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Unesco: Ökologischer Frieden

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Pariser Stadtgeflüster

Die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation, kurz Unesco, kümmert sich auch um die Umweltprobleme unseres  Planeten. Während einer Konferenz in Paris unter dem Titel „Frieden schließen mit der Erde“ haben die Teilnehmer die Dringlichkeit der Situation in Vordergrund gestellt.

Die Konferenz war weit davon entfernt, lediglich die aktuelle Tendenz in den Medien zu verstärken,  das heißt, Panik zu verbreiten und ein Gefühl von Schuldigkeit und Resignation gegenüber den Bedrohungen des Klimawandels zu erzeugen. Stattdessen sendete die Konferenz ein eindeutig positives Signal. Und etwas Wichtiges, das oft vergessen wird: Es wurden Lösungsvorschläge erarbeitet.

Der Titel der Konferenz ging auf eine gleichnamige, viersprachige (französisch, englisch, spanisch, katalanisch) Publikation zurück .

Welche Zukunft für unseren Planeten? Welche Zukunft für den Menschen?

Versichert euch, der bekannte Astrophysiker und Schriftsteller Hubert Reeves hat gesagt: Der Planet ist nicht in Gefahr! Die Erderwärmung bedroht nicht die Lebensgrundlagen auf der Erde. Zumindest teilweise...

Der Diskurs der Kritiker nachhaltiger Entwicklung ist von Hubert Reevers während seines Vortrages ein für alle mal in seine Schranken gewiesen worden. Nach Reevers gibt es keinen Zweifel: Wenn nichts getan wird, um die Erwärmung des Klimas zu verhindern, setzt eine Welle des Aussterbens ein, von der alle Wesen betroffen sein werden, die mehr als drei Kilogramm wiegen. De facto schließt das auch den Menschen mit ein – warum also kein Drama veranstalten?

Wäre die Idee, dass der Mensch eines Tages vom Aussterben bedroht sein könnte, nicht so angsterregend, wäre sie fast komisch. Wir Menschen, die wir uns unserer Überlegenheit rühmen, ständen vor einer einmaligen Tatsache: Wir wären das einzige Wesen, das seine eigene Vernichtung verursacht hätte, noch dazu durch unsere eigene Entwicklung.

Die ökologische Fußspur und die Kuh

Unter den Teilnehmern gabe es einen klaren Konsens: Es ist dringend erforderlich, neue Entwicklungsformen zu erarbeiten. Dieser Konsens herrschte trotz der Verschiedenheit der Diskutanten: Javier Pérez de Cuéllar, ehemaliger Generalsekretär der Vereinten Nationen und ehemaliger peruanischer Premierminister; Souleymane Bachir Diagne, prominente senegalesische Philosophin; Luisa Molina, Forscherin am Massachusetts Institute of Technology (MIT), Chemie-Nobelpreisträgerin (2004) und Trägerin des Volvo-Umwelt-Preises für ihre Arbeit über den Kampf gegen die urbane Umweltverschmutzung in Mexico; Mathis Wackernagel, Miterfinder des Ökologischen Fußstapfens und Mitarbeiter am Bericht über den „Lebenden Planten“ von WWF International; sowie der Kanadier Hubert Reeves, Forschungsdirektor am Nationalen Zentrum für Wissenschaftliche Forschung (CNRS).

Mathis Wackernagel hat sehr anschaulich die Bedeutung des Ökologischen Fußstapfens (englisch 'Ecological Footprint') erklärt: Stellen Sie sich vor, dass die Menschen in ihrer Umwelt wirken, wie eine Kuh auf der Weide. Das Rindvieh frisst Gras, zieht daraus einen Vorteil für die Verdauung und stößt es in Form von Abfall schließlich wieder aus. Da die Kuh nicht mehr konsumiert als sie verdauen kann und da sie zusätzlich noch zur Düngung des Bodens beiträgt, kann man sagen, dass sie einen neutralen Ökologischen Fußstapfen in ihrer Umgebung hinterlässt.

In diesem Punkt sind die menschlichen Gesellschaft anders, insbesondere in den entwickelten Ländern. Wir konsumieren überdimensional viel und produzieren zu viel Abfall, deren Folgen für die Umwelt wir nicht bändigen können (beispielsweise in Form von radioaktivem Müll).

Ökologische Schulden

Der Nutzen des Konzepts des Ökologischen Fußstapfens liegt darin, dass er uns einen Bewertungsgrundlage bietet, um unseren Konsum auf die Ressourcen anzupassen, die die Erde uns bietet. Vereinfacht gesagt, der Ökologische Fußstapfen wird dadurch gemessen, dass wir von den natürlichen Ressourcen unseres Planeten (Wasser, Luft, Rohstoffe, Fruchtbarkeit der Böden,...) abziehen, was wir verbrauchen. Dabei werden gleichzeitig die Abfälle unseres Konsums miteinbezogen.

Unter dem Strich haben wir heute ökologische Schulden, da wir 20 Prozent mehr verbrauchen, als der Planet uns anbietet (dabei wir der Teil, den beispielsweise Tiere verbrauchen, noch unterschlagen). Um den betrüblichen Vergleich aufzugreifen, den Mathis Wackernagel gezogen hat: Wenn jeder Mensch so viel verbrauchen würde, wie ein Amerikaner, bräuchten wir ... sechs Planeten!

Konsum in Maßen

Daher muss uns weltweit bewusst werden, dass wir in der Illusion leben, dass die Ressourcen des Planeten unbegrenzt sind. Hubert Reeves erklärt, dass es nicht darum geht, in die Steinzeit zurückzukehren oder Ländern ihr Recht auf Entwicklung abzusprechen. Aber wir müssen mit unseren Ressourcen haushalten. Darin liegt eine Notwendigkeit für das Überleben der Menschheit und eine ethische Verantwortung gegenüber künftigen Generationen.

In Anlehnung an die Abschlussrede von Al Gore auf dem „Grenelle de l'environnement“[1] „Wir haben nur eine Erde“ hat die Konferenz ohne Tabous diskutiert, was niemand hören wollte: Die Natur ist alles was wir besitzen und wenn wir nicht besser auf sie aufpassen, wird uns nichts bleiben. Um die Schlussfolgerung von Bettina Laville, Präsidentin der ONG „Vraiment durable“ und Ehrenpräsidentin der Agenda 21, aufzugreifen: Unsere Verantwortung liegt nicht nur darin, unseren „Frieden mit der Erde“ zu schließen, sondern eher „Frieden mit uns selbst zu schließen“. 

Alessia Bertoli

Übersetzung Christine.

[1]          (Das „Grenelle de l'environnement“ war eine politische Veranstaltungsreihe in Frankreich, die im Oktober 2007 stattfand. Ziel der Veranstaltungen war es, langfristige Entscheidungen in Bezug auf Umwelt und Nachhaltige Entwicklung zu treffen.)