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Vom Herd zum Hedge-Fonds: Frauenquote für Europa?

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Britta Kuck

GesellschaftPolitik

"Ich bin eine Quotenfrau", sagt Katrin Göring-Eckardt. Viviane Reding weiß das zu toppen: "Ich bin eine Doppelquote." Die beiden Politikerinnen sitzen einander auf dem Podium im Brüsseler Goethe-Institut gegenüber und diskutieren über die Frauenquote. "Vom Herd zum Hedge-Fonds: Frauen in Europa" ist das Thema des Abends.

Und in einem Punkt sind sich die Spitzenkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl und die luxemburgische Christdemokratin und EU-Justizkommissarin einig: Die Quote muss her.

Als Viviane Reding 1979 Mitglied des luxemburgischen Parlaments wurde, suchte man junge Leute und Frauen. Deshalb spricht Reding von der "Doppelquote", die ihr den Eintritt in die Politik ermöglichte. "Das Frau-Sein hat mir genützt." Ähnlich erging es Katrin Göring-Eckardt. Ihre Partei, die Grünen, war die erste, die eine Frauenquote einführte.

Viviane Reding vs. Europas Macho-Club

Im Kampf für die Quote verbucht Reding bereits einen Teilerfolg. Mitte November stimmte die EU-Kommission für den Gesetzentwurf, den Viviane Reding eingebracht hatte. Dieser sieht die Einführung einer Frauenquote in den etwa 5000 börsennotierten Unternehmen in Europa vor. Bis 2020 sollen 40 Prozent der Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzt sein. Damit das Gesetz in Kraft tritt, müssen noch das Europa-Parlament und der EU-Ministerrat zustimmen.

"In den kommenden Jahren werden viele Posten in Aufsichtsräten frei", sagt Katrin Göring-Eckardt. "Es ist interessant, ob diese mit Frauen besetzt werden." Interessant wird es auch am kommenden Donnerstag. Dann stimmt der deutsche Bundestag über einen Gesetzesentwurf des Bundesrats für die Frauenquote ab. Dieser sieht vor, den Frauenanteil in Aufsichtsräten bis 2018 auf 20 Prozent und bis 2023 auf 40 Prozent zu erhöhen.

Viviane Reding setzte bei der Abstimmung in der EU-Kommission vor allem auf Männer. "Frau braucht Mann." Reding hat die Verabschiedung ihres Gesetzes zur Quote fünf männlichen EU-Kommissaren zu verdanken; Frauen blockierten die Abstimmung zuvor.

Göring-Eckardt protestiert dennoch. "Frau braucht Unterstützung", korrigiert die Grünen-Politikerin. Und dabei denkt sie mit Sicherheit auch an die Abstimmung im Bundestag. Die Opposition braucht 21 Stimmen aus der Koalition, um die Quote zu verabschieden. Und diese Stimmen könnten, so hofft Göring-Eckardt, von Frauen kommen. Immerhin haben 25 Unterstützerinnen aus den Regierungsfraktionen die "Berliner Erklärung" für eine feste Frauenquote von mindestens 30 Prozent in Aufsichtsräten unterschrieben.

Herr Westerwelle, studieren Sie Europa

Volker Kauder, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ruft indes den Fraktionszwang aus. Die FDP ist ohnehin gegen jede Form der Quote. Außenminister Guido Westerwelle sieht in der von Viviane Reding durchgesetzten Frauenquote für Europa gar einen Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip. Solche Entscheidungen müssten nach Westerwelle auf nationaler Ebene entschieden werden. Wer so denke, kontert Reding, dem lege sie das Studium Europas ans Herz. Es ginge schließlich um grenzüberschreitende Arbeit im Binnenmarkt, und dieser, so Reding, würde zerstückelt, wenn jedes EU-Land selbst über die Quote entschiede.

Dass die Frauenquote nur für Aufsichtsräte gelten soll, reicht Katrin Göring-Eckardt nicht aus. "Frauen", so die Grünen-Politikerin, "stoßen überall an die gläserne Decke", jene unsichtbare Barriere in der Karriere einer Frau. Und so unterstützt Göring-Eckardt auch die Journalstinnen-Initiative "Pro Quote". Deren Ziel ist es, bis 2017 einen Frauenanteil in Führungspositionen der Medienbranche von mindestens 30 Prozent zu erreichen. Derzeit sind 98 Prozent der Chefredakteure deutscher Tageszeitungen Männer. "Ich hoffe darauf", sagt Göring-Eckardt, "dass Der Spiegel seine Redakteursposten jetzt an Frauen vergibt."

Unterstützung findet die Initiative durchaus auch bei Männern. Apropos: Dass sie mit Männern keine Probleme haben, beweisen Katrin Göring-Eckardt und Viviane Reding nicht zuletzt privat: Auf dem Podium des Brüsseler Goethe-Instituts betonen beide, dass sie drei (Reding) beziehungsweise zwei Söhne (Göring-Eckardt) haben, und blicken den Moderator des Abends mitleidig an, als dieser äußert, er habe zwei Töchter. "Vielleicht", sagt Reding daraufhin augenzwinkernd in Richtung Moderator, "kriegen wir heute Abend noch was hin."

Illustrationen: Teaserbild (cc)victor1558/flickr

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