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Betancourts Freilassung: Pressestimmen im Web

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Default profile picture Edgar Klüsener

Erst im vergangenen Februar hatte Nicolas Sarkozy angekündigt, dass er bereit sei, sich einer "Frage von Leben und Tod" anzunehmen und sich nach Kolumbien zu begeben, um Ingrid Betancourt zu befreien. Doch wer sind tatsächlich die großen politischen Gewinner und Verlierer dieser dramatischen Rettungsaktion? Presseschau.

Frankreich: Uribe 1 : Sarkozy 0

Obwohl viele Schlagzeilen der französischen Presse Betancourts Dankbarkeit für die französische Intervention zitieren ("merci, douce France"), äußern doch einige Medien Kritik am französischen Vorgehen. So schreibt Ivan Rioufol, Kolumnist der konservativen französischen Tageszeitung Le Figaro, dass es falsch von den Franzosen gewesen sei, den Umgang des kolumbianischen Präsidenten Uribe mit der Krise zu kritisieren. Schließlich sei es am Ende das kolumbianische Vorgehen gewesen, das zur Befreiung der Geiseln geführt habe. 

Ähnlich sieht es das investigative und satirische Magazin www.backchich.info. Es kritisiert, dass der Präsident auf "der Welle von Betancourts Befreiung reite" und dass er als Verdienst für sich in Anspruch nehme, was im Wesentlichen eine Operation unter Führung der kolumbianischen Regierung gewesen sei. Die Analyse ist entsprechend folgender Rechnung: "Uribe 1 : Sarkozy 0". 

Spanien: Dankesworte an Zapatero 

El Pais berichtet, dass Präsident Uribe sich beim spanischen Premierminister Zapatero für dessen Unterstützung während der Entführung zwar bedankt, während der offiziellen Pressekonferenz aber auch eingestanden habe, dass unterschiedliche Ansichten unter solchen Umständen "normal" seien.

Derweil steht die kolumbianische Presse hinter den Aktionen des Präsidenten und verlangt die unverzügliche Zerschlagung der FARC. In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass Betancourt sich zwar für das Eingreifen des Militärs bedankt hat, aber auch darum bittet, dass man den Mitgliedern der Organisation Respekt entgegen bringe. 

Facebook: Ingrid gegen Carla Bruni austauschen

Während Betancourts Gefangenschaft hatten sich auf den Seiten des sozialen Netzwerks Facebook eine Reihe von Gruppen formiert, die ihre Freilassung forderten und deren Mitgliederzahl schließlich um die 70.000 betrug. Aber Facebook war auch, wie fast immer in solchen Fällen, Schauplatz satirischer Aktionen. So tauchten Gruppen auf, die einen Austausch von Betancourt mit Ségolène Royal forderten. Andere wollten sie gegen Frankreichs 'Première Dame' Carla Bruni austauschen oder die Gelegenheit nutzen, den nationalistischen flämischen Politiker Bart de Weber loszuwerden. 

Deutschland und Schweiz: Sarko - der risikofreudige Joker 

In den deutschsprachigen Medien dreht sich alles um Gewinner, Verlierer und Interessenkonflikte. Jens Glüsing, Korrespondent des Spiegel in São Paolo, qualifiziert die „filmreife Geheimoperation“ als einen Erfolg für die kolumbianische Regierung, auch weil Präsident Uribe nun einen Betancourt-Joker für künftiges politisches Handeln in der Hinterhand habe. Im Gegensatz dazu wird Sarkozy als kleiner Verlierer beschrieben, nicht zuletzt, weil sich angeblich Mitglieder der kolumbianischen Regierung über Frankreichs ziellose politische Interventionen während der Krise beschwert hätten. 

Sarkozy wird den Verdienst an Betancourts Befreiung für sich beanspruchen, schreibt die Schweizer Neue Zürcher Zeitung und warnt dann, dass er zwar den überwältigen Wunsch zu verspüren scheine, humanitäre Erfolge wie diesen oder auch die Freilassung der bulgarischen Krankenschwestern zu wiederholen, dass aber andere Aktionen wie die Einladung von Hugo Chavez in den Elysee-Palast in deutlichem Konflikt dazu ständen. 

Italien: Die Befreiung hat weitreichende Bedeutung für Frauen in der ganzen Welt 

Die italienische konservative Zeitung Il Fuglio hebt hervor, dass die Befreiungsaktion nicht nur ein Erfolg für die kolumbianischen Spezialstreitkräfte gewesen sei, sondern auch ein bedeutender Propaganda-Coup für den Präsidenten Uribe, der die Verfassung des Staates ändern will, sollte er für eine dritte Amtszeit wiedergewählt werden. 

Derweil äußert das frühere Modell und die derzeitige Ministerin für Gleichstellung in der Berlusconi-Regierung, , in einem Beitrag auf ihrem Blog die Ansicht, dass die Befreiung weitreichende Folgen habe: nicht nur für die Popularität von Sarkozy, sondern auch für alle Frauen dieser Erde, die am politischen Leben teilnehmen möchten. Es wird interessant sein herauszufinden, inwieweit die italienische Regierung mit dieser Ansicht übereinstimmt. 

Großbritannien/ USA: Todesstoß für die FARC

Die englischsprachige Presse spricht von einem "kühnen Rettungsversuch" (The Times) und sieht die Aktion allgemein als Todesstoß für die FARC. Alegra Startton warnt allerdings in der britischen Tageszeitung The Guardian, dass "eine fünfzig Jahre alte Rebellen-Bewegung" nicht so ohne weiteres in einigen wenigen Monaten erledigt werden könne. Die englischsprachigen Medien beschäftigt außerdem die Frage, in welchem Ausmaß die USA an der Lösung der Krise beteiligt waren. 

In der Blogosphäre hat derweil ein Autor Betancourt kurzerhand zum "nächsten Nelson Mandela" ernannt. Andere Beobachter in Großbritannien und in den USA sind über eine passendere Parallele gestolpert: Der voraussichtliche republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain, der selbst sechs Jahre lang von den Vietcong (Nationale Front für die Befreiung Südvietnams) gefangen gehalten worden war, war nach Berichten der New York Times am vergangenen Dienstagabend in einem Treffen mit dem kolumbianischen Präsidenten über die Aktion informiert worden. Einige der zynischeren Beobachter in diversen News-Foren wundern sich seitdem, wie "zufällig" dieses Treffen wirklich war.

Translated from Betancourt’s release: the media picks its winners and losers