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Athen: Gesichter der "Generation 700 Euro"
Published on July 29, 2010
Gesellschaft Politik
Überqualifiziert? Im europaweiten Vergleich haben die Griechen die meisten Diplome in der Tasche. Sie stecken voller Ideen, Fähigkeiten und Erfahrungen. Doch griechischen Meinungsmachern fällt nichts Besseres ein, als ihnen den Spitznamen „Generation 700 Euro “ zu verpassen. 700 Euro, so hoch ist hier in Griechenland der Mindestlohn. Eineinhalb Jahre nach dem Tod von Alexis Grigoropoulos am 6. Dezember 2008 und den darauffolgenden Studentenprotesten gegen die Perspektivlosigkeit der jungen Generation und die mangelnde Unterstützung durch die griechische Regierung bleibt das Bild einer Jugend ohne berufliche Perspektiven. Diese Zukunftsangst schmückt auch die Mauern von Exarchia, dem alternativen Künstlerviertel Athens. Die Fotografin Dana Cojbuc hat einige dieser jungen Absolventen, die sich von Praktikum zu Praktikum und von Nebenjob zu Nebenjob hangeln, in den Straßen von Exarchia getroffen. Ihre Bilder zeigen alltägliche Gewalt und Verzweiflung, aber lassen auch die Lebenslust und Hoffnung einer „Generation“ durchscheinen, die alles andere als „verloren “ ist.
Elefteria hat eine Ausbildung in Kommunikations- und Medienwissenschaften absolviert und ist auf Werbung spezialisiert. Seit sie im Jahr 2005 ihr Studium abgeschlossen hat, reihen sich befristete Verträge aneinander, die mit ihrem Fachgebiet herzlich wenig zu tun haben. Auch ihr derzeitiger Job an der Kasse und im Reservierungsbüro der Staatsoper in Athen ist durch die eventuelle Schließung der Kultureinrichtung mangels öffentlicher Finanzierung bedroht. Im Gegensatz zu vielen anderen jungen Athenern, die bei ihren Eltern wohnen bleiben, ist Elefteria eine der wenigen Privilegierten, die ein eigenes zu Hause haben. (Foto ©Dana Cojbuc)
Fwtini hat einen Magister in Mathematik und einen Master in Statistik, eine eher seltene Ausbildung. Im Moment jedoch scheint der Markt für diese Spezialisierung keinen Bedarf zu haben. Nachdem sie 12 Monate mit dem Verfassen von Schulbüchern verbracht hat, wurde sie immer noch nicht vom Verleger bezahlt. (Foto ©Dana Cojbuc)
Ovidiu hat nach dem erfolgreichen Abschluss seines Studiums der
englischen Philologie noch einen Master in Politikwissenschaften mit
Spezialisierung auf die Balkanländer absolviert. Nachdem er sehr lange
an der Rezeption bzw. aushilfsweise als Journalist gearbeitet hat, ist
er momentan auf Jobsuche. (Foto ©Dana Cojbuc)
Die jungen Athener haben lange und hart mit der Stadtverwaltung gekämpft, um einen Parkplatz im Zentrum in einen Park und allgemeinen Treffpunkt umwandeln zu können. Seitdem finden sich hier nachmittags die Kinder zum Spielen ein, die Jungen und weniger Jungen machen es sich abends gemütlich. Eine Atempause weit weg von dem Getöse der Medien rund um die Krise in Griechenland, hier wird beratschlagt, getratscht und einfach so weitergelebt wie vorher. (Foto ©Dana Cojbuc)
Ein Master in Kulturmanagement reicht für Sofia nicht aus, um einen ersten Vertrag in ihrem Fachgebiet zu erhalten, der diesen Namen auch verdient. Faul war die junge Griechin jedoch keineswegs: Für die UNESCO hat sie als Praktikantin gearbeitet, immer mit der Hoffnung, irgendwann eingestellt zu werden. Völlig umsonst! Seit 30 Monaten absolviert Sofia nun bereits das nächste Praktikum. Sie ist für den Hotelführer des griechischen Hotelverbandes verantwortlich. Dennoch beschwert sich die ewige Praktikantin nicht über ihre miserable Lage und bleibt guter Hoffnung, irgendwann einen ihr angemessenen Job zu finden. (Foto ©Dana Cojbuc)
Auch Nancy hat einen abgeschlossenen Master in Kommunikations- und Medienwissenschaften. Doch nach zahllosen Gelegenheitsjobs und befristeten Anstellungen ist sie jetzt arbeitslos. Damit steht sie nicht alleine da: Die Arbeitslosenrate bei jungen Griechen ist eine der höchsten in der Eurozone. Nach Meinung der OECD könnte sie sogar von 25,3% im September 2009 auf 28% zum Ende der Jahres 2010 ansteigen. Ist es nun ein Trost für Nancy zu wissen, dass es einem Viertel der jungen Griechen genauso geht wie ihr? Hier geht die junge Frau gerade an einem am Vorabend angezündeten Auto vorbei, mitten in Exarchia. (Foto ©Dana Cojbuc)
Setzt Euch einmal am Nachmittag auf den zentralen Platz in Exarchia: Drei Jungs spielen Basketball, während vier Kinder mit einem Fußball jonglieren. Gleich daneben quatschen ihre Kumpel, auf einer Statue sitzend und das Tischfußballspiel beobachtend, dass wenige Meter davon entfernt stattfindet. Kommt dann nach einer Stunde wieder an Ort und Stelle zurück. Die Szene wird die gleiche sein, nur die Spieler haben die Posten gewechselt: Die Basketballer haben sich dem Fußball zugewendet, während die Fußballspieler sich jetzt an Tischfußball oder Tischtennis versuchen. In Exarchia herrscht eine solidarische Stimmung, man hört leise Musik im Hintergrund und sieht Kinder spielen. Auch die Besucher der umliegenden Café-Terrassen haben verstanden, dass sich die Jungend austoben muss. (Foto ©Dana Cojbuc)
Gewaltausbrüche ereignen sich nicht in Exarchia, doch die Farbe der Wände lässt keinen Zweifel an der nach wie vor angespannten Atmosphäre, die seit dem 6. Dezember 2008 in diesem alternativen Viertel herrscht. Genau hier wurde der junge Alexis Grigoropoulos mit zwei Schüssen aus nächster Nähe von Polizisten in Zivil getötet. Seit diesem Tag zeugen die Mauern von der Wut der jungen Generation. Zur Krise auf dem Arbeitsmarkt gesellt sich die zunehmende Unsicherheit auf den Straßen. Hier erinnert eine Gedenkplatte an den Tod des jungen Mannes und bewahrt vor dem Vergessen. (Foto ©Dana Cojbuc)
Nikos hat eine Architekturschule besucht. Der Immobiliensektor ist inzwischen jedoch weitaus weniger dynamisch als zu den Olympischen Spielen in Athen 2004. Dem jungen Architekten bleibt kaum genug Geld zum Leben, insbesondere, wenn man bedenkt, dass er 900 Euro Steuern pro Halbjahr bezahlen muss, um seinen Beruf weiter ausüben zu können. In Anbetracht der Erhöhung der Mehrwertsteuer von 21% auf 23% am 1. Juli 2010 und dem Anstieg der Steuern auf Benzin, Alkohol und Zigaretten um 10% macht er sich auf schwierige Zeiten gefasst. Momentan arbeitslos, erhält er lediglich aufgrund seiner Mitgliedschaft im Architektenverband 900 Euro im Monat. (Foto ©Dana Cojbuc)
Seit Ianis sein Studium der Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen hat, arbeitet er für Lean Management, ein kleines Unternehmen, welches Seminare und Weiterbildungen zu Verkaufstechniken für Abteilungen von Firmen anbietet. Die Firma bestand bisher aus einem Zweimannteam, Ianis Chef hat ihm nun jedoch freundlich angeraten, sich anderweitig Arbeit zu suchen… (Foto ©Dana Cojbuc)
Translated from Athènes : les visages de la « génération 700 euros »
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