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Charlie Hebdo macht’s jetzt auch auf Deutsch

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Politik

Das französische Satiremagazin Charlie Hebdo erscheint ab 1. Dezember auch auf Deutsch. Müssen wir Deutschen vor unserer Humorlosigkeit gerettet werden, oder was genau ist der Grund, dass sich die Franzosen nicht für den viel größeren englischsprachigen Absatzmarkt interessieren? Und sind Witze übersetzbar?

Wir Deutschen haben keinen Humor. Wir sind uns dieses Vorurteils bewusst - und die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo offenbar auch. Deswegen machen sie uns ein frühes Weihnachtsgeschenk: Ab dem 1. Dezember 2016 ist die bekannte französische Zeitung bei uns auch auf Deutsch erhältlich.

Nach den Anschlägen auf das Satireblatt im Januar 2015 hätten die Deutschen die größte Solidarität gezeigt. „In Deutschland hatte die 'Nummer der Überlebenden', die eine Woche nach den Attentaten erschien, mit 70.000 verkauften Exemplaren den größten Zuspruch“, schreibt Charlie Hebdo in seinem Facebook-Post zum Deutschland-Launch. Die Karikaturisten von Charlie Hebdo wurden häufig zu Veranstaltungen in Deutschland eingeladen. Ein reger Austausch entstand.

Die Chefredakteurin der deutschsprachigen Redaktion, eine Deutsche, die unter dem Pseudonym Minka publiziert, fügt hinzu: „Man sieht auch, dass die Bemühung um gute deutsch-französische Beziehungen seine Wirkung nicht verfehlt hat! Auch wenn diese immer sehr institutionell waren. Offenbar sind die Deutschen den Franzosen emotional doch näher gekommen. Es fühlte sich fast so an, als seien sie selbst getroffen worden, von dem was in Paris passiert ist - nicht nur während der Anschläge auf Charlie Hebdo, sondern auch danach.“ 

Und das Mitfiebern im Nachbarland ist längst nicht alles. „In Deutschland wurde die Debatte um Pressefreiheit am leidenschaftlichsten geführt“, erklärt Minka. Sie ist überzeugt davon, dass Deutschland ein deutsches Charlie braucht: „In Zeiten, wo nur noch von der Lügenpresse die Rede ist, wird es gut tun, einen frischen Blick auf Deutschland zu haben, der von außen kommt, und deswegen weniger 'verkopft' und 'gefiltert' ist.“

Ihre erste Ausgabe machen sie mit dem VW-Skandal auf – und der wiederholten Kandidatur Merkels als Bundeskanzlerin. Merkel ziert auch jetzt schon ihre Werbeplakate – auf der Toilette sitzend, eine Ausgabe von Charlie Hebdo in der Hand. Zu den Themen zählen aber auch Frauke Petry und die Deutschen, die die Zeichner von Charlie Hebdo in Deutschland getroffen haben. Aber auch eine exklusive vierseitige Reportage über Deutschland: "Rabenmutti & Vaterland" sind die zwei Stichworte, die Minka dazu in den Raum wirft. Vor allem aber sollen Zeichnungen verwertet werden, die auch in der französischsprachigen Version erschienen sind und auf Deutsch übersetzt werden.

Aber jetzt mal im Ernst: Witze übersetzen, geht das? Das ist zu schaffen, findet Minka: „Charlie Hebdo hat Humor, der international durchaus verständlich ist.“ Neben den Inhalten, die speziell für ein deutsches Publikum konzipiert wurden, kommen die meisten Zeichnungen und Texte von den Franzosen, auch wenn die Übersetzungen oftmals viel Zeit in Anspruch nahmen. 

200.000 Exemplare sollen zunächst erscheinen, danach wird das Angebot an die Nachfrage angepasst. Und die ist groß, vermuten sowohl der Spiegel als auch die Welt. Auf der Facebookseite von Charlie Hebdo wird das Ereignis viel diskutiert. Deutschsprachige Kommentare sind alle positiv: Die deutschsprachige Community freut sich auf die Ausgabe. Einige französische Kommentatoren hingegen zeigen sich skeptisch. So schreibt beispielsweise ein Franzose: „Ich lebe schon jahrelang in Deutschland und musste eure Witze immer wieder in Diskussionen mit Deutschen verteidigen. Ich glaube nicht, dass eure Satire hier gut ankommen wird, aber ich wünsche viel Erfolg - und freue mich selbst darauf, euren deutschen Humor kennen zu lernen."

Wer hierzulande also gerne lacht, hat ab morgen einen weiteren Grund dazu.