Beschwipste Bären auf Rundreise
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Malte ArhelgerDie Berliner Vorliebe für Bären ist offensichtlich. Das pelzige Tier ziert nicht nur das Stadtwappen oder lockt als Knut Millionen in den Zoo - seit neuestem gibt es in der deutschen Hauptstadt sogar einen Reiseveranstalter für Bären.
Auf den ersten Blick scheinen Karsten Morschett und Thomas Vetsch als gealterte Fans der Gummibärenbande. Obwohl sie den Eindruck gestandener Mittdreißiger vermitteln, sind beide in Wirklichkeit jung geblieben - und haben ihre Nische entdeckt. Große Jungs, die seit der legendären Teddytour 2005 viele neue Freunde gefunden haben. "Die Idee ist uns eher zufällig gekommen. Ein Freund von uns hatte die Angewohnheit, seine Einkäufe mit dem Teddy unterm Arm zu machen. Vielleicht um nicht so alleine zu sein. Und wir wussten nicht, was wir ihm zum Geburtstag schenken sollen. Wir haben also seinen kleinen Freund gekidnappt und mit ihm eine kleine Berlinrundfahrt gemacht. Brandenburger Tor, Reichstag, Fernsehturm. Und ich habe ihn geknipst wie einen Filmstar. Das haben wir dann in einem Fotoalbum festgehalten, das wir ihm zum Schluss geschenkt haben."
Plüsch aus Mosambik
Als Anspielung auf den Weltenbummler-Gartenzwerg des Vaters von Amélie Poulain macht die Geschichte rasch Furore. Seitdem leiten Karsten und Thomas jeden Monat einen plüschigen Ehrengast durch die Spreestadt. Karsten, der Regisseur am Gießener Stadttheater ist, findet, dass Berlin mit seinen vielen historischen Monumenten die perfekte Kulisse bildet. "Und auch wenn Québec und Madrid einen Bären im Wappen haben, keine andere Stadt hat ihn auch in der ersten Silbe ihres Namens."
Ein ungewöhnliches Epos in einer besonderen Großstadt. Ohne jegliche Werbekampagne, ist das Interesse weiterhin erstaunlich hoch. "Ein Plüschtier aus Mosambik und eines aus Tansania sind sicher gelandet. Wie sie von der Teddytour Wind bekommen haben? Ich habe keine Ahnung. Aber der Wind hat sich in Richtung Berlin gedreht", freut sich Karsten. Die offizielle Ernennung der zwei Reiseveranstalter zu Botschaftern der Stadt Berlin hat sicherlich zur Verbreitung des Gerüchts beigetragen.
Männer und ihre kleinen Schätze
Aber wer versteckt sich hinter den rechtlichen Vormunden der kleinen Kuscheltiere? Gleiches gesellt sich zu Gleichem ist Karsten überzeugt: "Von sieben bis 77, niemand findet, je von so einer Geschichte gehört zu haben." Kuscheltiermütter und -väter vertrauen den beiden ihre Lieblinge mit Haut und Plüsch an, nachdem sie im Anmeldeformular angegeben haben, ob ihre Kleinen Vegetarier sind, oder ihre plüschenen Freunde geneigt sind, einen tieferen Blick in Berliner Biergläser zu werfen. Karsten unterstreicht, dass alle Kuscheltiere willkommen sind, "egal welcher Rasse, Nationalität oder Religion sie angehören, oder welche sexuellen Vorlieben oder Behinderungen sie haben."
Die weibliche Klientel ist von der Teddytour bislang stärker angetan, aber auch die männlichen Kunden sind begeistert. Viele Herren senden die Schmusepartner ihrer Geliebten nach Berlin - in der Hoffnung so gewichtigere Konkurrenten ausstechen zu können. "Auch viele Alte oder Schwerkranke schicken ihre treuen Lebensgefährten auf Expedition. Eine der Geschichten, die mich am meisten berührt haben, ist die von einem Teddy, der uns in Andenken an einen Verstorbenen geschickt wurde", erzählt Karsten gerührt.
Auch wenn viele der Versuchung unterliegen mögen, ihr Plüschtier auf Reisen zu schicken, das Reisevergnügen ist nicht ganz umsonst. Die Kosten schwanken zwischen 39 Euro für Ortsansässige und 139 Euro für wahrhaftige Weltenbummler. Aber was tut man nicht für seine Liebsten? Karsten erklärt Preis und Leistung: "Als I-Tüpfelchen bieten wir noch ein Picknick und eine persönliche Nachricht für supergestresste Bärchen an, damit sie wohlerholt heimkehren können."
Barbies sind erlaubt
Ob Titi, Pimboli oder einfacher Schmusebär - die Reiseteilnehmer sind nicht immer aus Plüsch. Jedes Tier oder Fetischobjekt findet auf der vollkommen umweltfreundlichen Rundreise einen Platz. Sogar eine finnische Barbie hat sich schon ihren Weg nach Berlin gebahnt. "Wir müssen uns immer an die verschiedenen Bedürfnisse der Kuscheltiere anpassen. In China ist es zum Beispiel nicht üblich, dass Kinder mit Plüschtieren spielen."
Léa, meine deutsch-französische Bärin, war von ihrem Berlinbesuch begeistert. Die siebenjährige Pimboli wird sich noch lange an den liebenswerten Empfang in Berlin erinnern. Seit ihrer Rückkehr nach Frankreich, konnte sie unter dem Eindruck einer leichten Reisedepression kaum abwarten, ihrem neuen Freund, dem Pokemon Léo zu schreiben: "Wenn Du traurig bist, und nicht weißt wohin, denk an die Reise in Berlin. In Tram und U-Bahn sitzen Bären, die alle Deine Freunde wären."
Thomas und Karsten führen Léa, Léon und andere kleine Bärchen gerne auf ein Abenteuer aus. Und sogar die deutsche Kanzlerin gibt sich die Ehre und empfängt die Schmusetiere im Tussot Museum, dem Berliner Ableger des Londoner Wachsfigurenkabinetts, das in Berlin im Juli seine Türen öffnet.
Translated from Des nounours en vadrouille