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Berlinale : Ausente

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Berlin

von Sandra Wickert Ausente ist spanisch und heißt „abwesend.“ Abwesend ist in dem Psychodrama um die nicht ausgelebte Homosexualität zwischen einem Lehrer und seinem Schüler vor allem eins: Talent. Ein Verriss.

Ausente_1.jpg Bisher war es Nicholas Cage, der den Dauerpreis in der Kategorie „der Mann mit dem einen Gesichtsausdruck“ für sich beanspruchen konnte. Nun könnte ein junger argentinischer Schauspieler den Hollywoodmimen vom Thron schmeißen. Alejandro Barbero, der in „Ausente“ den Lehrer Juan Pablo mit Gewissenskonflikt darstellt, wechselt nahtlos vom Gesichtsausdruck „wund“ zum Ausdruck „waidwund.“ Potential hat die Story, in der es um die unerfüllte Leidenschaft eines Schülers zu seinem Lehrer geht, grundsätzlich schon und in Ansätzen gelingt es Regisseur Marco Berger auch, so etwas wie psychologisch-spannende Momente zu erzeugen.

Leider kann sich der Film nicht entscheiden, ob er denn nun ein Psychodrama sein will (dafür sprechen die Spielchen, die der Schüler Martín (Javier De Pietro) mit seinem Lehrer treibt, um diesen in die Verunsicherung zu treiben) oder doch lieber ein astreiner Thriller (dafür sprechen wiederum klassische Schockmomente, untermalt mit plötzlich einsetzenden, erschreckenden Klängen). Überhaupt: die Musik. Sie nervt von der ersten Minute an, sie lässt den Film billig klingen, nach Trash-Horrofilm, dabei war das bestimmt nicht so von der Regie gedacht.

Ausente_2.jpg Vieles in „Ausente“ ist nicht nachvollziehbar. Soll es für den Zuschauer gegen Ende des Films eine überraschende Erkenntnis sein, dass Juan Pablo eben nicht nur um seinen Ruf besorgt ist, sondern dass er tatsächlich schwul ist und darunter schrecklich leidet? Eher unwahrscheinlich, denn die Kamera, die von Beginn an über den vor jugendlicher Kraft und sexy Körper des Schülers Martín streift, scheint geradezu die Augenbewegungen von Juan Pablo nach zu verfolgen. Bringt sich Martín am Ende um, in dem er vom Dach springt, oder ist es ein dummer Unfall? Unnötig und konstruiert, denn Martín scheint sich seiner sexuellen Orientierung sicher zu sein und wirkt weder innerlich zerrissen noch am Boden zerstört, auch wenn er sich mitten in der Adoleszenz befindet und natürlich einige Dinge erst mit sich klären muss. Überflüssig auch die Figur Marianas (Antonella Costa), der Freundin von Juan Pablo, die durch ihre Existenz wohl die beiläufige, leidenschaftslose Beziehung der beiden aufzeigen soll, die aber auch einfach nur nervt. Fast schon lächerlich wirken am Ende die Wiederholungs- und Einbildungssequenzen, übersinnlich und mystisch wohl gedacht, was aber ganz schön daneben ging.

„Ausente“ wirkt wie ein halbgarer Versuch eines Filmstudenten, der sich verschiedenster Techniken bedient und daraus seine Semesterabschlussarbeit bastelt. Das ist langweilig, das ist peinlich, das hat eigentlich nichts auf der Berlinale zu suchen. Um diesen Verriss mit einer versöhnlichen Note zu schließen, bleibt zu erwähnen, dass Javier De Pietro mit seiner Verkörperung des Martín eine recht ordentliche Leistung hinlegt, somit ist Marco Berger zumindest zu Gute zu halten, dass er hier mit der Besetzung ins Schwarze getroffen hat.

Filmstills@Internationale Festspiele Berlin