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Armes Italien

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Politik

Die Inflation liegt über dem europäischen Durchschnitt, die Löhne dagegen sind seit Jahren eingefroren. Die Folge: Die Kaufkraft sinkt, die Jugend verarmt.

Der Jahresbericht der Banca d’Italia aus dem Jahr 2006 bestätigt: Das ökonomische Ungleichgewicht in Italien und die Armut ganzer Familien erreicht mittlerweile alarmierende Ausmaße. Doch ab wann gehört man zu den "Armen"? Nach Angaben des nationalen statistischen Instituts (Istat) liegt die Armutsgrenze bei einem Einkommen von unter 500 Euro in Singlehaushalten sowie bis zu 2200 Euro für Haushalte mit sieben und mehr Mitgliedern.

Die Prognose: 20 Prozent der italienischen Haushalte unterhalb der Armutsgrenze

Laut Aussage der Verbraucherschutzorganisation Codacons (Coordinamento delle associazioni per la tutela dei diritti dei consumatori), die sich auf eine Umfrage des Istat von 2005/06 beruft, haben 14,6 Prozent der italienischen Familien Schwierigkeiten, bis Monatsende auszukommen. Tendenz steigend: Bis Ende 2008 können es 20 Prozent sein. Viele Italiener geben an, bereits an den Dingen des täglichen Bedarfs sparen zu müssen, doch die größten Probleme stellen immer noch Versicherungen und die Kosten für Transportmittel dar. Gemessen an der Höhe des Einkommens ist die Kaufkraft bei den Rentnern am stärksten gesunken, um 15,5 Prozent, bei Arbeitern und Angestellten geht sie um 7,9 Prozent zurück. Am wenigsten betroffen sind die Führungskräfte, wo die Kaufkraft um 1,4 Prozent nachgelassen hat. Das Problem ist also in erster Linie ein wirtschaftliches, das jedoch immer stärker seine soziale und damit politische Dimension zeigt.

Steigende Inflationsrate bei gleichbleibenden Löhnen

La società del consumo (Foto: Maciej Lewandowski. Macieklew/flickr)

Wie sieht es mit dem Preisniveau aus? Im Januar dieses Jahres erreicht die Inflation - auf Energiewerte und Nahrungsmittel - in der Eurozone mit 3,2 Prozent den bisher höchsten Wert seit vierzehn Jahren. Damit liegt sie, das neunte Jahr in Folge, oberhalb der 2-Prozent-Marke. Wie auch in den vergangenen Jahren überschreitet die Teuerungsrate in Italien sogar das europäische Mittel. Laut Istat sind die Preise für Gegenstände des täglichen Bedarfs im Februar 2008 um 5 Prozent gestiegen, bei einer Inflation von durchschnittlich 2,9 Prozent: Der Brotpreis liegt um 12,5 Prozent höher, die Pasta verteuert sich um 14 Prozent. Die Preise für Lebensmittel und nichtalkoholische Getränke sind in einem Jahr um 5,7 Prozent gestiegen. Vorschläge zur Einführung eines 'dreifachen Preises' (Hersteller-, Großmarkt- und Einzelpreis) sollen diese Situation entschärfen. Besonders betroffen sind - unter den weniger reichen Städten - Neapel, Cagliari, Reggio Calabria, L’Aquila und Potenza.

Denn während die Preise steigen, ist das Einkommensniveau in Italien nach wie vor unter den niedrigsten der OECD-Länder. In der Liste für 2007 liegt Italien auf dem 23. Platz, noch hinter Spanien und Griechenland. Im Unterschied zu den europäischen Nachbarländern sind die Löhne in Italien seit gut zehn Jahren praktisch eingefroren. So geht der Umsatz weiter zurück, im Februar 2008 ist er um 1,1 Prozent gesunken - seit drei Jahren der schlechteste Wert - während die Verschuldung längerfristig zunimmt.

Ohne Produktivität kein Wachstum

Die Produktivität stagniert. Das heißt: weniger Wettbewerb, weniger Kaufkraft, weniger Konsum und Wirtschaftswachstum. Die Erfindung von Mr. Prezzi (siehe Box) mag hier kurzfristig helfen, ist aber auch keine dauerhafte Lösung. Und obwohl der Euro nicht die Hauptursache des italienischen Problems ist, bringen die Konsumenten der Einheitswährung angesichts der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung und eines Bruttoinlandsprodukts, das keine Senkung des Zinssatzes erwarten lässt, nur noch wenig Vertrauen entgegen.

Die Jungen sind die Armen

Das Armutsrisiko steigt umgekehrt proportional zum Lebensalter: Unter den Minderjährigen leben 2006 bereits 19 Prozent unterhalb der Armutsgrenze, bei den über Sechzigjährigen hingegen sinkt der Wert auf 8,5 Prozent. Mit anderen Worten: Italien kümmert sich heute in erster Linie um die Finanzierung der Renten, für Familien, Unternehmen und die Jugendlichen bleibt nicht mehr viel übrig.

Wahlkampf um die Wirtschaft

Natürlich spielen diese Probleme im sozialen und ökonomischen Bereich eine zentrale Rolle für die Wahlen im April. Sowohl Walter Veltroni als auch Silvio Berlusconi versprechen Steuersenkungen, Kürzung der öffentlichen Ausgaben, Verbesserungen im Niedriglohnsektor und Zuschüsse. Wie immer im Wahlkampf. Mit dem Unterschied jedoch, dass wir uns zurzeit in einer wirtschaftlichen Krise befinden, die durchaus "global" zu nennen ist. Die nächste Regierung wird eine Antwort auf die Frage geben müssen, ob Italien noch "ein reiches Land" ist. Heute können wir die Frage noch bejahen. Aber der Wettlauf gegen die Zeit hat schon begonnen und Italien liegt zurück.

Kann Mr. Prezzi die Krise beenden?

Seit dem 15. Januar 2008 führt Antonio Lirosi, der Abteilungsleiter für Marktregulierung im Ministerium für Wirtschaftsentwicklung, die Oberaufsicht über die Preise. Er ist "Mister Prezzi" (Herr Preis). Seine Aufgabe liegt darin, in Zusammenarbeit mit dem Ministerium den Markt zu überwachen, auf Hinweise der Bürger einzugehen und mit Hilfe der Guardia di Finanza (Finanzpolizei) regulierend einzugreifen. In der Schweiz gibt es seit 1991 einen "Monsieur Prix", der Preiserhöhungen auf ihre Zulässigkeit überprüft, etwa im Bereich der Energieversorgung oder der öffentlichen Verkehrsmittel. Außerdem soll er Missbrauch, Monopolbildung und Spekulation verhindern.

Homepage-Fotot: Euro (wfabry/flickr), Intext-Fotos (Macieklew/flickr), Pasta (Stefano Menegon/A.F.A.&G/flickr)

Translated from Povera Italia, stipendi più bassi di Grecia e Spagna