Denkt Europäisch!
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Grußwort von Bascha Mika, Chefredakteurin der „Taz“, zum Start der deutschen Ausgabe von „café babel“.
Bei der Sommerakademie einer deutschen Regierungspartei diskutierten in den letzten heißen Tagen dieses Jahres Jugendliche und junge Erwachsene aus verschiedenen europäischen Ländern, ausgestattet mit besten Sprachkenntnissen, über die EU. Der Konvent hatte gerade seinen Entwurf für die erste Verfassung der Union verabschiedet und so war die Stimmung entsprechend gut. Die jungen Leute, überwiegend Studenten, sprachen von ihrer "Heimat Europa", in der sie sich problemlos bewegen würden.
Es gab nur ein, nein zwei Probleme: Als sie gefragt wurden, was Europa im Innersten zusammenhält, was denn nun wirkliche europäische Werte seien, blieben sie eine Antwort schuldig. Und als man begann, über die konkreten Inhalte der Verfassung zu debattieren, meinte man ihre Väter und Mütter sprechen zu hören. Den Franzosen erschien die EU als zu wenig sozial, die Britin beklagte eine zu große Brüsseler Regelungswut in sozialen Fragen. Der Ire kritisierte die Militarisierung der EU, die
Deutsche forderte eine effektive Außen- und Sicherheitspolitik.
Und so zeigte sich selbst bei diesen "überzeugten Europäern" das wohl grundsätzlichste Problem einer Politik, die in wenigen Monaten für 25 Staaten bestimmend sein wird: EU-Entscheidungen werden immer noch in erster Linie unter dem nationalen Blickwinkel gesehen. Und obwohl wir davon überzeugt sind, dass es keine Alternative zu einer wirtschaftlichen und politischen Union gibt, fällt es uns schwer zu sagen, was originär europäische Ziele sind.
Europa: Ein Café Babel
Daher ist es gut, dass es café babel gibt. Nicht nur, weil sich Ihr Online-Magazin nahezu ausschließlich auf europäische Themen konzentriert. Sondern vor allem, weil es diese Themen von Autorinnen und Autoren aus verschiedenen europäischen Ländern behandeln lässt. Und die einen AutorInnen auf die anderen reagieren. So erfahren wir, was die Skandinavier an der EU-Verfassung stört, und was die Polen davon halten. Es entsteht ein vielfältiges Spektrum nationaler Sichtweisen und erst dies schafft die Voraussetzung für eine wirklich europäische Diskussion.
Ein nicht zu unterschätzendes Hindernis für diese europäische Diskussion ist die Tatsache, dass Europa eben tatsächlich ein Café Babel ist. Dass wir im Unterschied zu den USA keine gemeinsame Sprache sprechen. Obwohl der Sprachunterricht an den Schulen immer mehr ausgeweitet wird, fällt es den allermeisten doch schwer, in einer fremden Sprache zu diskutieren. Daher ist es gut, dass es café babel jetzt nicht nur in einer englischen, französischen und italienischen, sondern auch in einer deutschen Ausgabe gibt. Und vielleicht folgt ja bald auch eine polnische. Wir wünschen viel Erfolg!