ist quasi ein Muß für diejenigen, deren Wunsch es ist, auf institutioneller Ebene Europas Zukunft mitzuformen.
Was unterschiedet die Ausbildung am Collège d’Europe von anderen Europastudiengängen, die zahlreiche Universitäten anbieten? „Die Qualität der Professoren“, antwortet Robert Dresen ohne zu zögern. „Sie sind Experten aus ganz Europa. Außerdem ist die Atmosphäre, die unter den Studenten in dieser kleinen Stadt Brügge herrscht, einfach einmalig.“ Die Studentenschaft des Collège d’Europe ist tatsächlich eine Miniaturform der europäischen Gesellschaft, schließlich orientiert sich die Zahl der Lernenden aus einem Land an dessen Bevölkerungsanteil in der EU.
Erasmus Mundus: 250 Masters in fünf Jahren
Eine andere Möglichkeit, eine europäische Ausbildung zu erlangen, ist wahrscheinlich die Anhäufung von Studienaufenthalten in verschiedenen Mitgliedsländern der EU. Dies ist die Philosophie des Erasmus-Programms und des Programms Erasmus.Mundus, das gerade von der europäischen Bildungskommissarin Vivian Reding eingerichtet wurde. Das Budget für Bildung beträgt heute nur 800 Millionen Euro, das sind 0,8% des Gesamthaushaltes des Europäischen Gemeinschaft. Eine Summe, die Viviane Reding gerne erhöhen würde. Besonders, um die Mittel des Erasmusprogramms, das bekannteste Förderprogramm in Europa, zu erhöhen. „Wir würden gern bis 2010 die Zahl von 3 Millionen Erasmusstudenten (seit 1987 haben 1 Millionen teilgenommen [Anm. d. Red.]) erreichen“, erklärt Frédéric Vincent, Sprecher der Abteilung für Bildung und Kultur der Europäischen Kommission.
Von September 2004 an soll beispielsweise das Programm Erasmus Mundus die Kooperation und Integration der europäischen Universitäten fördern und die Schaffung gemeinsamer Masterstudiengänge anregen. Diese Diplome sollen von einem eigens eingerichteten Komitee das Siegel „Erasmus Mundus“ erhalten, wenn drei Universitäten aus drei verschiedenen Ländern einen gemeinsamen Studienweg anbieten. Die Studenten müssen also ihr Studium in mindestens drei Ländern der EU absolvieren. Diese Einrichtung wurde inspiriert von bewährten privaten Initiativen, die seit schon mehr als 30 Jahren existieren. So zum Beispiel die Ausbildung ESCAP-AEP in drei europäischen Ländern, oder der CEMS Master, das gemeinsame Diplom angesehener europäischer Wirtschaftsschulen (darunter die Universitäten Bocconi und Köln, UC Louvain und HEC Paris).
Um die europäische Mobilität zusätzlich zu erhöhen, wird das Programm die Lesbarkeit der europäischen Hochschulzeugnisse für Drittländer erhöhen, so hoffen es jedenfalls seine Fürsprecher. Dem Programm wurde ein Budget von 230 Milloinen Euro für 2004-2008 zugesprochen. Es soll nach den Berechnungen der Europäischen Kommission 5000 Studenten aus Nichtmitgliedsländern anziehen.(1)
Der Bologna-Prozess läuft an
Der Bologna-Prozess, der vor allem auf die Einführung von vergleichbaren Notensystemen und Bachelor- und Masterstudiengängen abzielt, soll europäischen Studenten ermöglichen, in einem Land ihr Studium zu beginnen und es in einem anderen abzuschließen, oder wenigstens die gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen zu gewährleisten. „Es ist unbestreitbar, dass das Europa der Bildung Formen annimmt.“, betont Frédéric Vincent. „Und das beschränkt sich keinesfalls auf die EU: Drittländer nehmen an dem Prozess teil. Mit den zukünftigen Mitgliedern arbeiten wir zum Beispiel schon seit zwei Jahren im Rahmen des Ministerrats für Bildung zusammen!“
Im Bereich der Bildungspolitik haben es die europäischen Institutionen geschafft, ein gesamteuropäisches Interesse zu verwirklichen. Was die europäische Hochschulpolitik angeht, so lässt sich also durchaus sagen: Europa funktioniert!
(1) Die Erasmus Mundus Studenten erhalten ein monatliches Stipendium von 1.600 Euro pro Monat (plus 4.000 Euro zur Abdeckung von Studiengebühren und Reisekosten)
Translated from L’Europe de l’éducation prend forme