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Das Aalborg-Modell: Studieren mit Zukunft in Dänemark

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Die Universität im dänischen Aalborg wurde 1974 gegründet, um einen alternativen Unterrichtsstil zu entwickeln: Statt frontaler Vorlesungen steht im hohen Norden „problem-based learning“ auf dem Programm.

Zurzeit arbeiten Marcus aus Deutschland, Christian aus Dänemark sowie Kazimieras und Gediminas aus Lettland an der Problemformulierung ihrer Projektarbeit für das Studienfach „GPS Technology“. Sie wollen die Genauigkeit der Positionsbestimmung mittels des Navigationssystems GPS verbessern, sind sich aber noch nicht einig, auf welchem Anwendungsgebiet. Für den Rest des Semesters werden sie sich permanent mit diesem Thema beschäftigen. Wie sie arbeiten alle Studierenden der Universität Aalborg nach den ersten sechs Wochen des Semesters, in denen ihnen in Vorlesungen und Seminaren Grundlagenwissen vermittelt wird, in Projektgruppen an einem studienrelevanten Thema, das sie in den meisten Fällen selber ausgesucht haben. Sie bearbeiten Theorien und entwickeln, je nach Studienfach, praktische Lösungen. Dabei werden die Studierenden von einem Dozenten betreut, der ihnen beim Ordnen ihrer Gedanken helfen soll. Diese Projektarbeit, die auf dem „problem-based learning“ basiert, bildet den Schwerpunkt des Unterrichts.

Synergien

Die Studierenden sollen in die Lage gebracht werden, von Anfang an erworbenes Theoriewissen in die Praxis umsetzen. Dadurch werden sie besser als andere Studierenden auf die Arbeitswelt vorbereitet. Die Studentin Maria Fosnæs ist sich sicher: „Das Team erarbeitet ein Ergebnis, das besser ist, als die einzelne Arbeit der Gruppenmitglieder.“ Auch der individuelle Lerneffekt ist größer: „Man erinnert sich an das, was man in einer Projektarbeit gelernt hat, viel besser als an Vorlesungen. Ich erinnere mich an alle Projekte, die ich vor 20 Jahren geschrieben habe“, so Poul Thøis Madsen, Associate Professor für europäische ökonomische Integration an der Universität Aalborg, der auch sein Studium dort absolviert hat.

Zudem fungiert die Projektgruppe als sicheres soziales Umfeld, das den Studierenden das Gefühl gibt, mit ihren akademischen Problemen nicht allein gelassen zu werden. Dadurch brechen weniger Studierende ihr Studium ab. Durch den Umfang der Projekte können vor allem in den Naturwissenschaften reale Probleme gelöst werden. Dies hat zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Universität und den zahlreichen Industriebetrieben geführt, die sich in ihrer Nähe angesiedelt haben. Ingenieure der Universität Aalborg können dadurch besser auf dem Arbeitsmarkt vermittelt werden als jene anderer dänischen Universitäten.

Doch es können sich auch Probleme aus dem Aalborg-Modell ergeben: Neben der Gefahr einer zu großen Spezialisierung sind es vor allem Auseinandersetzungen über Inhalte der Projekte und unterschiedliche Wissenslevels, die das Leben der Studierenden erschweren können. Doch auch hier sieht Poul Thøis Madsen einen Vorteil: „Irgendwie ist das ein früher Einstieg in das reale Leben!“

Wenig Verbreitung in Europa

Trotz positiver Bewertungen bilden Universitäten, an denen ähnlich wie in Aalborg unterrichtet wird, in Europa eine Ausnahme. Problembasiertes Lernen unter dem Namen „Mendeberri“ steht im Mittelpunkt der Mondragón Unibertsitatea im spanischen Baskenland. Ziel ist es, für eine optimale persönliche und professionelle Entwicklung der Studierenden zu sorgen. Die Unterrichtsmethode der niederländischenUniversiteit Maastricht basiert ebenfalls auf problembasiertem Lernen. Wie in Aalborg fühlen sich Studierende der Universität Maastricht besser auf die Arbeitswelt vorbereitet als Studierende anderer Universitäten.

Das 2002 an der Universität Aalborg eingerichtete Unesco Centre for Problem Based Learning (UCPBL) soll dazu beitragen, weltweit die Anwendung von problembasiertem Lernen an Universitäten zu fördern. Kontakte bestehen derzeit allerdings vor allem zum außereuropäischen Raum, etwa zum Olin College of Engineering in Needham, MA, in den USA und zur Central University of Technology in Südafrika.