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Ansehen: 10 deutsche Filme aus den letzten 10 Jahren

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BerlinKultur

Bald startet die Berlinale und die deutsche Hauptstadt ist im Filmfieber. Zum Einstimmen zehn sehenswerte Leinwand-Kunstwerke aus Deutschland - denn da gibt's noch mehr nur als Das Leben der Anderen.

Requiem (2006)

Erinnert sich noch jemand an den Horror-Schocker Der Exorzismus von Emily Rose? Requiem basiert auf der gleichen, wahren Geschichte, nämlich dem Exorzismus von Anneliese Michel. Regisseur Hans-Christian Schmid hat daraus aber keinen Gruselfilm gemacht, sondern eine leise Sozialstudie. Erzählt wird die Geschichte von Michaela Klingler (Sandra Hüller), die Anfang der 1970er in der süddeutschen Provinz lebt, in einem streng religiösen Elternhaus. Als Michaela gegen den elterlichen Widerstand ein Studium in Tübingen beginnt, fängt für sie ein neues Leben an. Wären da nur nicht die epileptischen Anfälle, für die Michaela bald nur eine Erklärung hat: Sie ist vom Teufel besessen.

Das weiße Band - eine deutsche Kindergeschichte (2009)

Der Titel Das weiße Band – eine deutsche Kindergeschichte klingt harmlos – der Film selbst ist es aber nicht. Komplett in schwarz-weiß gedreht siedelt Regisseur Michael Haneke die Handlung im fiktiven norddeutschen Dorf Eichwald an, vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Dort herrschen strenge Verhältnisse, die Atmosphäre ist bedrückend. Besonders die Kinder und Jugendlichen leiden unter dem Klima der Angst, der Züchtigung und Gewalt. Dann passieren seltsame Dinge, kleine Akte der Grausamkeit. Das weiße Band gilt als Kritik am sittenstrengen Protestantismus, der sich gegen jede individuelle Persönlichkeitsentwicklung richtete - und so letztendlich den Weg zum Nationalsozialismus ebnete.

Alle anderen (2009)

Es soll ein richtiger Pärchenurlaub werden, aber statt Romantik liegt Ärger in der Luft: Gitti (Birgit Minichmayr) und Chris (Lars Eidinger) kommen sich auf Sardinien ständig in die Haare. Und dann treffen sie auch noch auf ein Paar, bei dem alles perfekt zu laufen scheint - dank traditioneller Rollenverteilung, die sich hinter der Fassade vom modernen Paar verbirgt. Vor allem Chris beginnt, seine doch eigentlich ganz glückliche Beziehung zu Gitti zu hinterfragen. Die ist irritiert von diesem neuen „starken Mann“ - und weiß bald nicht mehr, ob sie sich seinen Erwartungen anpassen oder dagegen ankämpfen soll. (Lest hier ein Porträt von Regisseurin Maren Ade, als sie Alle anderen 2010 in Paris präsentierte)

Almanya - Willkommen in Deutschland (2011)

Bei den meisten sogenannten „Multikulti-Komödien“ made in Germany sollte man lieber schreiend wegrennen - nicht so aber bei Almanya - Willkommen in Deutschland. Die Schwestern Yasemin und Nesrin Şamdereli spielen in ihrem Kino-Debüt geschickt mit deutsch-türkischen Klischees und Erwartungshaltungen, ohne dabei in peinliche Feelgood-Gefilde abzudriften. Im Mittelpunkt steht die Familie Yılmaz. Die 22-jährige Canan (Aylin Tezel) erzählt ihrem kleinen Cousin Cenk die Geschichte von Großvater Hüseyin (Fahri Ogün Yardım), der in den 1960er als Gastarbeiter nach Deutschland kam. Eben dieser Hüseyin hat just ein Haus in der Türkei gekauft und möchte es zusammen mit der ganzen Familie renovieren.

Kriegerin (2011)

Das deutsche Kino beschäftigt sich zwar gerne und oft mit dem Dritten Reich, um Nationalsozialismus heute geht es aber eher selten. Beeindruckende Ausnahme: Kriegerin. Regisseur David Wnendt lässt darin die 20-jährige Marisa (Alina Levshin) auf die Zuschauer los - und die ist überzeugter Neonazi. Sie lebt in einer ostdeutschen Kleinstadt, ist Teil einer rechtsradikalen, gewalttätigen Jugendgang und hasst eigentlich alles: die Polizei, Juden, Ausländer. Doch dann rammt Marisa die afghanischen Asylbewerber Jasul und Jamil mit ihrem Auto. Danach ist nichts mehr, wie es vorher war: Marisa beginnt, ihre Weltanschauung zu hinterfragen.

Oh Boy (2012)

Einer der deutschen Kinohits der letzten Jahre: Komplett in schwarz-weiß gedreht und mit stimmungsvoller Jazz-Musik unterlegt, folgt Jan-Ole Gerster in seinem Regiedebüt dem Endzwanziger Niko (Tom Schilling) durch Berlin. Niko hat keinen Plan, nicht für den Tag und noch weniger für sein Leben. Mehr oder weniger ziellos lässt er sich durch Berlin treiben, begegnet verschiedenen Menschen. Oh Boy durchzieht ein Hauch von Melancholie, der Film bietet aber auch jede Menge Situationskomik und präzise Darstellungen des „hippen“ Berlins: überteuerter Kaffee, Ausdruckstanz, Hipster, anyone? (Lest hier die ausführliche Kritik von Oh Boy und unser Interview mit Regisseur Jan-Ole Gerster)

Barbara (2012)

Klar, ein Werk über das Leben in der DDR darf in dieser Liste nicht fehlen. Christian Petzolds Barbara erzählt von der Ostberliner Ärztin Barbara (Nina Hoss). Die stellt im Sommer 1980 einen Ausreiseantrag, wird inhaftiert und in ein Provinzkrankenhaus an der Ostsee strafversetzt. Dort soll ein Kollege sie für die Stasi ausspionieren. Währenddessen bereitet Barbaras Geliebter Jörg in der BRD ihre Flucht in den Westen vor. Barbara-Hauptdarstellerin Nina Hoss macht mittlerweile übrigens auch international Karriere: Zuletzt spielte sie in der fünften Staffel der US-Serie Homeland mit.

Fack ju Göhte (2013)

Zugegeben, dieser Film fällt eher nicht in die Kategorie „anspruchsvolles Arthouse-Kino“. Dafür macht Fack ju Göhte einfach Spaß. Frauenschwarm Elyas M‘Barek spielt Zeki Müller, einen charmant-prolligen Ex-Knacki. Frisch aus dem Knast entlassen muss er feststellen, dass seine Freundin die Beute vom letzten Überfall auf einer Baustelle versteckt hat - über der sich jetzt eine Schule befindet. Was also tun? Klar, eine Stelle als Aushilfslehrer antreten und mit unkonventionellen Lehrmethoden für Stimmung sorgen. Sprüche wie „Heul leise, Chantal“, sind mittlerweile Kult. Heimlicher Star des Films ist eindeutig besagte Schülerin Chantal (Shooting Star Jella Haase) - tussig aber liebenswert.

Kreuzweg (2014)

Offenbar mögen die Deutschen Filme über Religion (siehe Requiem und Das weiße Band). Auch Kreuzweg von Regisseur Dietrich Brüggemann (das Drehbuch schrieb er zusammen mit seiner Schwester Anna) widmet sich einem jungen Menschen, der unter dem religiösen Druck zu ersticken droht: Die 14-jährige Maria (Lea van Acken) gehört der Priesterbruderschaft Pius XII. an, die den Katholizismus sehr traditionell auslegt. Maria will es allen recht machen - der strengen Mutter, den Lehrern und Mitschülern. Dann verliebt sie sich auch noch in einen Klassenkameraden. Wie soll sie das nur mit der durch ihre Religion diktierte reine Gottesliebe in Einklang bringen?

Victoria (2015)

Deutsche Journalisten, Filmfreunde und Kritiker sind sich einig: Victoria gehört zu dem Besten, was Deutschland in den letzten Jahren hervorgebracht hat du wurde zu Recht mit Preisen überschüttet. Regisseur Sebastian Schipper drehte die Ereignisse einer Nacht in einer einzigen, langen Einstellung - eine atemlose tour de force durch Berlin, wo die junge Spanierin Victoria (Laia Costa) vor einem Club eine Gruppe Berliner Jungs kennenlernt. Am Ende der Nacht ist nichts mehr so, wie es war. Ebenfalls toll: der Elektro-Soundtrack von Nils Frahm. (Lest hier die ausführliche Kritik zu Victoria)

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Ich bin ein Berliner - dieser Artikel stammt von unserem cafébabel Berlin-Team.