Bulgarien und Rumänien, die diskreten Kandidaten
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juliane rohloffMit der Erweiterungsrunde im letzten Jahr sind zehn neue Länder der EU beigetreten. Völlig untergegangen ist dabei jedoch offenbar, dass der Beitritt zweier anderer Staaten, nämlich der von Bulgarien und Rumänien für das Jahr 2007 bevor steht.
Letzte Woche unterzeichneten die zwei Balkanstaaten den Beitrittsvertrag mit der EU in Luxemburg. Die europäische Presse schien jedoch zu beschäftigt damit zu sein, die in Gefahr geratene Ratifizierung der Europäischen Verfassung und die Wahl des neuen Papstes zu kommentieren, so dass nicht viel Zeit war, sich Gedanken über die Aufnahme von 30 Millionen neuen Bürgern in die Europäische Union zu machen. Ohne Zweifel könnte die Berichterstattung über den Beitritt von zwei ehemaligen kommunistischen Ländern, die immer noch um ihre wirtschaftliche Erholung von den Rezessionsjahren seit der Perstroika kämpfen, die Wähler und Entscheidungsträger abschrecken, die sich ohnehin schon gegen die Verabschiedung der Europäischen Verfassung sträuben. Sie könnten dazu gebracht werden, bei jedem Referendum mit einem „Um Himmels Willen: Nein“ zu reagieren.
Die Horden aus dem Osten?
Während der jährlichen Demonstration der französischen rechtsextremen Partei am 1. Mai in Paris, warnte der Vorsitzende der Front National Jean-Marie Le Pen, der einst den Holocaust als „ein Detail in der Geschichte“ bezeichnet hat, in einer Rede vor ungefähr 3000 Demonstranten, dass bei einem EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens eine "enorme Welle von elenden Balkanbewohnern, wie rumänischer und bulgarischer Zigeuner" auf die westeuropäischen Länder zurollen würde. Die Popularität Le Pens, der 2002 die zweite Runde der französischen Präsidentschaftswahlen erreichte, und die seiner verachtenswerten Rhetorik beweist, dass viele Leute in Frankreich und im restlichen Europa tatsächlich fürchten, eine nochmalige Erweiterung könne die Einwanderung sowie die Abwanderung örtlicher Unternehmen erhöhen, mit der Folge weiterer Arbeitslosigkeit und Rezession. Die ganze Sache wird dadurch nicht erleichtert, dass Rumänien und Bulgarien immer noch dafür kämpfen, von den alten Klischees loszukommen, die viele dazu veranlasst, diese Länder nur als korrupte, unterentwickelte Staaten zu sehen. Und die Medien stellen dabei alles andere als eine Hilfe dar.
Ihr Bestes ist nicht gut genug
Es ist noch lange nicht sicher, dass Bulgarien und Rumänien wirklich im Jahr 2007 der EU beitreten werden. Der 860 Seiten lange Beitrittsvertrag legt ganz klar fest, dass beide Länder entweder anfangen notwendige Maßnahmen zu treffen, darunter in den Bereichen Korruptionsbekämpfung und Minderheitenschutz, oder aber die Verschiebung ihres Beitritts hinnehmen müssen. Während Bulgarien auf diesem Gebiet ganz gut voranzukommen scheint und schon politische und wirtschaftliche Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, liegt der Fall in Rumänien etwas komplizierter. Schließlich hat die EU das Land erst im letzten Jahr als Marktwirtschaft akzeptiert. Allerdings sollte dabei helfen, dass Rumänien zu den größten Öl- und Gasproduzenten Europas gehört. Davon aber abgesehen wird gemunkelt, dass im Falle einer Ablehnung der Verfassung in Frankreich der Beitritt der beiden Länder wahrscheinlich verschoben wird. Angesichts der Meinung bestimmter Analysten, der zufolge der Beitritt der ehemaligen sowjetischen Satellitenstaaten die Tür weit offen lassen würde, so dass weitere Länder, wie Kroatien, Bosnien und die Türkei mit hindurchschlüpfen könnten, ist nicht zu erwarten, dass Le Pen der einzige sein wird, der abscheuliche Kommentare über die Beitrittsverhandlungen mit zukünftigen Mitgliedsstaaten von sich gibt.
Translated from The silent treatment