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„Deine Entscheidung“ - Wirksame Werbekampagne für die Europawahlen?

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Katha Kloss

Am 17. März hat die Europäische Kommission ihre Kommunikationskampagne für die Europawahlen im Juni 2009 lanciert. Die deutsche Agentur, die die Kampagne entworfen hat, hat zum allerersten Mal in der Geschichte der EU Elemente einer konkreten Politik in den Vordergrund gestellt. „Deine Entscheidung“!

Heute Morgen ist mir zum ersten Mal die von den Kommunikationsgurus der Wiertzstraat, einer Hauptachse des Brüsseler Europaviertels, entworfene Werbekampagne aufgefallen, die den Unionsbürger davon überzeugen soll zu den Europawahlen zu gehen. Große blaue Plakate wurden an den Fenstern angebracht, die vom Luxemburgplein aus, Mekka für den Feierabend-Aperitif, zu sehen sind. In 10 Sprachen kann man darauf folgenden Slogan lesen: « It’s your choice », « A vous de choisir », « Usa il tuo voto ». Zu den anderen Sprachen kann ich mir keinen Kommentar erlauben, aber für diese drei möchte ich die absolute Zwecklosigkeit und die Kehrseite der Nachricht hervorheben.

Es gibt keine wirklichen Entscheidungsmöglichkeiten

Gleich mal zu Beginn: Jedermann weiß, dass es keinen wirklichen „choice“ gibt. Im Juni können wir uns nicht für Obama oder McCain „entscheiden“, für Berlusconi oder Veltroni, für Ségolène oder Sarkozy. Der angebotene „choice“ ist zwischen obskuren politischen Programmen und Persönlichkeiten zu machen, die wahrscheinlich schon vor dem Ende ihres Mandats das Handtuch geworfen haben werden, da sie sich entschlossen haben (im wahrhaftigen Sinne des Wortes) anderswo neue Aufgaben in Angriff zu nehmen. Und wir sprechen hier von Personen, die vordergründig für ihre Fähigkeit ausgewählt wurden, sich die Macht untereinander aufzuteilen. Denn im Europaparlament hat es nie ein Modell à la Westminster gegeben, das zwischen Mehrheit und Opposition unterscheidet.

©Europaparlament

« A vous de choisir » [Die Entscheidung liegt bei Euch], der französische Wortlaut erinnert nicht nur an einen billigen Casino-Slogan, sondern vermittelt auch eine bestimmte intellektuelle Unehrlichkeit. Man kann sagen, was man will, aber nicht das; nicht, dass die zukünftigen Abgeordneten des Europaparlaments im Zuge der Europawahlen tatsächlich „gewählt“ werden: Mit Hilfe eines Systems blockierter Listen und bereits im Voraus absehbaren Stimmgewichtungen, scheint die größte Sorge des europäischen Systems eher die zu sein, die Wahlmöglichkeiten auf ein Minimum zu reduzieren und, zumindest in den meisten Ländern, den europäischen Wahlmoment in eine simple Ratifizierung von bereits vorgekauten Entscheidungen zu verwandeln.

Das italienische « Usa il tuo voto » [Nutze Deine Wählerstimme] ist ein ziemlich trauriger Slogan, der im Italienischen nur selten verwendet wird. Wenn meine Bank mir sagen würde „Benutze Deine Kreditkarte“, würde ich mir vorher gründlich überlegen, ob ich diesem Quasi-Befehl Folge leisten möchte. Und davon mal abgesehen kann man eine Wählerstimme nicht „nutzen“. Man kann sein Wahlrecht wahrnehmen, seine Wählerstimme abgeben oder sich der Wahl enthalten - aber „nutzen“ kann man sie nicht. Und deshalb weiß ich auch noch nicht, ob ich meine Stimme zu den Europawahlen im Juni tatsächlich „nutzen“ möchte.

Nicola Dell Arciprete ist Mitgründer und Präsident von Babel International, Herausgeber von cafebabel.com.

Translated from No all’ipocrisia nella Campagna per le Europee: «Non c’è scelta»