2013: Irland als Kuppler zwischen EU und den Briten
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EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat am Mittwoch Irlands Premier Enda Kenny in Dublin besucht. Zum Beginn des irischen Ratsvorsitzes sprachen sich beide gegen einen EU-Austritt Großbritanniens aus und warnten vor einer neuen Diskussion über die EU-Verträge.
Die Verhandlungen um den EU-Haushalt bieten in den kommenden sechs Monaten viel Konfliktpotenzial, fürchten Kommentatoren und setzen auf die Vermittlungskünste der Iren.
Badische Zeitung: In Brüssel haben die Iren einen guten Ruf als Vermittler; Deutschland
Ihre siebte EU-Ratspräsidentschaft haben die Iren unter das Motto "Stabilität, Wachstum, Arbeitsplätze" gestellt. Das klingt ein wenig wie Pfeifen im Walde, spottet die Badische Zeitung, geht aber davon aus, dass die Iren Europa mit ihren Vermittlungskünsten sehr wohl helfen können: "Eine dauerhafte wirtschaftliche Erholung [...] ist noch keineswegs in Sicht, und zu Jahresbeginn mehren sich die Anzeichen, dass [Premier] Kennys bisher opferbereiten Bürgern langsam die Geduld ausgeht. [...] Erfolge in Europa kämen der Regierung also gelegen. Für die Gemeinschaft wollen die Iren ihren Beitrag leisten, damit die im November geplatzte mittelfristige Finanzplanung zustande kommt. Freilich gilt es dabei den Spagat zu überwinden zwischen der ausgabefreudigen EU-Kommission und den Nettozahlern, nicht zuletzt dem stets maulenden Nachbarn Großbritannien. Außerdem will Dublin den Zeitplan für die geplante Bankenunion innerhalb der Eurozone vorantreiben. In Brüssel haben die Iren einen guten Ruf als Vermittler." (10.01.2013)
Gazeta Wyborcza: Von Grexit zu Brexit; Polen
Den möglichen Austritt Großbritanniens aus der EU zu verhindern, wird für Irland die Hauptaufgabe seiner EU-Ratspräsidentschaft, glaubt die liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza: "Bis vor kurzem noch hatte die EU Angst vor einem Grexit - dem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Jetzt macht das Wort 'Brexit' Karriere: Die Befürchtungen, dass Großbritannien aus der EU austritt, werden immer größer. 'Wir werden die Mitgliedschaft der Briten mit allen unseren Kräften verteidigen', hat der irische Vizepremier Eamon Gilmore angekündigt. Die irischen Politiker befürchten, dass das Referendum über eine weniger enge Beziehung zu Brüssel, das Premier David Cameron für 2015 organisieren will, sich in ein Plebiszit für oder gegen einen EU-Austritt verwandeln könnte. Sie kennen ihre britischen Kollegen ja am besten. [...] Die irische Ratspräsidentschaft will deshalb die britischen Ausnahmeregelungen (etwa im Sicherheits- und Justizwesen) so gestalten, dass es zu keiner Eskalation zwischen Brüssel und London kommt." (10.01.2013)
La Vanguardia: Eigene und Probleme der Geminschaft lösen; Spanien
Irlands Premier Enda Kenny und EU-Ratspräsident Van Rompuy haben am Mittwoch in Dublin die Probleme erörtert, die es in der EU zu lösen gilt. Die eigenen Interessen mit denen der Union in Einklang zu bringen, wird nach Ansicht der liberal-konservativen Tageszeitung La Vanguardia die größte Herausforderung für das Land sein: "Eines der großen Ziele Dublins wird es sein, die europäische Bankenunion voranzutreiben, zumal es eine Lösung für die Probleme der eigenen Banken und die eigene Staatsverschuldung finden muss, um in diesem Jahr nicht ein zweites Mal Gelder aus dem Rettungsschirm beantragen zu müssen. Lösungen für die eigenen Probleme zu finden und gleichzeitig die europäischen Allgemeininteressen zu verteidigen, wird die große Herausforderung für die halbjährige Ratspräsidentschaft sein. [...] Die irischen Forderungen [nach einer Sonderregelung bei der Sanierung der irischen Banken] mögen gerechtfertigt sein. Aber die Präsidentschaft für die Lösung der eigenen Probleme zu nutzen, ist nicht das, was man von einem Land erwartet, das sich bislang so vorbildlich verhalten hat." (10.01.2013)
Ziare: Rumänien könnten zukünftig die Partner fehlen; Rumänien
Mit der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft muss Irland sich auch um das schwierige Ringen um den kommenden EU-Haushalt kümmern, kommentiert das Nachrichtenportal Ziare und fürchtet Nachteile für Rumänien: "Die Budget-Verhandlungen werden schwieriger, weil Irland die regionalen Zuwendungen auf mehr Staaten verteilen möchte. Das Geld soll nicht nur weniger entwickelten EU-Regionen wie Osteuropa und Rumänien zufließen, sondern auch Ländern wie Irland, Spanien, Portugal oder Polen. Damit könnten Rumänien die Partner für die Forderung nach einem gleichbleibenden EU-Haushalt fehlen. [...] Ohne eine kohärente Strategie, ohne Lobby wird Rumänien seine Trümpfe nicht ausspielen können und sich mit den Krümeln begnügen müssen, die die etablierten Länder in ihrem Machtspiel fallen lassen." (10.01.2013)
Irish Independent: Demokratie wurde nicht befördert sondern beschnitten; Irland
Wir können diejenigen, die uns regieren, nicht wählen. Stattdessen werden wir von EU-Bürokraten regiert, die sich maßlos arrogant zeigen.
Von den Lobeshymnen der irischen Regierung auf das europäische Projekt hält die linksliberale Tageszeitung Irish Independent nichts und wirft der EU mangelndes Demokratieverständnis vor: "Auch hier wurde der Mythos fortgesponnen, der Teil unseres aktuellen Selbstbilds ebenso wie des Selbstbilds der EU ist. Die Verleihung des Nobelpreises an unsere europäische beziehungsweise EU-Regierung ist das beste Beispiel einer solchen Mythenbildung. Das Ganze ist letztlich nichts anderes als der klägliche Versuch, den schlichtweg falschen Gedanken zu verbreiten, dass es Europa innerhalb der letzten 60 Jahre gelungen sei, Frieden zu schaffen, wo zuvor Krieg war, und die Demokratie zu fördern und zu schützen. Doch die EU hat das nicht geschafft. Im Gegenteil: Die Demokratie wurde nicht befördert sondern beschnitten. Wir können diejenigen, die uns regieren, nicht wählen. Stattdessen werden wir von EU-Bürokraten regiert, die sich maßlos arrogant zeigen. Sie waren es gewiss nicht, die den Krieg besiegt und den Frieden etabliert haben." (07.01.2013)
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