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DAS LEBEN ON-LINE.

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Als ich noch Student an der Universität war, habe ich oft gedacht Kulturjournalist, zu werden. In der Zeit war Internet noch eine Sache für „Nerds“ und „Social Network“ einfach ein Fremdwort.

Ich hab Geschichte und Archäologie studiert, ich erinnere eine Zeit, in der mein Leben ohne Handy möglich war. Die heutige Schnelligkeit winkte nur am Horizont, demgegenüber stand eine „ruhige Realität“, die jetzt nur noch ein vergangenes Lebensbild darstellt. Was hat sich wirklich die Erfindung des Internets verändert, und zwar nicht nur in der Arbeit der Journalisten, sondern auch in unserem Leben? Was ist der Unterschied zwischen gestern und heute? Papier und Online Information?

Heute ist unser Alltag ohne Internet undenkbar, genauso wie unsere Gewohnheiten. „Informiert zu bleiben“, ist mittlerweile total anders gemacht, als in meinen Neunziger Jahren. Zunächst lese ich -im Gegensatz zu meiner Vergangenheit- heutzutage Zeitungen fast nur noch im Internet. Die Zeit zu überlegen ist sehr gering, ich finde es großartig, wenn ich ohne großen Papierkram auf dem Weg zur Arbeit, im Zug oder in einem Flugzeug immer informiert bleibe. Dutzende Male am Tag passiert es, ich bin immer und sofort Online. Ist das „Lesen“ aber gleichbedeutend mit „sich informieren“? Diese Frage wurde in den letzten Jahren sehr debattiert.

Das Internet bietet ständig aktualisierte Nachrichten, Details von irgendwelchen Themen werden ohne zusätzliche Kosten, auch in den Ungenauigkeiten korrigiert. Bereits gedrucktes Papier, kann nicht mehr bearbeitet werden. Archive, "Related Content", alles Schlüsselwörter um tiefer zu recherchieren, sind rund um die Uhr verfügbar. All „meine Artikel“ dann, ob alt oder neu, sind zurück verfolgbar, jederzeit und überall, vorausgesetzt, dass sie gut klassifiziert sind. Was in den letzten Jahren auch total neu entstanden ist, ist die Fähigkeit des Benutzers bzw. des Lesers, sich aktiv an der Ausarbeitung der vorgeschlagenen Inhalte und ihren Anmerkungen zu äußern, sie zu ändern, miteinander zu kommunizieren oder zu veröffentlichen. Der größte Unterschied liegt genau in den ungeheuerlichen Möglichkeiten, Informationen zu suchen und dies immer schneller.

Diese neue Welle der Kommunikation „peer to peer“ hat auch viele Nachteile. Die Zeitungen waren von Anfang an mit der Wirtschaft oder der Politik verbunden: alles durch die Rubrik Anzeigen, Stellenmarkt, Gebrauchtwagenmarkt, Immobilien, Mietwohnungen und Ferienunterkünfte. Als bezahlte Kleinanzeigen machen sie die finanzielle Basis der Zeitungen aus. Die Werbung ist oft so platziert, dass das Lesen von Pop-ups blockiert ist und somit, komplette Inhalte nur erreichbar sind, wenn die Leser abonniert werden, um die Zeitungen auf Papier weiter zu finanzieren. Die Informationen sind zu viel, oft oberflächlich, wir haben keine Zeit mehr die Inhalte zu bearbeiten, um uns als Leser unsere eigene Meinung bilden zu können.

Die Journalistin und Schriftstellerin Jeanette Hagen hat letztens in einem Artikel über das Thema berichtet: „Ich habe mir vor 15 Jahren geschworen, als Journalistin niemals im Tagesgeschäft zu arbeiten. […] Jetzt habe ich den Eindruck, dass das nicht mehr möglich ist. Dass das ganze Leben sich plötzlich wie die Arbeit in einer Zeitungs- oder Nachrichtenredaktion anfühlt. Dass sich das Rad immer schneller und noch schneller dreht“. Was meinte sie genau damit? Heute entsteht immer mehr der Eindruck, dass es gar nicht mehr darum geht, gemeinsam im Diskurs die Lösungen unserer Probleme zu finden. „ Die Meisten“, schreibt die Autorin, „ flattern herum wie eine Taube, die einen absetzt, um gleich darauf zum nächsten Ast zu fliegen, von dem aus es sich auch prima kacken lässt“. Man liest schnell, sieht oder hört nicht mehr um zu verstehen, sondern um sofort zu antworten oder um Recht zu haben. Wie könnten wir mit diesem Konzept nicht einverstanden sein?