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Abzockerei: Schluss für Schweizer Banker-Boni

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Politik

In einer Volksabstimmung haben die Schweizer am Sonntag mit deutlicher Mehrheit die "Initiative gegen die Abzockerei" befürwortet. Über die Höhe von Manager-Vergütungen sollen künftig die Aktionäre entscheiden, was die Zahlung extrem hoher Gehälter und Boni erschwert. Einige Kommentatoren werten das Votum als Triumph über Arroganz und Gier.

Andere fürchten, dass nationale Bestimmungen ein globales Regelwerk nicht ersetzen können.

Il Sole 24 Ore: Es drohen gefährliche Asymmetrien; Italien 

Statt unterschiedlicher nationaler Vorschriften wären weltweit einheitliche Regeln weitaus sinnvoller, kritisiert die liberal-konservative Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore: "Globaler Markt - lokale Regel: Das führt zu einem totalen Durcheinander. Trotz aller Versprechen liegt ein neues Regelwerk für das Finanz- und Kreditwesen noch in weiter Ferne. An Initiativen mangelt es nicht. So haben die USA ihren Dodd-Frank-Act, hat Europa seine Richtlinien gegen Spekulation. [...] Doch genau hier liegt das Problem. Der 'lokale' Charakter all dieser Initiativen droht gefährliche Asymmetrien zu schaffen, denn er könnte Banken und Unternehmen einzelner Länder im Wettbewerb benachteiligen und die Abwanderung von Finanzgeschäften in 'Schutzzonen' mit weniger strengen Regeln fördern. Die jüngsten Beispiele für diesen Regelwirrwarr sind die Brüsseler Initiative, die Banker-Boni zu deckeln, und das Schweizer Referendum, das auch die Manager-Gehälter in börsennotierten Unternehmen betrifft." (03.03.2013)

Der Standard: Manager zerstören Vertrauen in die Marktwirtschaft; Österreich 

Endlich gehen die Schweizer mal mit gutem Beispiel voran, findet die linksliberale Tageszeitung Der Standard mit Blick auf das Referendum zur Regulierung von Managergehältern: "Denn üblicherweise votieren die meisten Stimmberechtigten in dem reichen Land so, wie es die mächtigen Wirtschaftsverbände wollen. An diesem denkwürdigen 3. März aber folgten sie nicht mehr den Vorgaben der Lobbygruppen. Die hatten ein Nein zur Abzockerinitiative gefordert und viel Geld in ihre Kampagne gesteckt - vergeblich. Das Ja fiel den Schweizern angesichts der Arroganz, der Gier, der Unverschämtheit der Bosse leicht. Schweizer Konzernherren schanzen einander seit Jahren üppige Gehälter und unfassbare Einmalzahlungen zu. Gleichzeitig setzen sie scharenweise Normalverdiener vor die Tür. [...] Die abgehobenen Manager zerstören mit ihren Riesengehältern das Vertrauen der Normalverdiener in die Marktwirtschaft. Das haben die Konzernlenker in ihrer Verblendung aber nicht erkannt. Das Beispiel der Eidgenossen sollte in Europa Schule machen. Unsere freie Wirtschaftsordnung würde davon profitieren." (04.03.2013)

Le Temps: Volk hat von Exzessen die Nase voll; Schweiz 

Der Erfolg der Initiative verdeutlicht, wie sehr das Volk die Schnauze voll hat von den übertriebenen Gehältern der Top-Manager, meint die liberale Tageszeitung Le Temps: "Das ist ein Triumph des Volkes. Ein historischer Moment der direkten Demokratie und ein außergewöhnlicher persönlicher Sieg. Ein solches Ergebnis zwingt den Bundesrat und die Kammern zu einer raschen Umsetzung der in der Initiative festgelegten Maßnahmen. Der Erfolg Minders [des parteilosen Initiators] kommt nicht überraschend, aber sein Ausmaß erstaunt. Er beweist, dass das Volk die Nase voll hat von den Exzessen der Top-Manager und von ihren vermessenen Gehältern. Das beste Beispiel dafür ist Novartis-Präsident Daniel Vasella, der für seinen Abgang eine Prämie [in Höhe von umgerechnet 58,3 Millionen Euro] hätte bekommen sollen. Das Schweizer Volk hat sein Unbehagen gegenüber multinationalen Konzernen ausgedrückt, die ein schlechtes Image haben." (04.03.2013)

De Morgen: 'Jedes Los gewinnt'-Mentalität von Top-Managern zeigt Grenzen; Belgien 

Dass die Schweizer überraschend deutlich für die Initiative gegen Abzockerei gestimmt haben, zeugt nach Ansicht der linksliberalen Tageszeitung De Morgen weniger von Sozialneid als vielmehr von der breiten Ablehnung der verkehrten Welt der Top-Manager und Banker: "Die Banker der Londoner City, die in der letzten Woche noch damit drohten, ihre Aktivitäten als Reaktion auf den EU-Vorschlag zur Einschränkung der Boni in die Schweiz zu verlagern, stehen nun auf verlorenem Posten. [...] Spielt bei dieser massiven Ablehnung des goldenen Händedrucks und der Mega-Boni auch Neid eine Rolle? Deutet dies auf eine Gesellschaft der Missgunst hin? Vielleicht. Aber die Initiatoren der strengeren Regeln sind sicher keine Randfiguren. [...] Es wird immer deutlicher, dass ein großer Teil der Gesellschaft mit der 'Jedes Los gewinnt'-Mentalität von Top-Managern und Bankern Probleme hat. Wer fähig ist und hart arbeitet, darf dafür gerne reich belohnt werden. Doch für alles gibt es Grenzen. An diesem Prinzip ist nichts verkehrt." (04.03.2013)

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Illustrationen: (cc)proyecto-garaje/flickr

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Translated from Suisse : les patrons vont banquer