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Der Bär zieht nach China: Berlinale-Preisträger 2014

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Berlin

Die Jury hat ent­schie­den: Seit ges­tern Abend ste­hen die Preis­trä­ger der 64. In­ter­na­tio­na­len Film­fest­spie­le Ber­lin fest. Der große Ge­win­n­er­film heißt Bai Ri Yan Huo (2014) und kommt aus China. Aber auch Wes An­der­son, Alain Res­nais, Lou Ye und Ri­chard Lin­kla­ter durf­ten eine Tro­phäe schwen­ken. 

End­lich hat das Zit­tern bei der Ber­li­na­le ein Ende: Die Bären wur­den ver­lie­hen, die Jury ist zu­frie­den, die Preis­trä­ger lie­gen sich in den Armen und das Pu­bli­kum freut sich so­wie­so. Bei der gro­ßen Ab­schluss­ga­la am 15. Fe­bru­ar im Ber­li­na­le Pa­last kris­tal­li­sier­te sich schnell her­aus, dass die Mit­glie­der der in­ter­na­tio­na­len Jury so­wohl chi­ne­si­sche De­tek­tiv­ge­schich­ten als auch opu­len­te His­to­ri­en­ko­mö­den mögen, sich gerne mit Fa­mi­li­en­the­men aus­ein­an­der­set­zen und Asien ver­mehrt auf dem Schirm haben.

Der große Ge­win­ner der dies­jäh­ri­gen Ber­li­na­le ist Bai Ri Yan Huo (Black Coal, Thin Ice, 2014) des chi­ne­si­schen Re­gis­seurs Diao Yinan. Der ver­wor­re­ne, stel­len­wei­se un­glaub­lich ko­mi­sche film noir er­zählt von dem al­ko­hol­ab­hän­gi­gen Kri­mi­nal­kom­mis­sar Zhang Zilli, der erst Lei­chen­tei­le in einer Koh­le­fa­brik fin­det, sich dann in die Haupt­ver­däch­tige ver­liebt und erst Jahre spä­ter, als sein Ar­beits- und Pri­vat­le­ben ihn schon längst zum Psy­chowrack ge­macht haben, der grau­si­gen Wahr­heit hin­ter den Ver­bre­chen auf die Spur kommt. Für seine ein­dring­li­che, am Rande des Wahn­sinns os­zil­lie­ren­de Dar­stel­lung des Kom­mi­ssars Zhang er­hielt der chi­ne­si­sche Schau­spie­ler Liao Fan au­ßer­dem einen Sil­ber­nen Bären als bes­ter Schau­spie­ler.

Klei­ne Häu­ser und ein Grand Bu­da­pest Hotel

Auch das weib­li­che Pen­dant des Sil­ber­nen Bären für die bes­ten schau­spie­le­ri­sche Leis­tung ging die­ses Jahr nach Asien: Die Ja­pa­ne­rin Haru Kuro­ki, die in Chi­saii Ouchi (Das klei­ne Haus, 2013) von Yoji Yama­da die Rolle der jun­gen Haus­an­ge­stell­ten Taki über­nimmt, über­zeug­te die Jury durch ihre feine, zwi­schen Stil­le und Schwei­gen schwan­ken­de Spiel­wei­se. Der große Preis der Jury, eben­falls ein Sil­ber­ner Bär, geht die­ses Jahr al­ler­dings an ein gro­ßes Haus: Die wun­der­schön über­dreh­te Bil­der­welt von Wes An­der­sons The Grand Bu­da­pest Hotel (2013), mit dem die 64. Ber­li­na­le er­öff­net wurde, scheint der Jury gut ge­fal­len zu haben. Auch das Pu­bli­kum war von der Ge­schich­te um den schrul­li­gen Con­cier­ge Mon­sieur Gus­t­ave hin­ge­ris­sen - alle Fes­ti­val-Vor­füh­run­gen von The Grand Bu­da­pest Hotel waren in­ner­halb we­ni­ger Stun­den aus­ver­kauft. 

Zwei welt­be­rühm­te Fil­me­ma­cher durf­ten sich eben­falls über eine Aus­zeich­nung freu­en: Der Ame­ri­ka­ner Ri­chard Lin­kla­ter be­ein­druck­te die Trup­pe um James Scha­mus mit sei­ner Kind­heits­er­zäh­lung Boyhood (2013) und er­hielt den heiß­be­gehr­ten Sil­ber­nen Bären für die beste Regie. Sein Spiel­film­pro­jekt be­glei­tet den Jun­gen Mason aus Aus­tin von der Wiege bis zum Col­le­ge -  über viele Jahre hin­weg und mit den immer glei­chen Schau­spie­lern, die ganz na­tür­lich al­tern und dem Film so eine au­ßer­ge­wöhn­lich na­tür­li­che Note ver­lei­hen. Der Fran­zo­se Alain Res­nais hin­ge­gen er­öff­n­e, so die Mei­nung der Jury, mit Aimer, boire et chan­ter (Life of Riley, 2013) ganz neue Per­spek­ti­ven für das Me­di­um Kino und wurde dafür mit dem Al­fred-Bau­er-Preis aus­ge­zeich­net. 

noch­mal china und ein­mal deutsch­land

Wer nicht noch ein­mal mit China ge­rech­net hatte, wurde über­rascht: Der Sil­ber­ne Bär für eine her­aus­ra­gen­de künst­le­ri­sche Leis­tung geht in die­sem Jahr eben­falls ins Reich der Mitte: Zeng Jians ei­gen­wil­li­ge Ka­me­ra­füh­rung Tui Na (Blind Mas­sa­ge, 2013), unter der Regie von Lou Ye, be­geis­ter­te die in­ter­na­tio­na­le Jury, die den Chi­ne­sen für seine be­ein­dru­cken­den Bil­der aus­zeich­ne­te, die uns die Welt der Blin­den auf ganz be­son­ders sinn­li­che Weise näher brin­gen. So müs­sen fast alle Bären in die Ferne zie­hen und nur einer bleibt in Deutsch­land: Der Sil­ber­ne Bär für das beste Dreh­buch geht in die­sem Jahr an Anna und Diet­rich Brüg­ge­mann, die in Kreuz­weg (2013) die See­len­pein der jun­gen Maria er­for­schen, die in zwei dia­me­tral ent­ge­gen­ge­setz­ten Wel­ten auf­wächst: in der Schu­le ein fröh­li­cher Teen­ager, zu Hause eine streng gläu­bi­ge Ka­tho­li­kin. Dass die­ser Le­bens­ent­wurf vor Kon­flik­ten nur so strotzt, ist of­fen­sicht­lich und wird von Anna und Diet­rich Brüg­ge­mann in ein­fühl­sa­men Sze­nen, die sich an den 14 Sta­tio­nen des Kreuz­wegs Jesu ori­en­tie­ren, nach­er­zählt. 

Da der größ­te Rum­mel und das schlimms­te Herz­klop­fen nun vor­bei sind, bleibt Jury, Film­schaf­fen­den und Pu­bli­kum am heu­ti­gen Ber­li­na­le Ki­no­tag ei­gen­tlich nur eins: ins Kino zu gehen und den Film an­zu­schau­en, den man die letz­ten zehn Tage ein­fach immer ver­passt hat. Auch die Fes­ti­val­lei­tung darf sich freu­en: Mit über 330.000 ver­kauf­ten Ein­tritts­kar­ten wurde die­ses Jahr der Zu­schau­er­re­kord bei den 64. In­ter­na­tio­na­len Film­fest­spie­len in Ber­lin er­neut ge­bro­chen. 

CA­FE­BA­BEL BER­LIN BEI DER 64. BER­LI­NA­LE

Wir lie­ben Filme! Un­se­re täg­li­chen Up­dates be­kommt ihr di­rekt hier im Ma­ga­zin oder über Ber­lin.​Babel.​Blog und @Ca­fe­ba­bel­Ber­lin. Kri­ti­ken aller aus­ge­zeich­ne­ten Filme fol­gen in Kürze. Alle Preis­trä­ger der in­ter­na­tio­na­len sowie aller wei­te­ren Jurys kön­nen auf der Ber­li­na­le-Web­site nach­ge­le­sen wer­den.