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50 Jahre Europa: Europaare heute

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Default profile picture carla christiany

Gesellschaft

Liebe jenseits der Landesgrenzen: Heute scheint das einfach zu sein, einfacher jedenfalls als nach dem Zweiten Weltkrieg. Ein junges und ein älteres Paar erzählen.

Auf der einen Seite die 40er Jahre und „die endlose Zugreise, um nach England rüberzukommen“. Auf der anderen Seite die heutigen „Lowcost-Flüge für 80 Euro hin und zurück“. Jimmy und Miriam haben sich nach dem Zweiten Weltkrieg kennen gelernt, Mani und Irene im Jahr 2004. Die Geschichte der beiden Paare erzählt von den Fortschritten in der europäischen Mobilität und Kommunikation der letzten 50 Jahre.

Jimmy und Miriam: Der englische Soldat und das Mädchen aus Vicenza

„Du weißt doch, mindestens drei Zitronenscheiben für mich, Miriam..“ Jimmy hat seinen typisch britischen Humor keineswegs abgelegt: Natürlich möchte er keine einzige Zitronenscheibe, denn die Engländer trinken ihren Tee mit Milch und nicht mit Zitrone.

Jimmy und Miriam, ein achtzigähriges, wunderbar aufeinander eingespieltes Europaar, hat die Lust zu scherzen nicht verloren. Auch wenn es seine nicht immer leichte Vergangenheit etwas widerstrebend zu Tage fördert. Miriam und Jimmy haben sich 1945 kennen gelernt, als die Alliierten nach langem Marsch über die appenninische Halbinsel auch in Norditalien angekommen waren. „Jimmy war als englischer Soldat in einem kleinen Ort in der Umgebung von Vicenza stationiert, nicht weit von Grisignano di Zocco, wo ich lebte“, erzählt Miriam. Für die Mentalität der Leute in der Provinz war diese Liebe allerdings sehr unkonventionell. „Ich war so etwas wie ein schwarzes Schaf. England lag für uns damals auf der anderen Seite der Welt.“

Schließlich willigte ihre Familie in die Verbindung ein, aber unter der Bedingung, dass sie katholisch in Italien heiraten würden. Jimmy gehörte der anglikanischen Kirche an, aber das hielt ihn nicht von seinem Vorhaben ab. Häufig war er gezwungen, sich von seinem Stützpunkt zu entfernen und viele Kilometer mit dem Fahrrad zurückzulegen, um dem Katechismus in der örtlichen Pfarrei zu folgen. Gleich nach der Hochzeit brach Miriam alleine nach England auf, um dort das Ende von Jimmys Militärzeit abzuwarten. „Die Zugreise schien endlos zu sein. Ich kam völlig erschöpft in Bristol an. Ich habe nicht viel verstanden, fühlte mich vollkommen fehl am Platz und war oft verzweifelt“, erinnert sich die alte Dame. Die wirtschaftliche Lage in der Nachkriegszeit war sehr schwierig. „Ich arbeitete bei der Eisenbahn und Miriam gab Italienischunterricht“, sagt Jimmy. „Wir lebten nicht in Saus und Braus, aber wir haben uns durchgeschlagen“.

Für Miriam war es schwierig, den Kontakt nach Italien aufrechtzuerhalten, weil sie anfangs noch nicht einmal ein Telefon hatten. „Wir haben uns viele Briefe geschrieben. Glückwunschkarten zu jedem Anlass zu schicken, wurde meine Leidenschaft und erlaubte mir, mich meinen Lieben nah zu fühlen“. Nach ihrer Pensionierung kehrten sie dann nach Italien zurück. „Aber wir sprechen beide weiter Englisch miteinander“.

Mani und Irene: Erasmus macht’s möglich

Ein internationaleres Paar als Mani und Irene kann man sich kaum vorstellen: Er ist Franzose iranischer Herkunft, sie ist Italienerin. Sie haben sich im Sommer 2004 am Strand von Lignano Sabbiadoro kennen gelernt, als Mani in Italien Urlaub machte. Und seitdem geht ihre Geschichte weiter: „Wir hätten nie gedacht, dass wir das so lange durchhalten würden“ erklärt Irene „Ich bin davon ausgegangen, dass wir uns nicht wieder sehen würden, wie das so oft der Fall ist bei Sommerflirts, und doch...“ Und doch sind Irene und Mani in Verbindung geblieben, zunächst über Sms und E-Mail, dann über MSN Messenger und schließlich, dank Skype, auch über Telefon. „Wir haben und sogar Briefe geschrieben, was sehr romantisch war.“

An Weihnachten hat er sie in Italien besucht, und seitdem pendeln sie zwischen Paris und Vicenza hin und her. „Wir verbringen unsere Ferien immer gemeinsam und versuchen, dass zwischen zwei Treffen nie mehr als ein Monat vergeht“. Es ist völlig normal für sie, das Flugzeug zu nehmen. „Inzwischen bin ich Experte, was Billigflüge betrifft“ stellt der 22jährige Ingenieur-Student fest. „Es ist einfach und kostengünstig, in Europa zu reisen: Wir haben nie mehr als 80 Euro hin und zurück bezahlt“.

Doch auch wenn es mit dem Reisen gut klappt, ist es natürlich noch besser, in der gleichen Stadt zu leben. Irene hat gerade ein Semester an der Fakultät für Moderne Sprachen an einer Pariser Universität abgeschlossen. „Nach diesem Aufenthalt bin ich davon überzeugt, dass wir es schaffen können.“

Und die kulturellen Unterschiede? „Wenn es diese Unterschiede nicht gäbe, wäre es ja langweilig!“, sagt Mani. Irene glaubt, dass sie offener geworden ist. Viele Dinge, die ihr anfangs fremd waren, sind es nun nicht mehr. Angefangen beim Essen: „Anfangs war ich etwas zimperlich, bis ich festegestellt habe, dass Schnecken gar nicht schlecht schmecken!“.

Über Geschmacke lässt sich streiten... Und wie sieht es sprachlich aus? „Anfangs haben wir auf Englisch miteinander gesprochen, dann haben wir jeweils die Sprache des anderen gelernt und nun sprechen wir „Italiösisch“, ein Mix aus beiden Sprachen mit einigen selbst erfunden Ausdrücken erzählt Irene. „Das ist unsere Privatsprache. Oder vielleicht die Sprache der Liebe?“

Am 25. März feiert die Europäische Union den 50. Geburtstag der Römischen Verträge. Sie markieren die Geburtsstunde des politischen Europa. Aus diesem Anlass präsentiert cafebabel.com in den kommenden Wochen eine Serie von Porträts, in denen Europäer von ihren Erfahrungen damals und heute berichten.

Mit diesen Porträts wollen wir zeigen, wie Europa in 50 Jahren unser Leben gewandelt hat: Von der Liebe über die Arbeit bis hin zum Reisen. Am Freitag, den 2. März widmen wir uns dem Fußball.

Translated from 50 anni dopo, come cambia l'euro-coppia