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Anouk Aïata: Musik machen und Karriere auf den Mond schießen

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Translation by:

Lisa Braamt

Kultur

Nach Jahren als Überlebenskünstlerin in Pariser Bars sieht Anouk Aïata endlich Licht am Ende des Tunnels. Nach einem Workshop, Kneipentouren und einer gehörigen Portion Durchhaltevermögen, bekommt die französische Sängerin ihre Chance. Das Ergebnis: eine EP (Oktober 2012) voller farbenfroher Melodien und ein Album für 2013.

Anouk Aïata hat das gewisse Etwas: Das Talent, verschiedene musikalische Einflüsse wie Flamenco, Hip Hop, Gospel, Jazz, Folk- oder auch Gypsy-Rhythmen in perfekten Einklang zu bringen. "Eine passende Nische für mich zu finden, ist das Problem der Plattenläden - nicht meins", wirft die Künstlerin mit schallendem Lachen ein. Sie hat eine tiefe, raue Stimme. "Meine Waffe", lacht die junge Frau, während sie ihre langen schwarzen Haare nach hinten wirft. Der Künstlername Anouk Aïata kommt aus der Sprache der Maori und bedeutet wörtlich übersetzt 'Die Frau, die die Wolken des Himmels isst‘. Der Name ist Programm: Anouk Aïata ist arglos, melancholisch und reiselustig zugleich. DOch besonders zeichnet sich die exzentrische Sängerin durch ihre Entschlossenheit aus.

Letzte Chance - vorbei

In ihrem Clip zu 'Pourquoi regardes-tu la lune? (Warum betrachtest du den Mond?)' trägt sie deshalb passend einen übergroßen Waschbärhut. Ohne Überleitung gesteht die Sängerin, dass sie mit der Hypnose begonnen hat - "um mit dem Essen aufzuhören. Anscheinend kann das funktionieren", lacht sie aus vollen Stücken. Die junge Frau hatte heute Morgen ihre erste Sitzung. Deshalb scheint der reichhaltige mediterrane Salat, den es zum Mittag gibt, noch nicht wirklich ausreichend. "Es braucht seine Zeit bis etwas seine Wirkung zeigt", äußert sie zwischen zwei Bissen. Esoterik-Hippie? Die Sängerin ist alles andere als steif. Anouk Aïata strahlt - und das aus gutem Grund: dieses Jahr hat sie bei dem französischen Musiklabel Barclay unterzeichnet. Trotzdem sind ihre bunt gemischten Melodien noch relativ unbekannt.

Vor drei Jahren habe ich es ernsthaft in Erwägung gezogen, mich zur Inneneinrichterin umschulen zu lassen.

"Vor drei Jahren habe ich es ernsthaft in Erwägung gezogen, mich zur Inneneinrichterin umschulen zu lassen", teilt sie vertraulich mit. Zu diesem Zeitpunkt hat die Sängerin bereits sieben Jahre Plagerei hinter sich. Aber sie bevorzugt die Variante: sieben Jahre "in der Schule des Lebens". In dieser Zeit hat Anouk kleine Pariser Locations abgeklappert und sich in Bier bezahlen lassen. "In diesem Leben damals war meine einzige Aussicht der Alkoholismus."

Als sie dann irgendwann auf die 30 zugeht, verliert die Künstlerin allmählich die Hoffnung, dass ihre Musik eines Tages Erfolg haben würde. "Wir haben wirklich gute Sachen gemacht", lacht sie und wird präziser. "In Paris und in der Musikszene hier ist es aber so, dass unglaublich viele Leute wirklich gute Sachen machen." Während sie auf den großen Paukenschlag wartet, hält sich Anouk mit kleinen Jobs über Wasser und träumt dabei von der Bühne: "Ich singe seit ich zum ersten Mal den Mund aufgemacht habe, ich wollte das nicht aufgeben."

Also gab sich die versessene Sängerin noch eine Chance: Die letzte! Sie setzt sich eine Deadline für all ihre Projekte, verließ die traditionellen Pfade, an die sie bisher geglaubt hat und stürzte sich kopfüber in ein neues Wagnis. Diesmal nicht allein, sondern zusammen mit dem Violinisten Amos Mâh. Falls die Sache laufen würde, soll ihr erstes Album 'Anouk Aïata and the last chance' heißen - falls nicht, würde Anouk nie wieder singen.

Mondenkind

Einen silbernen Mond um den Hals, einen weiteren auf dem Handgelenk tätowiert, kann Anouk dem Himmel oder auch ihrem eisernen Willen danken, dass sich die Dinge so gut für sie entwickelt haben. Schlussendlich haben sich Anouk und Amos doch entschieden, den Anhang 'and the last chance' im Titel ihrer im Oktober 2012 erschienenen EP zu streichen - das klang dann wohl doch etwas zu deprimierend. "Es erschien mir, als würde man den Leuten sagen: kauft die CD oder ich hänge mich auf." Mit dem geplanten Erscheinen des Debütalbums 2013 hat das Duo nun aber keinen wirklichen Grund mehr zu zweifeln.

Der Durchbruch der beiden Künstler kam nach einem gemeinsamen Workshop, wo sie in einer imaginären Sprache sangen - wie gesagt, sie sind ziemlich abgespaced. Und dann war da dieser Schlüsselmoment bei einem Konzert in China im Juni 2011: "Es waren vier Plattenfirmen da an diesem Abend und ich war dermaßen aufgeregt bis zum ersten Titel, dass ich diesen komplett falsch gesungen habe." Hinter ihrer wortgewandten Fassade ist Anouk sehr empfindsam und wenn die Emotionen durcheinander geraten, versagt ihre Stimme.

Doch mit der Improvisation soll erstmal Schluss sein. Anouk nimmt Gesangsunterricht und verbringt ausgedehnte Stunden im Studio. Ketterauchend arbeitet sie wie eine Wahnsinnige; allerdings versucht sie das Rauchen aufzugeben. Sie denkt an die Tournee, hat bereits mit der französischen Gruppe Zebda zusammengearbeitet und verschwendet keinen Gedanken daran, das Tempo etwas runterzufahren.

Trotz der Leichtigkeit ihres Wesens und ihrer Texte, will Anouk Aïata mehr ausschöpfen - sie sucht nach Tiefe und Intensität. "Ich kann nichts schreiben, wenn ich abgeschottet von der Welt lebe, nicht ausgehe, nichts sehe, nichts höre", erklärt sie. Sie bewundert die 'Grandes Dames' der französischen Musik - "Barbara, weil ihre Musik schön ist - Dalida, weil ihre Musik frisch ist", sagt Anouk.

Illustrationen: Teaserbild ©offizielle facebook-Seite von Anouk Aïata; Videos ©AnoukAiataOfficiel/YouTube

Translated from Anouk Aïata : « à l'école de la vie »