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Vaginas im Europäischen Parlament

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Brüssel

Von Lisa Kittel Ausrufe wie „Pussies united!“ oder auch „Vagina mother fucker“ im Europäischen Parlament? Nur fast unvorstellbar: Dienstag Abend rezitierten, spielten und stöhnten neun weibliche Parlamentsmitglieder das Stück „Vagina Monologues“ der amerikanischen Schriftstellerin Eve Ensler, um auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen.

Unzählige Zuschauerinnen, aber auch einige Männer kamen, sahen zu und gingen mit Sicherheit ein wenig verändert nach Hause.

Die „Vagina Monologues“, in denen das Wort Vagina so häufig fällt wie der Regen in Brüssel, sind witzige, aber auch traurige Szenen von Frauen jeden Alters. Letztere berichten über ihr Sexualität, das Verhältnis zu ihrem Körper und auch von Missbrauch an diesem, wobei die gespielten Erfahrungen auf realen Interviews basieren.

Eine von drei Frauen wird in ihrem Leben geschlagen oder vergewaltigt. Das sind sechs Milliarden Frauen weltweit. In Südafrika werden „korrigierende Vergewaltigungen“ durchgeführt, um Mädchen davon abzuhalten, lesbisch zu werden. In Nigeria werden in Baby Factories junge Frauen gezwungen, Kinder zu gebären, die anschließend an Menschenhändler verkauft oder für Rituale benutzt werden. Im Kongo werden laut V-Day-Angaben 48 Frauen pro Stunde vergewaltigt! Die Aufzählung könnte noch weitergeführt werden…

Aber auch in Europa ist die Zahl der Misshandlungen erschreckend: „Mindestens 45% der Europäerinnen sind mit physischer Gewalt konfrontiert und 10% wurden Opfer sexueller Gewalt“ berichtet Parlamentsabgeordnete Kartika Tamara Liotard. „Trotzdem sieht die EU-Kommission nicht die Notwendigkeit, ein Extra-Budget zur Bekämpfung dieses Problems bereitzustellen. Ich schlage vor, dass die Kommission über die vielen Vaginas nachdenkt, die von dieser Entscheidung betroffen sind!“

In dem Theaterstück geht es neben den Berichten über Gewalt an Frauen, vor allem auch um deren sexuelle Selbstfindung. Da gibt es eine 72-Jährige, die niemals einen Orgasmus hatte. „Bei uns hat man nicht über so etwas geredet“ meint sie beschämt, bevor sie erzählt, wie eine schlechte Erfahrung sie davon abgebracht hat ihre Sexualität weiter auszuleben. Im hohen Alter neu inspiriert, beginnt sie schließlich zu weinen, als sie nach einer Stunde in der Badewanne ihre Klitoris findet. Dahingegen antwortet eine 6-Jährige unbefangener: „Das Besondere an meiner Vagina ist, dass ganz tief da drinnen ein wirklich cleveres Gehirn ist.“ Und wie riecht sie? „Wie Schneeflocken.“

Um diese Unbefangenheit bei Frauen am Leben zu erhalten, damit sie sich sicher fühlen sowie sich selbst und ihren Körper lieben lernen, hat Eve Ensler die V-Day- Bewegung gegründet, welche durch Benefizvorstellungen ihres Stückes, aber auch durch andere artistische Arbeiten Geld für Projekte gegen häusliche und sexuelle Gewalt einnimmt.

Ob das umstrittene Theaterstück das Thema Gewalt an Frauen zur Genüge auf den Punkt bringt oder doch sehr populistisch ist – in jedem Fall zieht es die Aufmerksamkeit von Tausenden Menschen weltweit auf sich. Und das Publikum im Parlament war begeistert. Nach der Performance kündigte Ensler an: Da es eine Milliarde misshandelte Frauen weltweit gibt, fordert V-Day zu seinem 15. Geburtstag am 14. Februar 2013 eine Milliarde Frauen sowie jene, die sie lieben, dazu auf, gegen Gewalt auf die Straße zu gehen. Wenn Sie also mindestens eine Frau auf dieser Welt lieben, dann zücken Sie ihren Kalender und notieren Sie dies schon für 2013!

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