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Coucou, möchtest du meine Muschi sehen?

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Gesellschaft

Egal ob in Basecap und Baggys oder Anzug und Krawatte, von Paris bis Warschau scheinen den Straßenrand-Casanovas und ihren plumpen Anmachen keine Grenzen gesetzt. Panorama.

Frankreich: "Mademoiselle, du bist ja süss, willst du ein Pfefferminzeis?"

„Kuckuck, möchtest du meine Muschi sehen?“ Auf dem Tumblr hé mademoiseau erfinden fantasievolle Französinnen freche Antworten auf die Anmachsprüche der Straßenrand-Casanovas. Kreativ, aber vor allem der vielen ausgelutschten Kommentare müde, die sie täglich zu hören bekommen wegen ihres unglaublichen Affronts, mit zwei XX-Chromosomen geboren zu sein. Sie haben die Nase voll von „Ey Schätzchen, du bist ne Hübsche, lutschst du auch?“ und von den Po-Tatschern in der Metro.

Paris, Stadt der Liebe? Keine Chance! Die französische Hauptstadt ist voll dieser Straßenrand-Casanovas, die jederzeit bereit scheinen, einem den Tag zu vermiesen. Glaubt ihr nicht? Die Seiten Paye ta shnek und Vie de meuf veröffentlichen das Beste vom Schlimmsten dieser „Annäherungsversuche in städtischer Umgebung“. Lust, sich auch offline dagegen zu engagieren? Die Gruppe Rage de nuit (Nächtliche Wut) organisiert jedes Halbjahr nächtliche Märsche, um die Straße zurückzuerobern.

M. F.B

Italien: CIAO BELLISSIMA

„Es ist unglaublich: selbst Hand in Hand mit ihrer Freundin starren einen die italienischen Jungs auf der Straße an und oft genug pfeifen sie einem auch noch hinterher.“ So der Augenzeugenbericht einer spanischen Freundin nach einer Rom-Reise. Verblüfft von der Forschheit der mehr (oder weniger) attraktiven Italiener, war diese junge Baskin beinahe fasziniert von der Heftigkeit, mit der man in den Straßen des Bel Paese „komplimentiert“ wird.

Für junge Italiener scheint es sich beinahe um eine Frage der Ehre zu handeln, der Unglücklichen (die sofort bereut, diese kleine Gasse für ihren Heimweg gewählt zu haben) mitzuteilen, wie charmant sie sei und was sie gerne mit ihr unternehmen würden – wobei es sich nicht gerade um Spaziergänge im Grünen handelt. Sie halten sich für furchtlose Casanovas, allerdings verfügen sie keinesfalls über die Eleganz des historischen Namensgebers und sind besonders kreativ im Erfinden von wenig katholischen Einladungen, die sich rasch als sexuelle Beleidigungen entpuppen, wenn man sie etwas genauer betrachtet.

V. N.

Polen « Made in heaven » 

Glücklicherweise sind die Annäherungsversuche auf den Warschauer Straßen meistens eher niedlich, zärtlich und etwas ungeschickt, denn unhöflich und sexistisch. Die Männer wetteifern in Erfindungskraft und Einfallsreichtum, um die Polinnen zu erobern. So kann ein hübsches Mädchen in Warschau auf der Straße auch mal kleine Perlen hören wie „Heißt du zufällig Google? Weil du all das bist, was ich gesucht habe“, oder auch „Hast du zufällig ein Wörterbuch? Weil du so hübsch bist, dass mir die Worte fehlen“.

Doch Vorsicht, das bedeutet nicht, dass man von Zeit zu Zeit nicht auch auf Wochenend-Dichter trifft, die sich zu einem „Oha, ich sehe das Etikett an deinem T-Shirt heraushängen – da steht Made in Heaven drauf“ hinreißen lassen. Angenehm dabei ist in jedem Fall, dass die polnischen jungen Männer nach einer Abfuhr nicht weiter nachbohren und das Mädchen in Ruhe lassen.

K. P.

Spanien: Machismus 1; Poesie 0

In Spanien scheint gerade eine Tradition verloren zu gehen, der sogenannte „piropo“. Der piropo? So nennen die Spanier den Einfallsreichtum, um die Aufmerksamkeit des Objekts der Begierde zu erlangen.

Der Straßenrand-Casanova der spanischen Straßen spielt sich also als großer Macker auf, denn schließlich kommt piropo vom Griechischen pyros, was Feuer bedeutet. Das ist dann so, als ob jemand im Vorbeigehen ein kleines Feuerwerk entzündet. Ganz großes Kino. Aber es gehört einiges Geschick zum piropo. Problematisch wird es, sobald manche Leute das Feuer auf alles eröffnen, was eben so vorbeigeht und damit den piropo in den Dreck des Machismus ziehen. Nach und nach verliert er so an Bedeutung und man vergisst, wozu er eigentlich erfunden wurde.

Die Länder mit mediterraner und arabischer Tradition sind natürlich die Meister im piropo, im Kalauern und in der Übertreibung. Und beim Vorbeigehen eines hübschen Mädchens ein „Warum fliegt ein Stern hier so tief vorbei?“ loszulassen ist ja nun per se kein Skandal. Der piropo erinnert uns daran, dass der Kampf um Gleichheit und der Respekt der Frauen mehr Poesie und weniger Plumpheit enthalten sollte.

M.T.

Deutschland: Aufschrei online

Vom Unternehmensleiter, der einer Kollegin von der Länge seines „besten Stückes“ erzählt, bis hin zum Typen, der fahrradfahrend auf der Straße einer Passantin an die Brüste grapscht – in Deutschland scheint alles möglich.

Doch die deutschen Frauen haben keien Lust mehr auf Alltagssexismus und berichten in kleinen Anekdoten auf der gleichnamigen Seite alltagssexismus.de über nervige Störenfriede auf dem Nachhauseweg. Die Seite wurde 2013 infolge der #aufschrei-Polemik um den „schlimmen Finger“ der FDP (Brüderle) und eine junge Journalistin, die gewagt hatte sein Verhalten öffentlich zu machen (Was um Himmels willen hatte sie um der Zeit an der Bar zu suchen?), lanciert.

Eine Lawine an Tweets und einen renommierten Onlinejournalismus-Preis für den genannten Hashtag #aufschrei später ist die Debatte über Alltagssexismus in der deutschen Gesellschaft von 2013 angekommen.

K. K.

Vereinigtes Königreich: Aus der echten in die virtuelle Realität

In den englischen Supermärkten tobt die Debatte über „Männermagazine“ und ob man deren sehr explizite Titelseiten verhüllen sollte. Die britischen Medien zeichnen sich traurigerweise durch ihre Praxis des „Slut-Shaming“ aus. Der Fernsehstar Simon Cowell schwängerte eine verheiratete Frau und nun wird über sie in allen Magazinen hergezogen.

Gleichzeitig sind jedoch auch viele Medien Teil des 2012 gegründeten Projekts Everyday sexism, das es Frauen, die Opfer sexueller Belästigung geworden sind, ermöglicht, ihre Erfahrungen online zu teilen. Dank des Projekts Guardian haben sich zudem die Anzeigen von Fällen sexueller Belästigung in öffentlichen Verkehrsmitteln vervierfacht. Die Initiative wurde von der britischen Verkehrspolizei gestartet und ist mit everyday sexism verbunden.

Manchmal gesellt sich der alltägliche Sexismus aber auch von der Straße auf die Computerbildschirme. So erhielten die Journalistinnen India Knight und Laurie Penny, die Abgeordnete Stella Creasy, die Historikerin Mary Beard und die Schriftstellerin Caroline Criado-Perey kürzlich Todesdrohungen auf Twitter.

N. S.

Translated from L'insoutenable lourdeur de l'être