critic.de: Berliner Debütanten
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Das Team von critic.de premierenkino holt Jahr für Jahr unbekannte Kinoproduktionen aus der ganzen Welt in die deutsche Hauptstadt.
Sie sind Kinofreaks, Idealisten mit einer Mission: Internationale Filme auf die große Leinwand holen, die keinen Verleiher gefunden haben und deswegen höchstens auf kleinen Festivals zu sehen sind. Vor zwei Jahren kamen sie - rund zwanzig zumeist Film- oder Medienstudenten - auf die Idee, ein Projekt mit dem Namen debut ins Leben zu rufen. Debut ist mehr als eine simple Filmreihe, von denen es in Berlin wimmelt: Darum heißt es "das critic.de premierenkino" im Nachsatz.
(Foto: Romy Straßenburg)
critic.de - Filmkritiken im Netz
Die Website critic.de, auf der jede Woche aktuelle Kinofilme, DVD-Neuerscheinungen, alte Klassiker und aktuelle Festivals besprochen werden, hat sich in Deutschland einen Namen gemacht. Der Betreiber und Chefredakteur des Magazins, Frédéric Jaeger, ist gleichzeitig Leiter der debut-Programmgruppe: "Mit critic.de wollen wir dem Leser etwas bieten, das über die üblichen deutschen Filmkritiken hinausgeht. Wir bewerten nicht nur die Handlung und Schauspieler, sondern begreifen den Film als ein Ganzes, mit historischen, gesellschaftlichen und filmischen Kontexten." Er selbst liest Filmkritiken am liebsten im Anschluss an den Film, um diesen 'unschuldig' auf sich wirken zu lassen. Für die Filmauswahl der ersten Saison von debut haben er und seine Mitstreiter bisher mehr als 120 Filme geschaut, von denen vier gezeigt wurden.
So wurden in der letzten Saison unter anderem der französische Film Les amants réguliers von Philippe Garrel sowie das polarisierende Flandres des Franzosen Bruno Dumont oder auch The Soup, one morning des Japaners Izumi Takahashi nach Berlin geholt. Keine leichte Kost. Doch für die Macher von debut geht es nicht darum, den Zuschauern einen seichten Kinoabend zu bieten: "Wir wollen den Zuschauern Zeit und Raum geben, um die Filme wirken zu lassen. Deswegen gibt es im Anschluss stets eine Diskussion mit Fachleuten, Autoren von critic.de und - wenn es möglich - den Machern des Films", sagt Frédéric Jaeger. Er sieht sich als Handelsreisender in Sachen Film. Sein Team stößt auf unentdeckte Perlen, aber zugegebenermaßen auf ebenso viele schlechte Filme, die zu Recht nicht in die deutschen Kinos gelangt sind. Nach der Sommerpause geht debut in die zweite Runde. Wieder heißt es Festivals auswerten und Filmzeitschriften durchstöbern.
Großes Kino – kleines Budget
Durch ihre Arbeit hätten sie einen Überblick über die internationale Kinolandschaft bekommen, sagt Hannes, der aus der Schweiz kommt und seit einigen Jahre im Berliner Kino Babylon arbeitet, jenem Lichtspielhaus aus den Zwanzigern, in dem debut jeden ersten Mittwoch im Monat den roten Teppich ausrollt. "Es gibt eigentlich keine unentdeckten Filmländer mehr, wie es noch vor 20 Jahren der Fall war", glaubt er. Lukas hingegen schwört auf China, weil das Spektrum von Filmen so groß sei und die Qualität asiatischer Filme immer besser werde. Michael hat unzählige osteuropäische Filme gesichtet. Viele dieser Filme waren jedoch miserabel oder haben, wie der Cannes-Gewinner Vier Monate, drei Wochen und zwei Tage aus Rumänien bereits einen deutschen Verleiher. "Die europäische Filmlandschaft lebt nach wie vor von der großen Kino-Nation Frankreich", beteuert Frédéric.
Tatsächlich war die Hälfte der bisherigen debut-Auswahl aus Frankreich. Wie es mit den nächsten Filmen aussieht? Dazu wollten die Nachwuchs-Filmkritiker noch keine Auskunft geben. Zunächst werden zahlreiche neue Filme gesichtet. Bei einem Recherchetreffen in einem Berliner Café geht das Team eine Liste mit Filmen durch. Nach der Sichtung wird auf der Basis eines Punktesystems bewertet. Die Endauswahl wird dann vom gesamten Team angesehen, bevor die Verhandlungen mit den Weltvertrieben, die Pressearbeit, der Trailer-Dreh und die Arbeit an den Flyern beginnen können. Vor allem aber muss auf die endlose Suche nach Sponsoren gegangen werden, denn "das leidige Geld ist wohl das größte Problem, um eine Filmreihe zu realisieren", bedauert Frédéric. Die Arbeit von 20 Leuten hängt letztlich an der Frage, ob sie die tausend Euro zusammen bekommen, um die Ausleihe der Filmrollen bezahlen zu können. Aber Aufgeben gilt nicht für debutler.
Franziska Latell, Leiterin von debut, zu Kino-Freiräumen und Grenzen
Was zeichnet debut aus?
Mit der enormen Vielfalt an kleinen Festivals und Filmreihen in Berlin nimmt debut insofern einen besonderen Stellenwert ein, als dass sich die Filmreihe jeder thematischen Festlegung widersetzt. Das war von Anfang an Prinzip. Entgegen Länder- oder Genre-Festschreibungen sucht debut die wertvollsten Filme aus und bietet nach jeder Vorführung Gelegenheit zur Diskussion. Filme, die für ein französisches oder japanisches Kino stehen, die in Deutschland nicht zu sehen sind. Dabei ist es unser Bestreben, dass die Filme auch hier ein Publikum finden. Die Reihe versteht sich quasi als Motor.
Was sind die größten Hindernisse bei der Realisierung von debut gewesen?
Vor allem hatten wir viele Chancen. Wir alle arbeiten ehrenamtlich für dieses Projekt und sind zum großen Teil Studenten. Das hat uns von Beginn an viel Freiraum gelassen. Das ist vor allem in der Programmgestaltung zu spüren, da wir Grenzen selbst setzen können.
Was ist deine persönliche Motivation?
Wenn ich mich kurz fassen darf: Die Liebe fürs Kino.
Was hast du durch die Arbeit bei debut gelernt?
...wie teuer Portokosten sind. Nein, vor allem wie schön das Gefühl sein kann, andere für das Projekt zu begeistern und sich dabei immer wieder auch selbst vor Augen zu führen, dass man mit einer zu Beginn nur im Kopf stehenden Idee und Leidenschaft für die Sache vieles realisieren kann. Dass Hans Helmut Prinzler und Wim Wenders Schirmherren der Filmreihe geworden sind, zeigt, dass eben nichts unmöglich ist. Beiden danke ich sehr und hoffe, dass Herr Prinzler mit seiner Rede zur Eröffnung Recht behalten soll, und wir uns auch in einem Jahr noch bei debut sehen.