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Berlinale: Warum ich "Cesare Deve Morire" nicht gesehen habe

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Berlin

What a suprise! Das ging wohl nicht nur mir durch den Kopf, als „Cesare Deve Morire“(Caesar Must Die) den Goldenen Bären für den besten Film der diesjährigen Berlinale erhalten hat. Wieder einmal hat sich die Berlinale-Jury gegen die Favoriten entschieden, die schon im Vorfeld und während der Screenings als heiße Kandidaten gehandelt wurden.

Worum es im italienischen Gewinnerfilm der Regisseurenbrüder Paolo & Vittorio Taviani geht? Er zeigt Häftlinge aus dem Hochsicherheitstrakt des römischen Gefängnisses Rebibbia, die Shakespeare’s „Julius Caesar“ aufführen. Das ist die vordergründige Handlung - natürlich geht es um viel mehr. Das Grundthema des Films ist ein humanistisches Ideal, wie einer der Tavianis (welcher es war, kann ich leider nicht mehr sagen) bei der Bären-Übergabe kundtat: „Egal, was ein Mensch, der im Gefängnis ist, getan hat: er bleibt immer noch ein Mensch“.

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Die internationale Presse wurde ebenso überrascht von der Wahl der Jury wie die Zuschauer und reagiert mit gemischten Gefühlen. Eine „konservative Wahl“, resümiert zum Beispiel das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. So wird fast einstimmig Christian Petzolds Drama „Barbara“ als verdienter Sieger genannt, doch da hat es nur für einen Silbernen Regiebären gereicht. War hier das Thema zu deutsch, war es im französisch-senegalesischen „Aujourd’hui“ wohl die zu unkonventionelle, stark filmische Umsetzung, auf deren Lasten die Story ging, die ein positives Juryvotum verhindert hat. Der ungarische Beitrag , "Csak a Szél" von Bence Fliegauf erhielt den Grand Prix der Jury – wenn man die widrigen Umstände, unter denen der Film in einem Land, wo Presse- und Meinungsfreiheit derzeit recht problematisch gehandhabt werden, gedreht wurde betrachtet, hätte das Drama über die Roma-Verfolgung eigentlich den Goldenen Bären gewinnen müssen.

Und warum ich „Cesare Deve Morire“ nicht gesehen habe? Um ehrlich zu sein, das Thema hat mich nicht vom Hocker gehauen. Als Dokufreak habe ich schon zahlreiche Dokumentation zum Thema „Theater im Knast“ und ähnliches gesehen, manche davon herausragend, manche davon weniger gut. Dieses Jahr habe ich andere Themen als wichtig erachtet, war ergriffen von Filmen wie „Diaz – Don't Clean Up This Blood“ von Angelo Vicari, der allerdings in der Sektion Panorama, und nicht im Wettbewerb lief. Ist der Sieg nun ein verdienter oder nicht? Diese Frage kann ich nicht mit letzter Gewissheit beantworten, und es ist auch fraglich, ob ich den Film jemals sehen werde. Mit absoluter Bestimmtheit kann ich nur eins sagen: Der spanische Trash-Horror-Streifen„Dictado“ (Childish Games) von Ciprian David ist so ziemlich das Übelste, was es jemals in den Wettbewerb geschafft hat. Insofern kann ich mich mit „Cesare Deve Morire“ vielleicht doch noch anfreunden.