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Brexit: Viel Trouble um eine Klausel

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Translation by:

Juliane Büchner

PolitikBrexit

[Kommentar] David Camerons wichtigste Forderung in den Verhandlungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union belastet die politische Diskussion zwischen diesen beiden europäischen Partnern. Ein Meinungsartikel zu einer andauernden Debatte.

„Ich werde keinen Deal akzeptieren, der unseren Bedürfnissen nicht entspricht,“ verkündete David Cameron in einer knapp 40-sekündigen Rede bei seiner Ankunft zum Treffen des Europäischen Rats am 18. und 19. Februar. Angesichts der wachsenden Euroskepsis und EU-Feindlichkeit innerhalb der britischen Bevölkerung formulierte  Premier Cameron seine harten Forderungen noch bevor die eigentlichen Verhandlungen begannen.

Streitpunkt ist Großbritanniens Einstellung zur „immer engeren Union“, einem Prinzip, das im ersten Artikel des Maastricht-Vertrags und den Präambeln anderer Verträge festgelegt ist. Viele Briten möchten sich diesem Bekenntnis nicht anschließen. Im Vorfeld des Referendums, bei dem die Briten am 23. Juni über ihre Mitgliedschaft in der Europäischen Union abstimmen, gilt diese Klausel als echter Knackpunkt.

Obwohl die Vereinbarung zwischen David Cameron und seinen europäischen Kollegen einen starken Symbolcharakter trägt, wird sie nur begrenzten Einfluss haben. In politischer Hinsicht belastet sie nur weiter die ohnehin seit Monaten angespannte Atmosphäre zwischen den Mitgliedsländern. Aus rechtlicher Sicht ist sie weniger bedeutend.

Misshandlung der europäischen Idee

In der Formulierung „immer engere Union“ sind die Visionen der Gründerväter des europäischen Projekts zusammengefasst. Dabei geht es um eine stärker werdende Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten, die über die bloße europäische Integration hinausgeht. Als Teil des Artikels A im Vertrag von Maastricht hat sie weitreichende Auswirkungen.

Seit David Cameron in seinem Brief an Donald Tusk vom 10. November seine Ziele offen dargelegt hat, besteht er darauf, dass Großbritannien vom Leitspruch einer immer enger zusammenwachsenden Union ausgenommen wird.

Großbritannien nimmt schon immer eine „spezielle“ Position in der EU ein: Das Vereinigte Königreich hat die einheitliche Währung abgelehnt, genau wie verschiedene andere Bereiche der Zusammenarbeit, wie zum Beispiel die EU-Grundrechtecharta. Und der berüchtigte Britenrabatt führt dazu, dass Großbritannien seit 1984 weniger zum gemeinsamen EU-Budget beiträgt. Während einige von David Camerons Forderungen von seinen europäischen Partnern mit Verständnis aufgenommen wurden, wurde die britische Haltung zur "immer engeren Union" kontrovers diskutiert. Viele sind der Meinung, dass diese Einstellung den eigentlichen Kern der europäischen Idee infrage stellt.

Die britische Brexit-Debatte reiht sich in eine Serie anderer Identitätskrisen ein, die die EU in den letzten Monaten zu verzeichnen hatte. Angesichts der Griechenland- und der Flüchtlingskrise, bei denen sich viele Mitgliedsstaaten mit Solidaritätsbekundigungen bedeckt gehalten haben, ist die Einstellung Großbritanniens leider keine Überraschung.

Die Vereinbarung, die in Gestalt einer Ausnahmeregelung in den Anhängen der Verträge daherkommt, ist ein unnötiger, scharfer und unzeitiger Schlag für die Europäische Union.

Rechtlich redundant

Die Vereinbarung ist das Ergebnis intensiver Verhandlungen, vor allem in der Nacht vom 18. Februar bis in die frühen Morgenstunden des nächsten Tages. Die Platzierung der Ausnahmeregelung macht den entscheidenden Unterschied. Wenn sie als Artikel in einen Vertrag oder in einem Protokoll eingefügt wäre, hätte sie rechtlich bindende Wirkung. In der Form einer angehängten Erklärung zu den Verträgen legt sie die politische Absicht dar und trägt unverkennbaren Symbolgehalt, ist vom rechtlichen Standpunkt aus aber nichtig.

Die letztere Form wurde gewählt, vor allem auf Druck europhiler Mitgliedsstaaten, wie Belgien und in geringerem Ausmaß Frankreich und andere. Im Abschluss des Europäischen Rats verpflichten sich die Mitgliedsstaaten dazu, Großbritannien bei der nächsten Revision der Verträge von der Klausel zu entbinden. François Hollande erklärte bereits in seiner abschließenden Pressekonferenz, dass sie in Zukunft nicht für Großbritannien gelten würde.

Das Übereinkommen nimmt die Form einer Deklaration an, die sich zu anderen Sondervereinbarungen gesellt, wie zum Beispiel der, dass „die besondere Situation kleiner Länder, die in spezifischen Beziehungen der Nähe zur EU stehen“ (Deklaration 3) berücksichtigt wird. Es hat einen symbolischen Wert, aber die Vereinbarung bindet weder die Mitgliedsstaaten noch die Union. Ihre Reichweite ist geringfügig.

Dieser Verweis hat noch weniger Einfluss als die Formulierung „immer engere Union“: Die EU beteiligte Großbritannien bereits an zentralen Entscheidungsprozessen. Sie machte die Revision von Verträgen von einer einstimmigen Entscheidung aller Mitgliedsstaaten abhängig. Großbritannien war also vorher nicht ausgegrenzt und geht aus diesen Verhandlungen nicht stärker hervor.

Und jetzt?

David Cameron mag sich bei seiner Rückkehr zur Downing Street siegreich geben und von einem Triumph für sein Land und dessen Platz in der EU sprechen. Aber diese Deklaration, die unnötige und nervenaufreibende Kontroversen hervorgebracht hat, ist nicht viel mehr als eine Ablenkung, die die juristische Blockierung verschleiert und gleichzeitig tiefgehende Uneinigkeit über die Grundidee der europäischen Integration aufzeigt. Es bleibt abzuwarten, wie die britische Bevölkerung auf das Abkommen reagiert.

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Dieser Artikel wurde von unserem Lokalteam cafébabel Brüssel veröffentlicht.

Translated from Brexit : tout ça pour ça