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Bullshit-Bingo nach dem Brexit

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Wien

Der Entschluss der Briten, die Europäische Union zu verlassen, ist gefasst. Und es wurde viel gesagt. Hier eine Liste der erstaunlichsten Ereignisse und Zitate nach dem Referendum.

Nigel Farage: Ich habe dieses Versprechen nie gemacht

Der Brexit-Befürworter Nummer 1, dessen "Leave"-Kampagne 52% der Briten überzeugt hat, aus der Europäischen Union auszutreten, hat eine kuriose Antwort auf die Frage nach einem der Hauptwahlversprechen seines Lagers. Dem rechtspopulistischen Ukip-Leader zufolge hätte Großbritannien im Fall eines Brexit ja eine Menge Geld übrig, das normalerweise an die EU ging und das es ja nun in den National Health Service investieren könne.

„Können Sie garantieren, dass die 350 Millionen Pfund, die wir nicht mehr länger an die EU zahlen, in den NHS investiert werden?“

„Nein das kann ich nicht. Und ich habe dieses Versprechen nie gemacht.“

So lautete Nigel Farages Antwort an eine sichtbar erstaunte Moderatorin der Sendung 'Good Morning Britain'. Farage wurde, nach eigenen Worten, aus der "Leave"-Kampagne „ausgeschlossen“ und habe wie immer sein „eigenes Ding machen“ müssen. Und die 350 Millionen für die Gesundheit waren natürlich nicht seine Idee, sondern die der "Leave"-Kampagne. 

Noch-Premierminister David Cameron: Wir brauchen nichts zu überstürzen

Derjenige, der, wir erinnern uns, das Thema Referendum 2014 vor den Wahlen in Großbritannien auf den Tisch gebracht hatte, trat am Morgen nach Bekanntgabe des Ergebnisses zurück. Aber nicht sofort, wegen der Stabilität.

„Ich werde alles in meiner Funktion als Premierminister tun, um das Schiff in den kommenden Wochen und Monaten auf Kurs zu halten. Aber ich denke nicht, dass es richtig für mich wäre, zu versuchen, der Kapitän zu sein, der unser Land zu seinem nächsten Ziel steuert. Wir brauchen heute noch keinen konkreten Zeitplan. Aber meiner Meinung nach sollten wir zum Start der Conservative Party Conference im Oktober einen neuen Premierminister haben." 

Nachdem die Finanzmärkte so gut auf diesen historischen Austritt reagiert haben, ist es sicher kein Problem, noch ein paar Monate mit generellen Entscheidungen zu warten.

Die Finanzmärkte

Das Pfund sackte am Freitagmorgen um 11% auf unter 1,33 US-Dollar ab. Das ist der tiefste Stand seit 1985, berichtet der Spiegel. Seit 2008 waren die internationalen Börsen nicht mehr so aufgeregt, berichtet die BBC. Angesichts der purzelnden Aktien gingen ersten Schätzungen zufolge 4500 Milliarden Euro verloren. Kein Grund zur Panik, oder?

Boris Johnson: Brexit heißt nicht, dass wir jetzt weniger europäisch sind

Der ehemalige Bürgermeister Londons freut sich, ebenso ohne große Eile, endlich die Europäische Union, aber nicht die Rolle des Vereinigten Königreichs in Europa hinter sich zu lassen:

„Wir müssen nichts überstürzen. Und wir müssen auch nicht Artikel 50 [rechtliche Grundlage für den Austritt aus der Europäischen Union; A.d.R.] anwenden. Das heißt nicht, dass das Vereinigte Königreich weniger vereint oder weniger europäisch sein wird.”

Es ist wahr, der Kontinent Europa existiert noch, doch Nordirland und Schottland sind da wohl nicht ganz seiner Meinung.

Alle Mann von Deck

Mit 56% für den Verbleib in der EU in Nordirland, ist es nachvollziehbar, dass viele  Nordiren einen Ausweg aus dem Debakel suchen. Wie Googletrends berichtet, wurde nach dem Referendum viel recherchiert, wie man am besten an einen irischen Pass kommt. Das sei rechtlich möglich, berichtet die BBC. Es habe sogar schon einen Ansturm auf Passanträge der Republik Irland gegeben.

In Schottland zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Laut First Minister Nicole Sturgeon ist die Möglichkeit eines erneuten Unabhängigkeitsreferendums der Schotten als sehr realistisch einzuschätzen. 62% der Schotten hatten sich zum EU-Referendum am 23. Juni für die Europäische Union ausgesprochen:

"Es ist demokratisch inakzeptabel, dass Schottland gegen seinen Willen dazu gezwungen wird, die EU zu verlassen."

Die Altersunterschiede

Besonders erwähnenswert ist, dass sich in der Altersgruppe der 18 - bis 24- Jährigen 75% für den Verbleib in der EU aussprachen, während bei den plus 65-Jährigen 60% der Union den Rücken kehren wollten. Ein Faktum, das viele junge Wähler in Unmut versetzte, und die nun nach einem zweiten Referendum rufen.

Ein erlebnisreicher Tag für Europa, für die ganze Welt  

Das EU-Referendum erinnert uns daran, dass wir gut beraten sind, uns auf den Unterschied zwischen Populismus und Realität zu besinnen und diesen auch aufzuzeigen. Besonders mit den radikalen Parteien, die die Gunst der Stunde ausnutzen wollen und nach Referenden in ihren Heimatländern rufen. Aber wenn sich Nationalisten „vereinigen“ können, können wir Europäer das auch.