Ben Hamidou : « Die Zivilisation, Mutter ! »
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Barbara BraunWas passiert, wenn eine ungebildete Frau die Zivilisation entdeckt? Der aus Molenbeek stammende Schauspieler Ben Hamidou hat auf seine Art den internationalen Frauentag gefeiert: mit einer Aufführung voller Humor und Menschlichkeit. Und Liebe.
Seit der Premiere beim Festival Daba Maroc im Oktober 2012 ist das Schauspiel "Die Zivilisation, Mutter!" gespielt von Ben Hamidou ein Dauerbrenner in Brüssel. Es ist die Bühnenbearbeitung des gleichlautenden Romans und Klassikers der marokkanischen Literatur von Driss Chraïbi. Der Regisseur Gennaro Pitisci und sein Freund Ben Hamidou würden dieses Buch am liebsten ab sofort in allen unseren Bibliotheken gleich neben den großen Klassikern der westlichen Literatur sehen.
Die Geschichte ist einfach, aber mitreißend. Wir sind im Marokko der 30er Jahre. Welches Schicksal erwartet Yasmine, eine mit 13 Jahren verheiratete Frau und Mutter von 2 Kindern, die noch nie das Haus verlassen hat? Die Antwort liegt in den Händen ihrer beiden Söhne, die eines Tages beschließen, ihre Augen für eine Welt zu öffnen, die ihr bisher immer Angst gemacht hat. Eine Welt, die sie langsam und vorsichtig in ihrer Fantasie zu genießen beginnt. Zunächst über ein Radio, das ihr die Jungs schenken, später übers Telefon, mit dem sie stundenlang mit Unbekannten spricht. Schließlich wagt sie, ohne das Wissen ihres Mannes, den Schritt über die Hausschwelle, die sie bisher von der "Zivilisation" getrennt hat. Im Laufe ihrer Eskapaden blüht Yasmine wie ein Blume auf, lernt lesen und schreiben, entdeckt ihr Wohnviertel, findet Freunde, geht sogar mit ihren Jungs ins Kino, wird von Männern teils mit verwunderten teils mit entsetzten Blicken betraut. Ihr Hausverstand und ihre Zivilcourage lassen sie sogar an einem Stück Weltgeschichte teilhaben, als sie sich französischen Kolonisten gegenüber behauptet.
Ben Hamidou ist alleine auf der Bühne, ein Stuhl ist das einzige Dekor. Er spielt alle Figuren, alle Geräusche und Plätze der Geschichte. Sein sonniger Humor, seine geschmeidigen und harmonischen Gesten, seine spontanen und spritzigen Choreographien und seine urkomischen Karikaturen haben alle begeistert. Alle haben von Herzen gelacht: Junge und weniger Junge, Marokkaner oder nicht. Dieser polymorphe Künstler war für uns die Offenbarung des Abends.
Eine Frage ist allerdings unbeantwortet geblieben: Wird die Freiheit bei Yasmine dazu führen, dass sie keine glückliche Ehe mehr führen kann?
Translated from Ben Hamidou : « LA CIVILISATION, MA MèRE ! »