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Wie Lasantha in unseren Garten Kam

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Zeit.GerechtWanderlust

Menschenrechte, Demokratie und Transparenz. Dafür kämpfte der Chefredakteur der sri lankischen Zeitung The Sunday Leader. Er bezahlte mit seinem Leben

1994 gründen die zwei Brüder Wickrematunge eine neue Zeitung auf der vom Bürgerkrieg zerrütteten Insel Sri Lanka. The Sunday Leader nennen sie die Zeitung, die schon sehr bald als "das beste und unabhängigste Blatt der Insel" bekannt wird. Kritisch berichten sie vom Krieg, informieren Land und Welt über die Fehler der Regierung und verurteilen Aktionen der Tamil Tiger Rebellen (LTTE)

Die Morddrohungen lassen nicht lange auf sich warten- eine scheint gefährlicher als die andere. Juni 2000 übernimmt die Regierung die Veröffentlichung. Wickrematunge kann das nicht einfach so hinnehmen, er klagt und bekommt vom Obersten Gericht die Erlaubnis weiterhin zu publizieren. Am 5. September 2000 folgt dann die "Revanche" der Regierung. Er wird auf Grund von Kritik an der Präsidentin Chandrika Kumaratunga  zu zwei Jahren Haft verurteilt. Im Parlament sprechen Minister ganz offen Drohungen aus: 

"I will show you what it is to be scared! I will rest only once I have destroyed you! You wait and see!"

Es regnet Anrufe, Briefe und E-Mails, die sein Leben und das seiner Familie in Gefahr bringen. Seine Frau  hält den Druck und das ständige Fürchten nicht mehr aus und flieht nach Australien. Wickrematunge entscheidet sich trotz allem zu bleiben.  

"Wenn du schreibst wirst du getötet"

Sagen wir es war ein schöner Dezembertag. Die Sonne brannte heiß vom Himmel, der Chefredakteur des Sunday Leaders machte sich guter Dinge auf den Weg zur Arbeit. Auf seinem Schreibtisch wartete schon die Morgenlektüre auf ihn. Die Sekretärin brachte ihm den Kaffee wie er ihn liebt- schwarz mit zwei Stück Jaggery. Danach machte er sich an die Arbeit, zuerst die Post, dann die E-Mails lesen. Neben dem Stoß Briefe lag ein Begräbniskranz. Dazu die Kopie einer Ausgabe, übermalt in roter Farbe: "Wenn du schreibst, wirst du getötet." Auch wenn er es gegenüber von Freunden und Kollegen mit Humor nahm, war ihm der Ernst seiner Lage durchaus bewusst. Er wusste, er wird sterben und nützte die Zeit einen letzten wirkungsvollen Brief zu verfassen. 

Darin schreibt er unter anderem "Wenn ich also ermordet werde, wird es die Regierung gewesen sein, die mich ermordet hat." Er bedankt sich bei seinen Lesern, spricht von dem Risiko, dass er auf sich genommen hat und formuliert einen letzten Wunsch: "Ich hoffe, dass meine Ermordung nicht als Niederlage der Freiheit gesehen wird, sondern als Ansporn für diejenigen, die überleben, um weiterzukämpfen."

Am 8. Januar 2009 um zehn Uhr dreißig wird Lasantha Wickrematunge auf dem Weg zur Arbeit von vier bewaffneten Motorradfahrern umzingelt. Bei hellstem Tageslicht auf offener Straße brechen sie die Fenster seines Wagens auf. Die Kugeln treffen ihn tödlich, Wickrematunge erliegt kurze Zeit später im Colombo National Hospital den schweren Kopfwunden. Das Verbrechen wurde bis heute nicht aufgeklärt.

Wenige Monate später wird ein österreichischer Künstler nach Sri Lanka reisen und diese Geschichte mit einer Idee im Gepäck mit nach Wien nehmen. So entsteht mit Peter Sandbichlers  künstlerischer Begabung ein acht Meter hoher Turm im Museumsquartier, auf dem das Gesicht Wickrematunges zu sehen ist. Als die Ausstellungszeit endet, landet ebendiese Skulptur an meinem 16. Geburtstag hinter unserem Haus. Wer hätte gedacht, dass ich drei Jahre später auf den Spuren Wickrematunges quer durch sein Land reisen würde.