Bis in die Puppen
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Paris feierte am vergangenen Samstag die so genannte "Weiße Nacht": eine künstlerische Entdeckungsreise, auf der Nachtschwärmer Street Arts, Live-Musik, Theater-Performances und Open Air-Videoinstallationen bis in die frühen Morgenstunden erleben konnten. 2007 beteiligten sich bereits 6 Städte an diesem mittlerweile pan-europäischen Projekt. Die Pariser zelebrierten ihre Nuit blanche bis zum Morgengrauen; die Römer feierten ihre Notte bianca, ähnlich wie die Madrilenen ihre Noche en Blanco schon im September. Auch Riga, Brüssel und der Neuling Bukarest machten 2007 die Nacht zum Tag.
In Deutschland gibt es zwar ähnliche Initiativen - wie die lange Nacht der Museen - eine "weiße Nacht" erinnert hier jedoch allenfalls an heftigen Schneefall. Wenn man in Berlin, Hamburg oder Frankfurt die Zeit vergisst und erst im Morgengrauen mit geschwollenen Augen ans Nachhausegehen denkt, dann hat man die Nacht "durchgemacht" - in älteren Versionen auch "durchzecht". Ähnlich halten es übrigens auch die Dänen, die schlicht und einfach "durchfeiern" (feste igennem).
Oder aber man hat "bis in die Puppen getanzt", was nicht im Geringsten mit dem Kinderspielzeug zu tun hat, sondern die Marmorstatuen der Herrscher Brandenburgs und Preußens im damals noch weit außerhalb liegenden Berliner Tiergarten bezeichnete. Auch der Pole schwingt das Tanzbein, ohne müde zu werden. Er war wortwörtlich "die ganze Nacht auf dem Ball" (przehula/przebalowa ca noc). Für junge Polen ist die biaa noc (weiße Nacht) die letzte Nacht im Ferienlager, in der höchstwahrscheinlich kein Auge zugetan wird.
Dem Engländer ist weniger zum Feiern zumute: dem Workaholic fallen die Augen langsam zu, wenn er "eine Nachtschicht einlegen" muss (pulling an all-nighter). Zumindest hat er keinen Hangover, wie einige Europäer, die "weiße Nächte" durchgefeiert haben. Die dürften sich spätestens beim Aufwachen "schwarz ärgern".