Berlin Jukebox: Esquina Latina
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Mit neun Bandmitgliedern und ebenso vielen Instrumenten dürfte Esquina Latina zu den größten Bands Berlins gehören. Und damit möchte die Band afrokubanischen Salsa in der Hauptstadt etablieren. Cafébabel sprach mit drei Bandmitgliedern.
Salsa verbinden die meisten Menschen mit Lateinamerika. Mit Berlin würden die Wenigsten heiße Rhythmen in Verbindung bringen. Doch auch in der Hauptstadt gibt es mehr als langweilige Melodien. Seit 2010 macht Esquina Latina hier afrokubanischen Salsa. Die Band interpretiert traditionelle Musik von Künstlern wie Bebo Valdez, Ray Barretto oder „Buena Vista Social Club“ überraschend neu. Und das mit neun Bandmitgliedern, Gesang sowie vielen Instrumenten: Percussion, Schlagzeug, Altsaxophon, Bass, Gitarre, Piano, Baritonsaxophon und Trompete.
Wie seid ihr auf die Idee Salsa zu machen?
Tobi: Vor einiger Zeit habe ich Schlagzeugunterricht genommen und damals hat mein Lehrer mir was in diese Richtung gezeigt. Er selbst hat bei einem sehr berühmten Congaspieler Unterricht bekommen. Das passte dann einfach, weil Tuz und ich damals was Neues machen wollten. Am Anfang war Esquina Latina also eine Art Selbstlernprojekt: Wir haben den Stil aufgegriffen und eine eigene Stimme entwickelt.
Henry: Diese Musik ist einfach lebensfroh und nimmt mich bei jedem Auftritt mit, obwohl ich sie persönlich nicht so häufig höre. Trotzdem hab ich einfach eine Verbindung dazu, die, obwohl ich sie nicht so genau erklären kann, tief geht. Außerdem gehört sie, wie Funk und Jazz, zu einer einfachen und trotzdem komplexen Stilart, die viel Potential für einen Musiker hat.
Hat einer von euch persönliche Beziehungen zu Lateinamerika?
Henry: Ja, mein Vater hat eine kubanische Frau und ich selbst war auch schon auf Kuba. Seitdem ich dort war, habe ich eine enge Beziehung zu dieser Familie und dem Land. Das ist einer der wenigen Flecken der Erde, wo man noch die „alte“ Zeit erleben kann.
"Lagrimas Negras"
Was ist das besondere an eurer Musik? Wie würdet ihr euren persönlichen Stil beschreiben?
Tobi: Wir machen Salsa. Aber wir haben sehr viele Einflüsse, vor allem aus dem Funk, Jazz und Blues – Das heißt aus den Stilen aus denen wir ursprünglich kommen.
Lea: Auch wenn wir covern, bereichern wir die Lieder: Wir machen neue Arrangements und verändern zum Beispiel die Bläserline.
Tobi: Das gilt auch für E-Gitarren, weil es die in den vorhandenen Arrangements meist nicht gibt.
Henry: Klar, wir machen Salsa, wie viele, aber bei uns ist es „jung und frisch“. Wir haben noch den Flow, den Elan und die Energie, die vom Publikum und von uns selbst ausgeht.
"El Cuarto de Tula"
Was sind eure persönlichen Vorbilder?
Tobi: Natürlich inspiriert uns „Buena Vista Social Club“. Das Album ist schon sehr beeindruckend. Persönlich finde ich „Los Van Van“ toll, eine aus dem Latin Jazz kommende Band auf Kuba. Ansonsten finde ich die Verbindung von Jazz und Salsa ich spannend.
Lea: Gloria Estefan ist einfach klasse; besonders ihre Salsa-Platte „Mi Tierra“. Ich kann mich von der Stimme her gut mit ihr identifizieren und generell mag ich ihren Gesangsstil. Leider gibt es wenige Frauen, die Salsa singen. Mir fehlen da ein bisschen die Vorbilder.
Henry: Tito Puente, Perez Prado, Buena Vista Social Club und James Brown.
Ihr seid gerade erst beim Karneval der Kulturen aufgetreten. Heute folgt die Fête de la Musique. Was bedeutet Berlin für eure Musik und für euch persönlich?
Lea: Berlin bedeutet für uns natürlich unsere Herkunft, das, was uns prägt. Berlin ist aber auch eine große Bühne, denn wir gehen zu den Berlinern raus auf die Straße.
Henry: Wir haben dadurch ein sehr gemischtes Publikum. Und das Potential ist da an alle Bevölkerungsschichten ranzukommen. Berlin ist einfach eine tolerante, abgefuckte, schöne, hässliche, verrückte und entspannte Stadt.
"La vida es un carnaval": Auch Esquina Latina performte auf dem Karneval der Kulturen 2014.
Tobi: Die Stadt bietet vielseitige Möglichkeiten Zugänge zu Musik zu bekommen. Im Wedding gibt es eine große türkisch sprachige Community mit entsprechenden musikalischen Einflüssen. Und im Prinzip gilt dies für alle Einflüsse. Überall kannst du Musik hören und selbst was machen. Wir machen Salsa. Hier gibt es nicht so viele Salsa-Bands. Die meisten sind relativ klein. Und wir sind da mit neun Leuten selten. Aber wir haben natürlich den entsprechenden Sound.
Und wie sieht die Zukunft für Esquina Latina aus?
Tobi: Wir wollen natürlich immer neue Arrangements ausprobieren. Dafür sind Aufnahmen auch geplant. Schließlich werden wir eine kleine Outdoorsession ausprobieren: In Parks, relativ unabhängig von Technik und alles kurzzeitig. Mit anderen tanzen.
Lea: Einfach Boxen einpacken und rausgehen und zum Beispiel im Mauerpark spielen. Wir möchten einfach mobil sein und immer mehr für tanzendes Publikum singen.
Wer Esquina Latina live erleben möchte, sollte heute ihr Konzert besuchen: Die Band tritt um 20 Uhr auf der Bühne im Artenschutztheater (Lüneburger Straße 370, 10557 Berlin-Mitte) auf.
Cafébabel Berlin schmeißt die Jukebox an
Keine Lust mehr auf die immer gleichen Tophits, Radioschleifen oder Spotify-Playlists? Ab April 2014 stellen wir euch in der Rubrik Jukebox junge Musiker, DJs und Live Acts aus Berlin vor, die noch Unerhörtes zu bieten haben. Mehr Tracks und Playlists gibt es auf Facebook und Twitter.