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Awa Ly: Pop'n Folk einer 'Außerirdischen'

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BrunchPolitik

Sie kommt aus Paris und auch ein bisschen aus Dakar, doch Rom ist die Stadt, in der Awa Ly zwei Talente für sich entdeckt hat: Eine Stimme und eine Schreibfeder voller Energie. Begegnung mit der italienischsten unter den französischen Sängerinnen mit senegalesischen Wurzeln.

Rendez-vous im Ombre Rosse, einem Café unter grünenden Bäumen im Herzen von Trastevere, mitten im Stadtzentrum von Rom. Es ist eine der Lieblingsbars von Awa Ly und sie hat das Café als Gesprächsort ausgesucht. Sie kommt ein wenig zu spät - ganz auf die italienische Art - und begrüßt einen Freund nach dem anderen mit spontanem, melodisch-schallendem Gelächter. Wir setzen uns drinnen an einen Tisch, weil es an diesem Nachmittag etwas kühler ist als normalerweise um diese Jahreszeit. Sie bestellt einen Eistee. In dieser Bar, in der sie regelmäßig singt, dröhnen heute die Vuvuzelas aus einem südafrikanischen Fußballstadion, in dem sich eine europäische und eine afrikanische Mannschaft gegenüberstehen. „Ich hätte gern, dass der Weltmeistertitel an Afrika geht“, flüstert sie mir zu.

„Ich bin wegen eines Praktikums nach Rom gekommen… vor zehn Jahren“

Die Diven Sarah Vaughan und Nina Simone sowie die"World Music" von Asa oder Rokia Traoré

Als Kind senegalesischer Eltern ist Awa Ly in Frankreich geboren. Ein Großteil ihrer Familie lebt noch immer in Dakar. Sie hat sich selber dafür entschieden, in Italien zu leben. „Ich bin wegen eines Praktikums nach Rom gekommen. Das war vor mittlerweile fast elf Jahren.“ Sie studierte Sprachen, Handel und Europarecht und entdeckte in Rom ihr Talent als Sängerin. „Ich habe hier viele Musiker-Freunde kennen gelernt, besonders in der Jazz-Szene. Sie haben mich zu Konzerten in Clubs mitgenommen. Einer von ihnen, Emiliano Pari, hat mich dazu ermutigt, an Jam-Sessions teilzunehmen. Und „piano piano“, Stück für Stück, hat man mich immer öfter gefragt, warum ich keine eigenen Konzerte gebe, warum ich keine eigene Band hätte. Daran hatte ich zuvor nie ernsthaft einen Gedanken verschwendet.“

Awa Ly begann daraufhin eigene Texte zu schreiben, trat in Bars auf und war so enthusiastisch, dass sie am Ende des Abends manchmal vergaß, ihre Gage einzunehmen. „Ich habe es für so unwahrscheinlich gehalten, von meiner Musik leben zu können!“ bricht es mit lautem Lachen aus ihr heraus. Es folgen die Begegnung mit Massimiliano Giangrande, ihrem ständigen Begleiter auf der Bühne und die Aufnahme ihres ersten Albums Modulated. Je nach Publikum spricht Awa Ly Französisch mit ein paar Brocken Italienisch vermischt oder umgekehrt, doch sie schreibt und singt auf Englisch. „Der Grund dafür ist womöglich, dass ich seit kleinauf sehr viel angelsächsische Musik höre: Pop, Folk, Jazz. Ich finde die englische Sprache musikalischer, angemessener, um bestimmte Ideen auszudrücken. Ich habe auch einige Texte auf Französisch verfasst, bin aber noch nicht zufrieden damit. Vielleicht werde ich eines Tages einen Text auf Wolof machen, warum nicht? Aber im Moment ist es Englisch, weil es so am besten passt…“.

"Folkloristischer Pop mit Verunreinigungen aus Blues und Jazz"

Ihre Inspiration schöpft Awa Ly von den großen Stars des Jazz, die unerschöpflich immer und immer wieder hört - Sarah Vaughan, Ella Fitzgerald, Nina Simone - und sich dabei den Stimmen und Rhythmen der aktuellen „World“-Welle hingibt: Susheela Raman, Rokia Traoré, Asa, Hindi Zahra… Und der Musikstil von Awa Ly? „Ein sehr folkloristischer Pop-Sound mit Verunreinigungen aus Blues und Jazz … eigentlich ist es eine Mischung aus all dem, was ich auch im Leben bin.“ Awa Ly ist eine Art Außerirdische in Italien, einem Land, in dem Menschen mit einer etwas dunkleren Hautfarbe eher als „nicht zur Gemeinschaft gehörend“ abgestempelt werden. Aber sie vertraut mir an, in den zehn Jahren noch nie unter ihrer Andersartigkeit gelitten zu haben: „Rassismus entsteht durch Ignoranz, aber ich persönlich habe die Italiener immer als sehr neugierig erlebt; sie wollten wissen, wie ich hierhin gekommen bin. Und sie waren vor allem erstaunt, dass ich in Paris geboren bin und nun in Rom lebe!“

„Die Andersartigkeit verläuft durch den Underground“

“Man muss in kleinen Bars live auftreten, um bekannt zu werden“Dennoch ist sie in Italien „künstlerisch geboren“ und das ist fast schon eine außerordentliche Leistung. „Die Musik ist hier sehr kommerziell, wenn du nicht auf den großen Radiosendern läufst, ist es wirklich schwierig, sich seinen Platz zu erkämpfen. Die Andersartigkeit verläuft durch den „Untergrund“. Du musst Live-Konzerte in all den kleinen Bars und reservierten Clubs geben, um dich bekannt zu machen“ - offen gesagt scheint sie das nicht sonderlich zu stören. Awa Ly gibt mehr und mehr Konzerte auf den römischen Bühnen, sowie in Paris, in Berlin, in München… und da keine Grenze sie aufhalten kann, hat sie sogar in Japan gesungen. Seitdem kann sie auf der Bühne den Takt auf Japanisch anzählen und anstatt ihren Musikern das „A“ vorzugeben, bricht sie in schallendes Lachen aus.

„Man erfindet keinen Beruf für sich“

Nach und nach findet Awa Ly sich auf immer mehr Sets wieder, um in Filmen zu spielen. Ihre letzte Rolle hatte sie in La Nostra Vita von Daniele Luchetti, dem einzigen 2010 in Cannes nominierten, italienischen Film. Sie beurteilt die Erfahrung als interessant, bewahrt aber einen kühlen Kopf: „Man erfindet keinen Beruf für sich, besonders nicht den des Schauspielers.“ Im Laufe der Anekdoten ist die Zeit vergangen, die Eiswürfel in unseren Gläsern sind geschmolzen und das Fußballspiel ist längst vorbei. „Selbst wenn ich von vielen Dingen träume“, verrät Awa Ly schließlich „die Musik hat für mich Vorrang. Ich möchte ganz einfach weiterhin meinen Beruf ausüben, ihn weiterhin teilen und einfach leben.“

Nächste Konzerte: Am 18. Juli in Fregene (Rom), am 23. Juli in München, am 31. Juli in Maratea am Festival Incontro fra le arti… Das letzte Album von Awa Ly, Modulated (Roadhouse), kam 2010 heraus.

Fotos : Une ©Fabiola Torres; Awa Ly face aux verres flottants : ©Shirin Amini;  live : ©Luca Innocenzi

Translated from Awa Ly : Modulations pop’n folk d’ici et d’ailleurs