Andrzej Duda: Polens populistischer Präsident
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Der klare Sieg des Nationalkonservativen Andrzej Duda bei den polnischen Präsidentschaftswahlen ist ein Überraschungserfolg. Amtsinhaber Komorowski war zu selbstsicher und setzte auf die falschen Themen, während Duda vor allem mit sozialen Versprechen punktete.
Der Wahlabend in Polen hatte seine eigene vielsagende Symbolik. Die Veröffentlichung der Prognosen, eigentlich für 21 Uhr geplant, wurde wegen eines Todesfalls in einem dörflichen Wahllokal in Westpolen um anderthalb Stunden verschoben. Fernsehjournalisten spotteten, das ganze Land warte auf ein paar Dorfbewohner, um zu erfahren, was die Medien längst wussten: Dass der nationalkonservative Andrzej Duda mit rund 52 Prozent der Stimmen Amtsinhaber Bronislaw Komorowski geschlagen hatte.
Eine ähnliche arrogante Haltung war es auch, die Noch-Präsident Bronislaw Komorowski seinen Sieg gekostet haben dürfte. Der 62-Jährige zog im ländlichen Polen mit nur 38 Prozent der Stimmen den Kürzeren. Weder in seiner Amtszeit noch im Wahlkampf hatte er es geschafft, die Sorgen jener Normalbürger aufzugreifen, die beim rasanten wirtschaftlichen und sozialen Wandel hinterherhinken.
Duda - auch Kandidat der Jugend
Die Hauptstadt Warschau boomt, doch sie ist längst nicht repräsentativ für das Land. Der 42 Jahre junge Duda, Kandidat der nationalkonservativen Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Parteichef Jaroslaw Kaczynski, gewann aber nicht nur bei den Dorfbewohnern, sondern auch bei den 18 bis 29-Jährigen deutlich. Die jungen Wähler, die im ersten Wahlgang mehrheitlich für den Rocksänger Pawel Kukiz gestimmt hatten, konnten nichts anfangen mit Komorowskis Äußerungen über „Freiheit“ oder über das „rationale“ Polen, das er repräsentiere, während Duda für ein „radikales“ Polen stehe.
Der Sieg Andrzej Dudas ist auch ein Erfolg für Parteichef Jaroslaw Kaczynski. Dieser hatte sich während des gesamten Wahlkampfes nicht blicken lassen, um die moderateren Wähler nicht zu verprellen. Und selbst in seiner Siegesrede erwähnte Duda den Parteichef mit keinem Wort, sondern dankte lediglich den Wählern, seinem Team und Gegner Bronislaw Komorowski für die faire Auseinandersetzung.
Befürchtungen, dass Duda im Amt nun so radikal wie sein Parteichef wird, sind jedoch übertrieben. Während Jaroslaw Kaczynski in seiner Zeit als Ministerpräsident in den Jahren 2006 und 2007 gegen Schwule, Kommunisten und ausländische Verschwörer hetzte, dürfte Duda sich innen- und außenpolitisch nur in Nuancen von seinem liberalen Vorgänger Komorowski unterscheiden. Duda verurteilt beispielsweise die Nationalisten in der Ukraine etwas schärfer als sein Vorgänger und fordert von Russland, endlich das Wrack des 2010 in Smolensk abgestürzten Flugzeugs herauszurücken, in welcher der damalige Präsident Lech Kaczynski ums Leben gekommen war.
Euroskeptiker
Zur deutschen Regierung wird etwas mehr symbolische Distanz erwartet. Und hinsichtlich der EU kündigte Duda an, den Beitritt Polens zum Euro so lange hinauszuschieben, „bis die Polen so viel verdienen wie die Menschen in Westeuropa“. Mehr als mit der Außenpolitik hat der Jurist und EU-Parlamentarier Duda, ein Mann aus der zweiten PiS-Reihe, mit seinen sozialen Versprechen gepunktet. Nicht zufällig konnte er die beiden großen Gewerkschaften des Landes als Unterstützer gewinnen. Duda will die verhasste Rente mit 67 rückgängig machen, den bei rund 750 Euro liegenden Steuerfreibetrag anheben und ein Kindergeld von 120 Euro einführen.
Inwieweit er diese Versprechungen wahr machen kann, ist fraglich. Der polnische Präsident hat nicht die Macht wie seine Amtkollegen in den USA oder in Frankreich. Gleichwohl kann er im semipräsidentiellem System Polens die Außenpolitik bestimmen, dem Parlament Gesetze vorschlagen – und sogar Gesetzesvorschläge der Regierung blockieren.
Bis zu den Parlamentswahlen im Herbst wird Duda der liberalen Regierung von Ministerpräsidentin Ewa Kopacz von der regierenden Bürgerplattform (PO) deshalb deutlich Kontra bieten. Ob er ab Herbst mit einer möglichen PiS-Regierung einen einheitlichen Machtblock bilden kann, wird demnächst vor allem zwischen den Großparteien PO und PiS entschieden. Die bislang regierende PO muss darauf hoffen, dass sich die zersplitterte Linke als möglicher Koalitionspartner neu erfindet. Und Kaczynskis PiS könnte mit einer Protestpartei um den Rocksänger Pawel Kukiz anbandeln.
Der Autor dieses Artikels, Jan Opielka, ist n-ost-Korrespondent für das Osteuropamagazin ostpol.