Charlie Hebdo: Weiter heiter gegen Hetzer
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Katha Kloss"Charlie muss ein Instrument zum Kampf gegen die Blödheit sein. Davon abgesehen sind wir gegen alles."
Ich habe nur selten Charlie Hebdo gelesen. Wie alle Journalismus-Studenten meiner Generation habe ich aber bestimmt mal absichtlich ein Heft auf dem Tisch der Uni rumliegen lassen, um zu zeigen, dass ich eins habe. Um nicht ganz doof dazustehen eben. Einerseits hatte dieser Humor immer einen superspießigen Anstrich - es waren Witze, die eigentlich niemand bringt und die man sich sicherlich in irgendwelchen hinterweltlerischen Kaschemmen bei einem Glas Suze [in etwa 'Herrengedeck'] erzählte. Außerdem fand ich die Karikaturen auch schlecht gezeichnet. Kurz und gut, wenn ich Charlie aufschlug, ließ mich das ungute Gefühl nicht los, mich in einer Welt wiederzufinden, in der ein ausgemachter Dussel eine Sitzung mit einer Herde Schafsköpfe einberufen hatte, die sich dann über allem, was guten Geschmack ausmacht, übergeben.
Aber Charlie lässt sich auch erklären. Oft hatte man mir am Tisch, aber auch in Büchern erklärt, dass ich genau dort, wo ich Risenschweinereien sah, auch eine ganz eigene Form der Eleganz ausmachen konnte. Dank Charlie und den Menschen, die Charlie vor mir gelesen haben, wurde ich zu schlechtem Geschmack, zu Respektlosigkeit, zu Unverfrorenheit erzogen. Als ein Kolporteur namens George Bernier alias Professor Choron, in den 1950er Jahren in der Satire-Redaktion von Zero auf ein unverstandenes literarisches Genie traf, ward die Idee zu Hara-Kiri geboren, das man als "albern-böse" Satirezeitschrift in Erinnerung behält. Der Tenor war vor allem folgender: sich, koste es was es wolle, gegen die Blödheit erheben.
Über die Figur des Spießers, des Machos, Rassisten, Alkoholikers, Homohassers, Angsthasen, Hässlichen hinaus... über schwarz, weiß, beurre, muslimisch, christlich, jüdisch, buddhistisch hinaus: Charlie Hebdo, das aus einem Verbot von Hara-Kiri hervorging, bleibt eine großartige Festung gegen geballte Blödheit. Die Karikaturen von Cabu, Charb, Tignous, Honoré und Wolinski, oft mit erhobenen Händen gezeichnet, müssen immer mehrere Leseniveaus enthalten und einem Prinzip gehorchen: den Ruf der Dummen zu beflecken. Zum ersten Geburtstag des wiedergeborenen Titels sagte der damalige Chefredakteur Philippe Val 1993: "Charlie Hebdo ist eine Résistance-Zeitung. Résistance gegenüber der Barbarei und dem Kitsch." In Bezug auf Querelen innerhalb der Zeitschrift gab Karikaturist Luz zu verstehen: "Charlie muss ein Instrument zum Kampf gegen die Blödheit sein. Davon abgesehen sind wir gegen alles."
Schlecht gezeichnet, mit dümmlichen Spießerfloskeln und nach Suze stinkend, werden die Terroristen vom letzten Mittwoch in der nächsten Ausgabe am kommenden Mittwoch vor allem eins sein: zwei riesengroße Blödmänner.
Translated from Charlie Hebdo : un combat hilare contre la connerie