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Arabischer Frühling 2011: Ein Vergleich mit dem Fall des Eisernen Vorhangs

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kfluegge

Politik

Können die Demokratiebewegungen der nordafrikanischen Maghreb-Staaten von Osteuropa lernen? Ein Kommentar von Daniel Novotny, Vizedirektor des Forschungszentrums der Tschechischen Gesellschaft für Internationale Angelegenheiten in Prag.

Die Maghreb-Staaten in Nordafrika erleben derzeit eine Welle von Protestbewegungen, die die sicherheitspolitische Situation der Region stark verändert. Daher überrascht es nicht, dass dort ansässige Politik- und Wirtschaftswissenschaftler aus den Demokratie-Bewegungen der postkommunistischen Staaten Europas im Jahr 1989 lernen möchten. Vergleicht man die beiden Fälle, gibt es zwar Unterschiede in Bezug auf Sicherheit, Lebensumstände und Nationenbildungsprozess. Geht es allerdings um die wirtschaftliche und politische Entwicklung der zwei Regionen, werden erstaunliche Gemeinsamkeiten deutlich.

Gewaltfreie, demokratische Übergänge

Dass der Übergang zur Demokratie nicht leicht und schmerzlos sein würde, war von vornherein klar. Obwohl die ehemals kommunistischen Staaten Osteuropas mit den Folgen zweier Weltkriege und eines vierzig Jahre dauernden, kommunistischen Regimes zu kämpfen hatten, waren sie nie vollständig von ihren Nachbarn in Westeuropa getrennt. Die demokratische Revolution erfolgte gewaltfrei und in den einzelnen Ländern wurden dauerhafte Mehrparteiensysteme etabliert. Die maghrebinischen Staaten können daraus lernen, wie wichtig es ist, beim Übergang von einem totalitären zu einem pluralistischen System auf Presse- und Medienfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschen- und Bürgerrechte zu setzen und dadurch zu Beginn zumindest die schlimmsten Fälle von Machtmissbrauch und Korruption einzudämmen. Hier sind Verantwortungsvolle und kooperative Eliten wichtig.

Balkanisierung vermeiden

Unter „Balkanisierung“ versteht man die Fragmentierung des ehemaligen Jugoslawiens in kleine, sich feindlich gegenüberstehende Teilstaaten. Anders als dort trennten sich die Tschechische Republik und die Slowakei ohne Kriegserklärung und ohne ethnische Konflikte. Der friedliche Übergang wurde durch effektive Konfliktlösung und den Schutz von Minderheiten erreicht. Diese beiden Faktoren – Konfliktlösung und Minderheitenschutz – sind wesentlich, wollen die Maghreb-Staaten sich erfolgreich in die internationale Gemeinschaft einfügen. Soll die Arabische Maghreb-Union, die Erwartungen vieler der Menschen in der Region erfüllen und Nordafrika eine stabile und attraktive Region für Investitionen aus dem Ausland werden, muss zunächst der Westsahara-Konflikt (zwischen Marokko und Algerien) gelöst werden.

Nichtstaatliche Organisationen fördern

Die Maghreb-Staaten müssen versuchen, für ihre Bürger eine 'Sicherheit von unten' aufzubauen, indem sie ethnische und soziale Minderheiten schützen. Sämtliche Bevölkerungsgruppen sollten zumindest minimale soziale Unterstützung sowie Zugang zu politischen Ämtern erhalten. Ressourcen sollten gleichmäßig verteilt werden.

Politische und wirtschaftliche Integration vorantreiben

Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Maghreb-Staaten kann ein nachhaltiges Wachstum der einzelnen Volkswirtschaften fördern und ihre Verhandlungsposition gegenüber der Europäischen Union stärken. Durch eine verbesserte Infrastruktur kann die Wettbewerbsfähigkeit der Region gestärkt werden, um sie für Investoren aus dem Ausland attraktiver zu machen. Die ehemaligen kommunistischen Staaten in Osteuropa durchliefen seit dem 19. Jahrhundert mehrere Industrialisierungs- und Modernisierungsprozesse. Die vier Jahrzehnte unter kommunistischer Herrschaft führten glücklicherweise nicht zum Verlust von Infrastruktur und zum Abbruch aller Handelskontakte nach Westeuropa. Die Wiederbelebung der alten Kontakte mit den westlichen Nachbarn wurde außerdem durch eine recht erfolgreiche Integrationsinitiative – die sogenannte Visegrád-Gruppe – erleichtert, die von der Tschechischen Republik, Ungarn, Polen und der Slowakei ins Leben gerufen wurde.

Die postkommunistischen Länder Europas sollten ernsthaft darüber nachdenken, ihre Erfahrungen mit den nordafrikanischen Ländern zu teilen, um sie auf mögliche Fallen aufmerksam zu machen, die den schwierigen und gefährlichen Weg von einem autoritären zu einem demokratischen System pflastern. Dadurch könnten die Länder Osteuropas gleichzeitig ihre Position in der Maghreb-Region fördern.

The author of this article is affiliated with the Association for International Affairs in Prague

Foto: (cc) Numerius/ Anders/ flickr

Translated from Arab spring 2011 and Europe’s fall of communism in 1989